SAFE Finance Blog
21 Feb 2025

Wie kann die Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten real Wirkung zeigen?

Nikolai Badenhoop, Tatiana Farina, Florian Heeb, und Loriana Pelizzon: Die Verordnung zielt auf die Schaffung von Transparenz, aber ihr Beitrag zur emissionsfreien Wirtschaft ist unklar

Article 6,8 and 9 of the Sustainable Finance Disclosure Regulation

In Zeiten, in denen ein Umdenken bei der Regulierung erforderlich ist (siehe die bevorstehende EU-Vereinfachungsgesetzgebung), stellen wir die Frage, wie die Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (Sustainable Finance Disclosure Regulation, SFDR) ihre Versprechen wirklich einhalten kann. Die SFDR ist Teil des EU-Rahmens für nachhaltiges Finanzwesen und legt fest, wie Finanzmarktteilnehmende und Finanzberater:innen Informationen zur Nachhaltigkeit offenlegen müssen. Laut der Europäischen Kommission trägt die SFDR zu einem der aktuellen politischen Ziele der EU bei, nämlich private Finanzmittel zu mobilisieren, die den Übergang Europas zu einer emissionsfreien Wirtschaft ermöglichen. Wir sind jedoch der Meinung, dass die SFDR in ihrer derzeitigen Form nicht geeignet ist, dieses Ziel zu erreichen.

Transparenz vs. echter Wandel

Ein wichtiges Ergebnis der SFDR ist die Selbsteinstufung von Finanzprodukten nach Artikel 6, 8 und 9:

  • Artikel 6-Fonds: Diese haben keinen spezifischen Nachhaltigkeitsfokus.
  • Artikel 8-Fonds (auch bekannt als „grüne” Fonds): Diese fördern ökologische oder soziale Aspekte, verlangen aber keine nachhaltigen Investitionen als Hauptziel.
  • Artikel 9-Fonds (auch bekannt als „dunkelgrüne” Fonds): Diese Fonds haben nachhaltige Investitionen als ihr Hauptziel und müssen in Aktivitäten investieren, die zu Umweltzielen beitragen.

Diese Definitionen lassen trotz weiterer Spezifizierungen auf Ebene 2 (Delegierte Verordnung zur SFDR) und Ebene 3 (konsolidierte Fragen und Antworten der Europäischen Aufsichtsbehörden zur SFDR) noch viel Raum für Interpretationen. In ihrer jetzigen Form schafft die SFDR vor allem Anreize, Produkte zu konzipieren, die ihre Portfolios auf große, börsennotierte Unternehmen konzentrieren, die bestimmte Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Sie schafft keine Anreize für Fonds, ihren Beitrag zur Netto-Null zu optimieren.

Wo ist Kapital der limitierende Faktor?

Ein zentrales Problem der Artikel 8 und 9 der SFDR ist, dass sie sich nur auf die Nachhaltigkeitsauswirkungen von Portfoliounternehmen konzentrieren, nicht aber auf die Auswirkungen von Anlageprodukten auf diese Unternehmen. Um den Netto-Null-Übergang zu fördern, müssten Anlageprodukte zeigen, wie sie entweder a) grünen Unternehmen zu einem schnelleren Wachstum verhelfen oder b) Unternehmen dazu ermutigen, grüner zu werden. Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist die „Zusätzlichkeit“: Um eine Wirkung zu erzielen, müssen die Investitionen etwas bewirken, was sonst nicht geschehen wäre. 

