Am Ende jedes Monats stellt das SAFE Regulatory Radar eine Auswahl wichtiger Neuigkeiten und Entwicklungen im Bereich der Finanzregulierung auf nationaler und EU-Ebene zusammen.
ESG: Neue Regeln für ESG-Ratingagenturen
Um die Zuverlässigkeit und Vergleichbarkeit von ESG-Ratings zu erhöhen, müssen Ratinganbieter die Daten und Methoden, die sie bei ihren ESG-Ratings anwenden, transparenter gestalten. Am 6. Februar 2024 einigten sich das Europäische Parlament und der Europäische Rat vorläufig auf einen Entwurf für eine Verordnung für Transparenz und Integrität von Umwelt-, Sozial- und Governance-Ratings (ESG).
ESG-Ratings bewerten die Widerstandsfähigkeit eines Unternehmens gegenüber ESG-Risiken sowie dessen Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt. Der Vorschlag soll diesen doppelten Wesentlichkeitsansatz durch Bestimmungen, die Anbietern von ESG-Ratings Anreize bieten sollen, die wesentlichen Auswirkungen des bewerteten Unternehmens auf ESG-Faktoren explizit aufzuzeigen - mehr als es derzeit der Fall ist, stärken.
Der Entwurf ändert zudem die Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor („Sustainable Finance Disclosure Regulation“, SFDR) und sieht vor, dass Finanzmarktteilnehmende und Beratende Informationen über die für ESG-Ratings angewandten Methoden in ihrer Marketingkommunikation angeben müssen.
Nach den neuen Vorschriften wird die ESMA in der EU niedergelassene Anbieter von ESG-Ratings zulassen und die Einhaltung der Transparenzanforderungen durch die Anbieter überwachen. Um neu gegründete Ratingagenturen zu unterstützen und damit den Wettbewerb zwischen den Ratinganbietern zu fördern, werden die als kleine Unternehmen oder kleine Gruppen eingestuften Anbieter in den ersten drei Jahren ihres Bestehens weniger Vorschriften unterliegen.
Die Parteien bevorzugen getrennte E-, S- und G-Ratings, obwohl sie eine einzige ESG-Kennzahl zulassen, solange die Gewichtung der E-, S- und G-Faktoren eindeutig ist. In einer SAFE-Publikation zeigt sich, dass die Heterogenität der Ratingkriterien und die Gewichtung der drei ESG-Säulen dazu führen kann, dass Ratingagenturen die ESG-Leistung desselben Unternehmens sehr unterschiedlich bewerten. Folglich werden die Auswirkungen der Präferenzen von ESG-Investoren auf die Preise von Vermögenswerten gestreut.
Darüber hinaus einigten sich das Europäische Parlament und der Rat vorläufig auf einen Richtlinienentwurf zur Änderung der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen ("Corporate Sustainability Reporting Directive", CSRD) hinsichtlich der Fristen für die Annahme der Europäischen Nachhaltigkeitsberichtsstandards. Insbesondere wird den Unternehmen mehr Zeit eingeräumt, um sich auf die sektoralen Standards und auf die spezifischen Standards für Unternehmen aus Drittländern vorzubereiten. Mit der Richtlinie wird die Annahme der neuen Standards um zwei Jahre auf Juni 2026 verschoben.
Diese beiden vorläufigen Vereinbarungen müssen nun von beiden Organen gebilligt und förmlich angenommen werden.
EMIR: Änderungen für effektivere zentrale Gegenparteien in der EU
Neue Regeln sollen die Sicherheit und Effizienz der zentralen Gegenparteien (CCPs) in der EU erhöhen. Am 7. Februar 2024 einigten sich das Europäische Parlament und der Rat vorläufig auf eine Überarbeitung der Europäischen Marktinfrastrukturverordnung (EMIR) und -richtlinie, die Regeln für außerbörslich gehandelte (OTC-)Derivate, CCPs und Transaktionsregister enthalten.
Die Einigung enthält die Anforderung eines aktiven Kontos. Gegenparteien, die der Clearingpflicht unterliegen, sollten ein Konto bei einer EU-CCP haben und über dieses regelmäßig Geschäfte in den wichtigsten Unterkategorien von Derivaten mit erheblicher Systemrelevanz, die von der ESMA definiert wurden, abwickeln.
Hinsichtlich des Aufsichtsrahmens einigten sich die Parteien auf eine verbesserte Zusammenarbeit, Koordination und einen besseren Informationsaustausch zwischen den zuständigen nationalen Behörden (NCAs) und der ESMA. In Krisensituationen wird die ESMA die Koordinierung übernehmen, und in den Aufsichtskollegien wird die ESMA den Ko-Vorsitz übernehmen, während die nationalen Behörden in beiden Fällen die Entscheidungsbefugnis haben werden. Es wird eine zentrale Datenbank eingerichtet, um den reibungslosen und direkten Informationsfluss zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden und der ESMA zu verbessern.
Laut Vereinbarung müssen außerdem die Kund:innen von EU-CCPs und Nicht-EU-CCPs über die Möglichkeit des Clearings durch eine EU-CCP informiert werden, und die Kosten, die mit der erbrachten Dienstleistung verbundenen Risiken und das Volumen der geclearten Transaktionen offengelegt werden. Eine aktuelle Publikation von SAFE-Forscherin Loriana Pelizzon diskutiert, ob die Einführung des obligatorischen zentralen Clearings die Gegenparteirisiken auf den Derivatemärkten effektiv verringert hat und ob die Vorteile gleichmäßig auf die Marktteilnehmenden verteilt sind.
Rechtsakt zur Börsennotierung: Verbesserungen für kleine und mittlere Unternehmen
Ein neuer Rechtsakt soll den Zugang der Unternehmen zu den öffentlichen Kapitalmärkten der EU verbessern und ihnen eine breitere Diversifizierung und Ergänzung der verfügbaren Finanzierungsquellen ermöglichen. Am 1. Februar 2024 einigten sich der Rat und das Parlament vorläufig über ein Gesetzespaket zur Börsenzulassung. Es besteht aus
- einer Verordnung zur Änderung der Prospektverordnung, der Marktmissbrauchsverordnung und der Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente;
- einer Richtlinie zur Änderung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und zur Aufhebung der Börsenzulassungsrichtlinie;
- eine Richtlinie über Aktien mit Mehrfachstimmrecht.
Das Vorschlagspaket soll den Prozess der Börsennotierung an den EU-Börsen für EU-Unternehmen vereinfachen und optimieren, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) liegt. So werden beispielsweise der Prospektumfang begrenzt und strengere Verfahren für die Genehmigung der Prospekte eingeführt, während gleichzeitig ein hohes Maß an Transparenz und Anlegerschutz gewährleistet wird.
Der Rat und das Parlament haben sich darauf geeinigt, die Offenlegungspflichten zu präzisieren und zu reduzieren. Darüber hinaus sieht die Einigung Erleichterungen bei den Regeln für Finanzanalysen vor, um das Niveau der Analysen über KMU zu erhöhen, sowie Regeln für Wertpapierfirmen, um sicherzustellen, dass die von ihnen vertriebenen emittentengesponserten Analysen mit dem EU-Verhaltenskodex übereinstimmen.
Die vorläufige Einigung muss nun vom Rat und vom Europäischen Parlament genehmigt werden, bevor sie in Kraft treten kann.
Öffentliche Konsultationen
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Dr. Angelina Hackmann ist Co-Head des SAFE Policy Center.