Am Ende jedes Monats stellt das SAFE Regulatory Radar eine Auswahl wichtiger Neuigkeiten und Entwicklungen im Bereich der Finanzregulierung auf nationaler und EU-Ebene zusammen.
DGSD: Überarbeitete Methodik für die Beitragsberechnung zu Einlagensicherungssystemen
Die Beiträge eines Kreditinstituts in die Einlagensicherungssysteme (Deposit Guarantee Schemes) werden stärker an die Risikobereitschaft gekoppelt. Die überarbeiteten Richtlinien, welche die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) am 21. Februar 2023 fertiggestellt hat, verbessern die Methode zur risikobasierten Beitragsberechnung, wodurch das Zielniveau des Einlagensicherungsfonds gemäß der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme (Deposit Guarantee Schemes Directive, DGSD) besser erreicht werden kann.
Die EBA hat die Anwendung der bestehenden Richtlinien im Zeitraum von 2015 bis 2021 überwacht und die folgenden grundlegendsten Änderungen beschlossen:
- Neuanpassung der Formelbestandteilezur Beitragsberechnung, um den im Laufe der Überprüfung festgestellten technischen Problemen zu begegnen;
- Festlegung des Umgangs mit bestimmten Arten von Einlagen, bei denen die Abdeckung durch das Einlagensicherungssystem mit Unsicherheit verbunden ist, auch in Bezug auf Kundengelder;
- Verpflichtung der Einlagensicherungssysteme, die Kalibrierung der Berechnungsmethode regelmäßig anhand aufsichtsrechtlicher Benchmarks zu überprüfen;
- Orientierung bei der Anwendung einer aktienbasierten Methode zur Beitragsberechnung;
- Verfeinerung der derzeitigen Anforderungen an den zukunftsorientierten Ansatz bei der Beitragserhebung.
Die überarbeiteten Richtlinien zu Methoden der Beitragsberechnung für Einlagensicherungssysteme sollen ab dem 3. Juli 2024 in Kraft treten.
Angesichts der jüngsten Bank-Runs sieht ein SAFE-Forschungsteam die Notwendigkeit für weiterreichende Überarbeitungen der Einlagensicherungssysteme und regt die Festlegung eines Minimums und eines Maximums für die Verlustabsorptionskapazität einer Bank an. Die Schlussfolgerungen der Wissenschaftler:innen können im SAFE Policy Letter No. 98 nachgelesen werden.
EuGB: Vorläufige Einigung zur Einführung von europäischen grünen Anleihen
Anleiheemittenten erhalten einen ersten Eindruck eines gemeinsamen Rechtsrahmens zur Verwendung der Bezeichnung „europäische grüne Anleihen”. Am 28. Februar 2023 haben der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament verkündet, dass sie zu einer vorläufigen Entscheidung über die Einführung europäischer grüner Anleihen (European Green Bonds, EuGB) gekommen sind.
Als Bestandteil des europäischen „Green Deals” soll die EuGB-Verordnung die Identifikation von ökologisch nachhaltigen Investments vereinfachen und dadurch den europäischen Markt für grüne Anleihen fortentwickeln sowie das Risiko für „Grünfärberei” durch hohe Ausgabestandards von Green Bonds verringern.
Alle Erträge aus europäischen grünen Anleihen müssen in Wirtschaftsaktivitäten investiert werden, die mit der EU-Taxonomie vereinbar sind. Um die europäischen Standards für grüne Anleihen nutzerfreundlich zu gestalten, können bis zu 15 Prozent der Erträge in Sektoren und einige sehr spezifische ökonomische Aktivitäten investiert werden, die noch nicht von der Taxonomie abgedeckt sind. Die Nutzung und der Bedarf eines derartigen Flexibilitätspuffers werden mit fortschreitender Klimaneutralität Europas neu bewertet. Die Emittenten müssen zudem darlegen, wie diese Investitionen in die Übergangspläne des Unternehmens als Ganzes einfließen. Außerdem soll mittels eines Registrierungssystems und eines Aufsichtsrahmens für externe Prüfer:innen unabhängig beurteilt werden, ob eine Anleihe grün ist.
Die Entscheidung ist vorläufig, da sie noch vom Rat und Europäischen Parlament bestätigt und verabschiedet werden muss. Die EuGB-Verordnung soll 12 Monate nach Inkrafttreten gültig sein.
In einer Studie, die der Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments angefordert hat, analysiert SAFE-Forscher Nikolai Badenhoop den Vorschlag der Kommission zu europäischen grünen Anleihen und dessen Potenzial zur Vermeidung von Grünfärberei. Er kommt zu dem Schluss, dass zusätzliche verbindliche Mindestangaben für alle als „grün“ gekennzeichneten Anleihen ein wirksameres Regulierungsinstrument darstellen würden als ein rein freiwilliger Standard, wie er in der EuGB-Verordnung vorgeschlagen wird.
ELTIF: Überarbeiteter Rechtsrahmen für langfristige Investmentfonds
Die EU macht weitere Fortschritte bei der Kapitalmarktunion (CMU), dem Projekt zur Verbesserung des Geldflusses von Investitionen und Spareinlagen innerhalb der EU für Verbraucher:innen, Investor:innen und Unternehmen. Am 7. März 2023 verabschiedete der Rat der Europäischen Union einen überarbeiteten Rechtsrahmen für europäische langfristige Investmentfonds (European long-term investment funds, ELTIFs), um diese Art von Investitionen attraktiver zu machen.
Die ursprüngliche ELTIF-Verordnung trat am 19. Mai 2015 in Kraft und sollte langfristige Investitionen kanalisieren und damit den Weg der EU zu intelligentem, nachhaltigem und integrativem Wachstum unterstützen. Die Verordnung hat jedoch die Ziele nicht erreicht, was zu einer Überprüfung und schließlich zu einem überarbeiteten Rechtsrahmen führte, der die folgenden Änderungen enthält:
- Ein breiteres Spektrum an zulässigen Vermögenswerten und Investitionen
- Eine vereinfachte Definition des Begriffs “Realvermögen“ und die Abschaffung der Mindestinvestitionsschwelle von 10 Millionen Euro;
- Eine Ausweitung der zulässigen Investitionen auf einfache, transparente und standardisierte Verbriefungen, FinTechs und grüne Anleihen sowie eine höhere Marktkapitalisierungsschwelle;
- Aufhebung der Regeln für die Portfoliozerlegung und -diversifizierung und höhere Obergrenze der Hebelfinanzierung für ELTIFs, die nur an professionell Anlegende vermarktet werden;
- Sicherere Bedingungen und verbesserter Zugang für Kleinanleger, einschließlich der Abschaffung der Mindestanlagesumme von 10.000 Euro und der Angleichung der ELTIF-Eignungsprüfung an MiFID II;
- Einführung von Master-Feeder-Strukturen, eines flexiblen Rechtsrahmens für Fund-of-Fund-Strukturen und eines optionalen Liquiditätsfenster-Mechanismus.
Die formelle Annahme des überarbeiteten Rahmens für ELTIF im Rat ist der letzte Schritt des Gesetzgebungsverfahrens.
Öffentliche Konsultationen
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Angelina Hackmann ist Co-Head des SAFE Policy Center.