Nach derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen sind die beiden vielversprechendsten Wege, auf denen Investor:innen eine positive Wirkung erzielen können, die folgenden: 

  • Bereitstellung von Kapital für umweltfreundliche Unternehmen, deren Wachstum durch die externen Finanzierungsbedingungen, denen sie ausgesetzt sind, eingeschränkt sind. Solche Bedingungen sind vor allem bei jungen Unternehmen (z.B. Start-ups), kleineren Unternehmen (z.B. KMU), Infrastrukturprojekten in der Anfangsphase und Unternehmen in Schwellen- oder Entwicklungsländern anzutreffen. Der Zugang zu Kapital ist kaum ein limitierender Faktor für große etablierte Unternehmen, die die Hauptbeteiligung der derzeitigen Artikel 8- und 9-Fonds darstellen.
  • Ermutigung von Unternehmen zu mehr Umweltfreundlichkeit durch Engagement der Aktionär:innen. Für große und etablierte Unternehmen ist die wohl wirkungsvollste Strategie ein aktives Engagement mit Unternehmen – insbesondere mit solchen, die noch nicht vollständig an Nachhaltigkeitszielen ausgerichtet sind. Genau das ist die Strategie von Engagement-Fonds. Anstatt nur in grüne Unternehmen zu investieren, engagieren sie sich bei „braunen“ Unternehmen, um sie zu umweltfreundlicheren Maßnahmen zu bewegen. Da der Schwerpunkt jedoch auf der Umweltfreundlichkeit der Unternehmen und nicht auf den Auswirkungen liegt, fördert die SFDR solche Strategien nicht.

Im Idealfall würde die SFDR a) den Kapitalfluss in grüne Wirtschaftsaktivitäten erhöhen, bei denen Kapital wirklich ein begrenzender Faktor ist, und b) starke Anreize für Fondsmanager schaffen, die Rechte und die Stimme der Aktionär:innen zu nutzen, um Unternehmen zu einem schnelleren Übergang zur Netto-Null-Wirtschaft zu bewegen.

Vereinfachung der Vorschriften: “Weniger machen, aber besser“

Derzeit führt die SFDR zu einer Vielzahl von Berichtspflichten für Anlageprodukte und liefert kaum Belege dafür, wie eine verstärkte (kostspielige) Berichterstattung und mehr Transparenz zu schnelleren Fortschritten zu einer emissionsfreien Wirtschaft führen würden. Wir sind der Meinung, dass die derzeitigen Berichterstattungsanforderungen erheblich gestrafft werden könnten, wobei der Schwerpunkt darauf liegen sollte, welche Kennzahlen wirklich ein umweltfreundlicheres Verhalten der Unternehmen fördern oder den Endanlegenden Orientierung bieten.

Ein weniger verbindliches und dynamischeres System könnte auch einen auf Ansprüchen basierenden Ansatz verfolgen, der sicherstellt, dass glaubwürdige Nachhaltigkeitsaussagen durch wissenschaftlich fundierte Begründungen gestützt werden. Ein weniger verbindlicher Ansatz käme auch Finanzinnovationen mehr entgegen, ein sehr willkommenes wirtschaftliches Signal.

Vom Regelwerk zu echter Nachhaltigkeit in der Praxis

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die SFDR zwar wichtige Fortschritte zu mehr Transparenz in der Nachhaltigkeitsberichterstattung gemacht hat, dass sie aber noch einen echten Wandel anstoßen muss, durch: 

  1. Förderung des aktiven Engagements der Aktionär:innen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit „brauner“ Unternehmen,
  2. Vorrang für Investitionen mit großer Wirkung in Bereichen, in denen Kapital ein limitierender Faktor ist, insbesondere für KMU, Risikokapital und Infrastrukturen in der Anfangsphase,
  3. Vereinfachung und Verfeinerung der Offenlegungsmetriken, wobei der Schwerpunkt auf den tatsächlichen Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit und nicht auf der bürokratischen Einhaltung von Vorschriften liegen sollte.

Nikolai Badenhoop ist promovierter Jurist und führt die Junior Research Gruppe “Sustainable Finance Law in Europe” am SAFE.

Tatiana Farina leitet das SAFE Policy Center.

Florian Heeb ist Assistant Professor of Sustainable Finance am SAFE.

Loriana Pelizzon ist stellvertretende Wissenschaftliche Direktorin und leitet die SAFE-Forschungsabteilung “Financial Markets”.

Blogbeiträge repräsentieren die persönlichen Ansichten der Autor:innen und nicht notwendigerweise die von SAFE oder seiner Mitarbeiter:innen.