Points | Forschungsprofil Kaspar Zimmermann
Lernen Sie Postdoktorand*innen bei SAFE kennen. Die Porträts sind ursprünglich aus dem Printmagazin Points, die Gesamtausgabe auf Englisch finden Sie hier.
In Archiven stöbern
Mit einem Auge für historische Daten und langfistige Entwicklungstrends, forscht Kaspar Zimmermann zur Interaktion von Makroökonomie und Finanzmärkten
Für Kaspar Zimmermann kommt es bei der Arbeit mit Daten auf lange Zeiträume an. So in seiner Publikation mit dem Titel „The Big Bang: Stock Market Capitalization in the Long Run”, die demnächst im „Journal of Financial Economics“ erscheint, einer der meistzitierten wissenschaftlichen Fachzeitschriften.
Gemeinsam mit seinem Koautor Dmitry Kuvshinov hat Zimmermann hierfür Datenreihen zur Börsenkapitalisierung, Aktienemissionen und -kursen, Dividenden und Diskontsätze von börsennotierten Unternehmen in 17 hochentwickelten Volkswirtschaften für die vergangenen 150 Jahre erhoben. Der Aufsatz dokumentiert einen Strukturbruch in der Entwicklung von Aktienmärkten: Vom 19. Jahrhundert bis in die 1980er Jahre sind Aktienmärkte im Gleichschritt mit der Realwirtschaft gewachsen. Angetrieben wurde das Marktwachstum in erster Linie durch Aktienemissionen. Seit den 1980er Jahren sind die Aktienmärkte aufgrund steigender Aktienkurse und Unternehmensprofiten dagegen deutlich schneller als die Realwirtschaft gewachsen.
„Es ist spannend, in einem Archiv eine neue Quelle auszugraben, in der sich Datenvariationen finden, die man nutzen kann“, sagt Zimmermann. Nutzen wofür? „Bei der Datenerhebung in größerem Umfang kombiniert mit einer längerfristigen Perspektive lässt sich bestenfalls mehr darüber lernen, welche Erklärungen für bestimmte Phänomene in Fragen kommen, um darauf aufbauend allgemeinere Aussagen treffen zu können“, erklärt der 31-Jährige.
Finanzkrisen historisch verstehen
Seine wissenschaftliche Ausbildung hat Zimmermann vom Bachelor bis zur Promotion zwischen 2010 und 2020 an der Universität Bonn durchlaufen. Zwischenstationen führten ihn an die Paris School of Economics und die Yale University. An der Yale University hat Zimmermann unter anderem für William Nordhaus unterrichtet, der später den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften gewann.
Für seinen PhD hat sich Zimmermann mit Staatsbankrotten, Zinsentwicklungen, Kreditzyklen im Zusammenhang mit der Profitabilität von Banken und eben Börsenkapitalisierung befasst. Und eine neue Idee: „Für diese 17 Länder gibt es bisher gesamtsektorale Daten. Wenn wir nun aber verstehen wollen, wo Finanzkrisen herkommen, können uns individuelle Bankdaten dabei helfen.“ Dazu entsteht gerade ein neues Papier gemeinsam mit Kollegen von der Universität Bonn und der US-amerikanischen Cornell University.
„Forschung lebt von Interaktion“
Bei SAFE forscht Kaspar Zimmermann zu wirtschaftshistorischen Trends im Bereich Macro Finance. Wie in den meisten Wissenschaftsfeldern ist auch für ihn der Austausch mit Fachleuten essenziell. „Unsere Forschung lebt von Interaktion. Da ist es sehr hilfreich, am SAFE ein so gutes Forschernetzwerk zu haben“. Ein guter Grund für ihn, im Januar 2021 nach Frankfurt gekommen zu sein.
Von hier aus hat er für sich persönlich auf lange Sicht geplant, wieder Touren auf dem Fahrrad zu unternehmen, die ebenfalls gerne ausgedehnt sein dürfen – bevorzugt über Wochen. „Wir sind einige Male durch Frankreich und Spanien gefahren, waren in Skandinavien unterwegs.“ Die nächste wünschenswerte Route wäre entlang der kroatischen Küste oder durch Italien, „weil sich dort so viele sehenswerte Städte aneinanderreihen, die sich mit einer Tour verbinden lassen“. Und vielleicht liegt ja auch das ein oder andere Bankarchiv auf seiner Route.
Kaspar Zimmermann ist Postdoktorand im SAFE-Forschungsbereich Macro Finance.