Am Ende jedes Monats stellt das SAFE Regulatory Radar eine Auswahl wichtiger Neuigkeiten und Entwicklungen im Bereich der Finanzregulierung auf nationaler und EU-Ebene zusammen.
Geldpolitik: Rechtsakte der EZB zu gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften
Am 29. Juli 2019 hat die Europäische Zentralbank (EZB) einen Rechtsakt über die dritte Reihe von gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (TLTRO III), einen unverbindlichen Kalender und die Meldebögen veröffentlicht. Diese zielen darauf ab, günstige Kreditvergabebedingungen für Banken zu sichern. Außerdem unterstützt TLTRO III den expansiven geldpolitischen Kurs; sowohl die realisierte Teuerungsrate als auch die Inflationserwartungen liegen anhaltend unter dem Zielniveau der EZB von unter, aber nahe zwei Prozent. Die Geschäfte beginnen im September 2019, enden im März 2021 und haben eine Laufzeit von jeweils zwei Jahren.
Der Beschluss EZB/2019/21 vom 22. Juli 2019 legt die Bedingungen für die Teilnahme an TLTRO III und die wichtigsten Parameter fest, einschließlich der Zinssätze. Bei TLTRO III ist der anzuwendende Zinssatz, ähnlich wie bei TLTRO II, an die Vergabestruktur der teilnehmenden Banken gebunden: Je mehr Kredite die beteiligten Banken an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften und Haushalte vergeben (ausgenommen Kredite an private Haushalte für den Hauserwerb), desto attraktiver wird der Zinssatz.
Die EZB veröffentlichte auch den Beschluss EZB/2019/22 vom 22. Juli 2019 zur Änderung des Beschlusses EZB/2016/10 über eine zweite Reihe gezielter längerfristiger Refinanzierungsgeschäfte (TLTRO II). Dieser ändert den Meldezeitraum für freiwillige vorzeitige Rückzahlungen für TLTRO II, um die Berechnung der Angebotsgrenzen für TLTRO III zu erleichtern. Die beiden Beschlüsse sind am 3. August 2019 in Kraft getreten.
Die gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte (TLTROs) des Eurosystems stellen Finanzierung für Kreditinstitute bereit. Wie die EZB schreibt, schaffen diese Geschäfte günstige Kreditbedingungen für Banken und stimulieren die Kreditvergabe an die Realwirtschaft. Die erste Reihe von TLTROs wurde bereits im Juni 2014 angekündigt, die zweite im März 2016 und die dritte am 7. März 2019.
Finanztransaktionssteuer: Bundesregierung erwartet keine negativen Effekte auf Finanzstabilität
Nach Auffassung der Bundesregierung wird die geplante Finanztransaktionssteuer keinen negativen Einfluss auf die Finanzstabilität haben. Dies ist in einer Antwort der Regierung (19/12142) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/11620) zu lesen.
In der Vorbemerkung verweist die Bundesregierung auf das im Jahr 2018 zwischen Deutschland und Frankreich vereinbarte Ziel: Die stockenden Verhandlungen über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer sollen auf europäischer Ebene zügiger vorangehen und der Prozess erfolgreich abgeschlossen werden.
Im Dokument heißt es weiter, dass die Erfahrungen mit Finanztransaktionssteuern in zahlreichen Industrieländern – wie Frankreich, Italien, Belgien, Finnland und Irland – belegen würden, dass der Aktienanteil bei Sparanlagen nicht signifikant zurückgehe. Die französische Finanztransaktionssteuer ziele vornehmlich auf eine Besteuerung von Transaktionen mit im Inland emittierten Aktien und solle grundsätzlich als Vorbild dienen. Die in Italien eingeführte Finanztransaktionssteuer auf Aktientransaktionen habe sich bewährt, erklärt die Bundesregierung weiter in der Antwort.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz gehe davon aus, dass sich die Finanzminister noch im Jahr 2019 auf eine verstärkte Zusammenarbeit in der EU einigen werden. Er strebe eine zügige rechtliche und wirksame Umsetzung des zukünftigen Beschlusses der Finanzminister an, ist der Antwort weiter zu entnehmen.
