Am Ende jedes Monats beleuchtet das SAFE Regulatory Radar eine Auswahl wichtiger Nachrichten und Entwicklungen zur Finanzregulierung auf nationaler und EU-Ebene.
Zentrale Gegenparteien: Detaillierte Vorschriften zur Sanierungsordnung
Am 31. Januar 2022 hat die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde („European Securities and Markets Authority“, ESMA) ein Paket mit technischen Regulierungsstandards („Regulatory Technical Standards“, RTS) sowie Richtlinien für die Sanierungsordnung für zentrale Gegenparteien („Central Counterparties“, CCPs) veröffentlicht, die sich an der neuen EU-Verordnung über einen Rahmen für die Sanierung und Abwicklung zentraler Gegenparteien („Regulation on CCP recovery and resolution“, CCPRRR) orientieren.
Die Rechtsakte sollen gewährleisten, dass CCP in finanziellen Notlagen oder bei deutlicher Wertminderung auch weiterhin entscheidende Funktionen ausüben können und besser auf Marktschwankungen vorbereitet sind.
Im Einzelnen verdeutlichen die RTS die Methodik zur Berechnung und Beibehaltung des zusätzlichen Betrags an vorfinanzierten Eigenmitteln einer CCP und erläutern die Bedingungen für den Entschädigungsmechanismus, der auf nicht vertraglich gebundene Verluste von Clearingmitgliedern anwendbar ist. Darüber hinaus bestimmen die Standards die Faktoren, die national zuständige Behörden („National Competent Authority“, NCA) und das Aufsichtskollegium zur Beurteilung des Sanierungsplans von CCP heranziehen können. Diese Faktoren umfassen das Kapital und die Organisationsstruktur einer CCP sowie das finanzielle Risiko, die Austauschbarkeit der Aktivitäten der CCP, deren Risikoprofil, sowie weitere Faktoren. Die RTS werden der Europäischen Kommission zur Zustimmung in Form verbindlicher delegierter Verordnungen vorgelegt.
Ebenso werden nicht-verbindliche Richtlinien die CCPRRR ergänzen. Die Leitlinien zur kohärenten Anwendung der Auslösebedingungen für den Rückgriff auf Frühinterventionsmaßnahmen enthalten Indikatoren für die Anwendung dieser Auslösebedingungen und veranschaulichen die Situationen, in denen die nationalen zuständigen Behörden die Anwendung von Frühinterventionsmaßnahmen auf zentrale Gegenparteien in Betracht ziehen sollten. Darüber hinaus bestimmt die ESMA die Mindestliste qualitativer und quantitativer Indikatoren für den Sanierungsplan einer CCP, die sich auf die finanzielle Gesundheit und Betriebstauglichkeit der CCP beziehen. In ihren Leitlinien zu Sanierungsplanszenarien empfiehlt die ESMA für CCP, für alle sieben Szenarien je ein tatsächliches Szenario in ihre Sanierungspläne aufzunehmen und, falls nötig, zusätzliche Szenarien zu entwerfen. Das Paket befasst sich auch mit den Bedingungen, um für CCP im Falle eines bedeutenden Nicht-Ausfallereignisses gemäß der Marktinfrastrukturverordnung („European Market Infrastructure Regulation“, EMIR) vorübergehende Einschränkungen einzuführen. Die nationalen zuständigen Behörden müssen die ESMA darüber informieren, ob sie die nicht-verbindlichen Leitlinien einhalten oder Gründe für die Nicht-Einhaltung angeben.
Geldmarktfonds: Reform des regulatorischen Rahmenwerks
Am 16. Februar 2022 hat die ESMA einen Abschlussbericht mit Vorschlägen zur Überarbeitung des regulatorischen Rahmenwerks für Geldmarktfonds („Money Market Funds“, MMFs) herausgegeben. Der Bericht basiert auf dem Ergebnis einer öffentlichen Konsultation und schlägt politische Maßnahmen für widerstandsfähigere MMFs vor.
