Die Zeit für wirksame Maßnahmen gegen den Klimawandel wird knapp. Nach dem 6. Synthesebericht des Weltklimarats (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) erfordern alle globalen Szenarien zur Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 °C (mit einer Wahrscheinlichkeit mit mehr als 50 %) oder 2 °C (mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 67 %), weitreichende und, in den meisten Fällen, sofortige Reduktionen der Treibhausgasemissionen in allen Sektoren – und das noch in diesem Jahrzehnt.
Seit letzter Woche diskutieren führende Politiker:innen in Baku, Aserbaidschan, auf der 29. UN-Klimakonferenz (COP29). Basierend auf Axel Webers Keynote während der Sustainability Standards Conference 2024, beleuchtet dieser Blogbeitrag die Rolle von Märkten und die Finanzierung der Bekämpfung des Klimawandels.
Ein globaler CO₂-Preis als Schlüssel
Ein globaler CO₂-Markt mit präzisen Preismechanismen ist unverzichtbar. Der aktuelle Preis für CO₂ spiegelt die wahren Umweltkosten nicht wider und deckt nur einen Bruchteil der tatsächlichen Auswirkungen ab. Die Einführung eines globalen CO₂-Preises zusammen mit grenzüberschreitenden Anpassungsabgaben würde nicht nur die realen Kosten von Emissionen offenlegen, sondern auch Mittel generieren, um Schwellenländer bei ihrem Übergang zu nachhaltiger Energieversorgung zu unterstützen. Mit diesen Finanzströmen könnte den Ländern geholfen werden, die vor den größten Herausforderungen stehen, aber gleichzeitig das größte Potenzial für Einsparungen haben.
Wir brauchen eine vielfältige, robuste und schnell umsetzbare Agenda für Nachhaltigkeit. Unternehmen in industriellen Volkswirtschaften müssen ihre Vorgehensweisen anpassen. Noch wichtiger ist es jedoch, Schwellenländer bei ihrem grünen Wandel zu unterstützen. Länder in Asien, Afrika und anderen Entwicklungsregionen brauchen dringend Unterstützung bei der Transformation weg von Kohle und anderen fossilen Brennstoffen zu nachhaltigen Energiequellen.
Diese Transformation geht über die Einführung neuer Technologien hinaus, sie erfordert erhebliche finanzielle Investitionen und ein starkes Engagement der Industrieländer, um den Technologietransfer und den Aufbau von Kapazitäten zu erleichtern. Die höheren Wachstumsraten der Schwellenländer bieten einzigartige Chancen und Herausforderungen für Nachhaltigkeit. Gezielte Anstrengungen zur Verringerung der Kohlenstoffemissionen in diesen Regionen können die größte globale Wirkung entfalten. Um dies zu erreichen und eine nachhaltige Zukunft zu fördern, sind innovative und wirksame politische Maßnahmen unerlässlich.
Wer führt die globale Klimabewegung an?
Das Fehlen einer einheitlichen globalen Autorität für den Klimaschutz führt zu einem fatalen Führungsvakuum. Die jüngsten Veränderungen in den USA haben die Unsicherheit über die Möglichkeit eines gemeinsamen und entschlossenen globalen klimapolitischen Rahmens verstärkt. Angesichts der Dringlichkeit der Klimakrise ist die Schaffung einer neuen globalen Nachhaltigkeitsbehörde wohl kaum realistisch.
Axel Weber schlug in seiner Rede auf der Sustainability Standards Conference 2024 vor, die Mandate von bestehenden multilateralen Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen wie des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank zu erweitern, um Umwelt- und Nachhaltigkeitsprioritäten zu berücksichtigen. Wenn diese Organisationen eine stärkere koordinierende Rolle einnähmen und dabei grünere Agenden verfolgten, könnten sie maßgeblich zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen.
Finanzierungs- und Technologielücken schließen
Das Hauptproblem liegt heute nicht in den technologischen Möglichkeiten, sondern in der Mobilisierung der notwendigen finanziellen Ressourcen. Während Industrieländer erhebliche Fortschritte bei der Reduzierung ihres CO₂-Fußabdrucks gemacht haben, fehlt es vielen Schwellenländern an finanziellen Mitteln, um diese Innovationen eigenständig umzusetzen. Für eine inklusive und wirksame globale Energiewende ist finanzielle Unterstützung der wohlhabenden Nationen unerlässlich.
Transparente Nachhaltigkeitsberichterstattung ist entscheidend
Eine transparente und standardisierte Nachhaltigkeitsberichterstattung ist unerlässlich, um sinnvolle politische Maßnahmen und fundierte Entscheidungen zu fördern. Detaillierte, vergleichbare, transparente und verpflichtende Nachhaltigkeitsangaben sind essenziell für Investitions- und Desinvestitionsentscheidungen, die mit den globalen Klimazielen in Einklang stehen. Das SAFE-Projekt ESG-UPTAKE unterstützt die zuständigen nationalen Behörden dabei, ESG-Risiken im Finanzsektor zu überwachen und anzugehen.
Um Inkonsistenzen zu vermeiden, die die gemeinsamen Bemühungen untergraben könnten, braucht es zwingend einen gemeinsamen globalen Standard. Die gegenwärtige Zersplitterung der Finanzberichterstattung muss in Zukunft vermieden werden. Das Negativbeispiel sind die Unterschiede zwischen den International Financial Reporting Standards IFRS und den US Generally Accepted Accounting Principles (GAAP). Der Klimawandel ist eine gemeinsame, weltweite Herausforderung, die eine globale Antwort erfordert. Ein einheitlicher Standard für die Offenlegung von Nachhaltigkeitsdaten könnte die Rechenschaftspflicht stärken, die Zusammenarbeit fördern und weltweit wirksamere Klimaschutzmaßnahmen vorantreiben.
Die Zeit für gemeinsames Handeln ist jetzt
Die rasche Erwärmung der Erde und immer häufigere Extremwetterereignisse machen einen sanften Übergang zunehmend schwieriger. Unsere gemeinsamen Erfahrungen in der Wissenschaft und im Finanzsektor verdeutlichen, wie dringend koordinierte globale Maßnahmen gegen den Klimawandel sind. Mehr Transparenz durch standardisierte Nachhaltigkeitsberichte und eine Mobilisierung finanzieller Ressourcen zur Unterstützung von Schwellenländern sind wesentliche Schritte im Kampf gegen die globale Krise. Wollen wir echte Fortschritte sehen, braucht es eine kollektive Verpflichtung von Regierungen, Unternehmen, Finanzinstitutionen und internationalen Organisationen.
Die Expertise etablierter Institutionen wie des IWF und der Weltbank könnte dabei eine Schlüsselrolle spielen. Durch die Integration von Nachhaltigkeit in ihre Kernthemen können diese Organisationen den dringend notwendigen Wandel hin zu einer nachhaltigeren Zukunft vorantreiben.
Sara Fadavi ist Financial Policy Analyst am SAFE Policy Center.
Tatiana Farina leitet das SAFE Policy Center.
Loriana Pelizzon ist stellvertretende Wissenschaftliche Direktorin und leitet die SAFE-Forschungsabteilung “Financial Markets”.
Blogbeiträge repräsentieren die persönlichen Ansichten der Autor:innen und nicht notwendigerweise die von SAFE oder seiner Mitarbeiter:innen.