Kapitalmarktunion: neuer regulatorischer Rahmen für den grenzüberschreitenden Vertrieb von Investmentfonds in der Europäischen Union
Die Europäische Kommission hat im Rahmen der Entwicklung der Kapitalmarktunion eine neue Gesetzgebung verabschiedet und am 12. Juli 2019 veröffentlicht. Das Maßnahmenpaket enthält die Richtlinie (EU) 2019/1160 zur Änderung der OGAW-Richtlinie 2009/65/EG und der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds (auch AIFM-Richtlinie). Außerdem enthalten ist die Verordnung (EU) 2019/1156 zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Vertriebs von Organismen für gemeinsame Anlagen zur Änderung der Verordnung (EU) 345/2013 über Europäische Risikokapitalfonds und der Verordnung (EU) 346/2013 über Europäische Fonds für soziales Unternehmertum.
Nach Angaben der Kommission ist der europäische Investmentfondsmarkt immer noch fragmentiert. Rund 70 Prozent aller verwalteten Vermögenswerte werden demnach von Fonds gehalten, die nur auf ihrem nationalen Markt für den Vertrieb zugelassen sind. Die regulatorischen Änderungen sollen die Transparenz erhöhen, Ineffizienzen beseitigen und die Kosten für den grenzüberschreitenden Vertrieb von Investmentfonds senken.
Die neuen Rechtsvorschriften legen einheitliche Regeln für das sogenannte Pre-Marketing alternativer Investmentfonds (AIFs) fest; Pre-Marketing bezeichnet das Informieren potenzieller Anleger in der EU über Anlagekonzepte mit dem Ziel festzustellen, ob diese Interesse an dem Fonds haben. Mit der Richtlinie 2019/1160 führt die Kommission auch ein neues formalisiertes Verfahren für die Einstellung des Vertriebs für OGAW (Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren)- und AIF-Verwalter in einem Aufnahmemitgliedstaat ein. Nach den neuen Vorschriften müssen OGAW-Verwalter nicht mehr in jedem Mitgliedstaat physisch präsent sein oder einen Agenten haben, in dem OGAW vertrieben werden. Die Manager müssen sicherstellen, dass alle Marketing-Anzeigen als solche für den Anleger erkennbar sind und die Risiken beim Kauf von OGAW- oder AIF-Anteilen verdeutlichen.
Das Paket führt auch ein Widerrufsverfahren für Verwalter der gemeinsamen Anlagen im Falle der Einstellung des Vertriebs von Fonds auf den nationalen Märkten ein. Weitere Änderungen betreffen die Klärung der Leistungspflichten gegenüber Kunden und die Einführung eines einheitlichen Online-Zugangspunkts für Informationen über die nationalen Vorschriften in Bezug auf Vertriebsanforderungen und -gebühren.
Die Europäische Kommission geht davon aus, dass die Änderungen der OGAW-Richtlinie und der AIFM-Richtlinie zu erheblichen Einsparungen für grenzüberschreitend vertriebene Fonds und zum Abbau regulatorischer Hindernisse führen werden.
Der neue Rechtsrahmen ist am 1. August 2019 in Kraft getreten, mit Ausnahme einiger Artikel, die ab dem 2. August 2021 gelten werden. Die Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie bis spätestens 2. August 2021 in nationales Recht umsetzen.
Anastasia Kotovskaia ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin im SAFE Policy Center und arbeitet derzeit an einer rechtswissenschaftlichen Promotion an der Goethe-Universität.
Iva Vacheva-Spanidis ist Koordinatorin im SAFE Policy Center und hat einen Master in Governance and Public Policy der TU Darmstadt.