Angesichts der bevorstehenden Überprüfung der Geldmarktfonds-Verordnung spricht die ESMA die Probleme an, die während der Coronakrise offenbar geworden sind. In ihrer Beurteilung identifiziert die ESMA verschiedene Schwachstellen von Geldmarktfonds, darunter eine wesentliche Verschlechterung der Liquidität von Geldmarktinstrumenten auf der Aktivseite sowie die Auszahlung von Investoren auf der Passivseite.
Um beiden Seiten zu entsprechen, schlägt die ESMA vor, die Möglichkeit zur Verwendung von amortisierten Kosten für Nettoinventarwerte mit niedriger Volatilität („Low Volatility Net Asset Values“, LVNAVs) abzuschaffen. Dies würde das Risiko beseitigen, dass Anleger:innen den Geldmarktfonds zu Werten der zugrunde liegenden Vermögenswerte zurückkaufen, die nicht den Marktbewertungen dieser Vermögenswerte entsprechen. Weitere Vorschläge betreffen die Überprüfung der Anforderungen an Liquiditätspuffer und deren Nutzung, die Quoten für liquide Mittel und den Pool der zulässigen Vermögenswerte. Die EU-Kommission wird den ESMA-Bericht berücksichtigen und bei der Überprüfung der Geldmarktfonds-Verordnung eng mit der ESMA zusammenarbeiten.
Am 14. Februar 2022 hat die ESMA ihre Leitlinien zu gemeinsamen Referenzparametern für die von Geldmarktfonds oder Geldmarktfondsverwaltern durchgeführten Stresstestszenarien aktualisiert. Insbesondere hat die ESMA die Parameter zu Berichtszwecken angepasst, darunter den LiquiditätsabschlagsfaktorL dieeKreditspreads, Unternehmenskredit-Spreadsd Zinsrendite- und Währungsschocks. Unter Berücksichtigung der jüngsten Marktentwicklungen überarbeitet die ESMA die gemeinsamen Referenzparameter mindestens einmal im Jahr. Die aktualisierten Leitlinien treten zwei Monate nach ihrer Veröffentlichung in Kraft. Im Falle ihrer Nicht-Einhaltung müssen nationale zuständige Behörden die ESMA informieren.
ESMA-Aufsicht: Für Benchmark-Administratoren und Datenmeldedienstleister geltende prozessorale Vorschriften
Am 16. Februar 2022 hat die EU-Kommission drei delegierte Verordnungen verabschiedet, die die Benchmark-Verordnung („Benchmarks Regulation“, BMR) und die Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente („Markets in Financial Instruments Regulation“, MiFIR) ergänzen.
Seit dem 1. Januar 2022 erteilt die BMR der ESMA das Mandat zur Beaufsichtigung und Bevollmächtigung von Administratoren eines kritischen Benchmarks der BMR sowie von drittstaatlichen Administratoren von Benchmarks. Ebenso wurden der ESMA im Rahmen der neuen MiFIR-Bestimmungen Zulassungs- und Aufsichtsbefugnisse über Anbieter von Datenmeldediensten übertragen.
Zwei delegierte Verordnungen ergänzen die BMR, um verfahrensrechtliche Klarstellungen vorzunehmen. Diese Verordnungen enthalten detaillierte Bestimmungen zu den Befugnissen der Verteidigung und dem Einzug von Bußgeldern oder periodischen Strafzahlungen, die für Benchmark-Administratoren gelten. Sie legen die Gebührenarten fest und klären die Höhe der Gebühren sowie das Zahlungsverfahren. Gleichermaßen spezifiziert die delegierte Verordnung, die die MiFIR ergänzt, die Befugnisse der ESMA, Datenmeldedienstleister mit Bußgeldern oder Strafzahlungen zu belegen.
Das Europäische Parlament und der Rat werden die vorgeschlagenen Rechtsakte begutachten.
Öffentliche Konsultationen:
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Anastasia Kotovskaia ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am SAFE Policy Center und promoviert derzeit in Rechtswissenschaften an der Goethe-Universität.