Der World Economic Outlook des Internationalen Währungsfonds (IWF) bietet fundierte Analysen und Prognosen zu globalen wirtschaftlichen Trends, mit Fokus auf zentralen Herausforderungen und politischen Reaktionen in Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern. Am 7. November veranstaltete das SAFE Policy Center in Zusammenarbeit mit dem Centre for Economic Policy Research (CEPR) ein Webseminar zum aktuellen Bericht „Policy Pivot, Rising Threats“.
Thomas Kroen, Ökonom in der Forschungsabteilung des IWF, präsentierte dabei zentrale Erkenntnisse zu globalen Inflationstrends, geldpolitischen Maßnahmen und Schlüsselelementen für künftige Politikentscheidungen. Die Moderation übernahm Jan Krahnen, Senior Fellow des SAFE Policy Centers.
"The great tightening”
Kroen beantwortete zentrale Fragen rund um den globalen Inflationsanstieg der letzten vier Jahre. Er erklärte, wie die Inflation getrieben durch sektorale Verschiebungen und Preisschocks bei Energie und Lebensmitteln weltweit auf beispiellose Höhen anstieg. Obwohl die Inflation mittlerweile rückläufig ist, stellte Kroen fest, dass sie insbesondere im Dienstleistungssektor hartnäckig bleibt. Er führte die jüngste inflationäre Phase auf weit verbreitete Lieferengpässe sowie auf energieabhängige und preisflexible Sektoren zurück, wobei das globale Lohnwachstum zunächst hinter der Inflation zurückblieb und erst in letzter Zeit aufholt. Kroen skizzierte die geldpolitischen Reaktionen, insbesondere die weitverbreiteten Inflationssenkungsmaßnahmen der Zentralbanken, während in einigen Schwellenländern bereits früher gehandelt worden war. Diese Maßnahmen werden im IWF-Bericht als the great tightening (das große Straffen) bezeichnet. Kroen argumentierte, dass in den meisten Fällen die üblichen politischen Regeln weiterhin angemessen seien, aber die Entscheidungsträger in dieser speziellen Situation korrekt reagiert hätten: „Wenn Lieferengpässe weit verbreitet sind und gleichzeitig eine starke Nachfrage besteht, kann eine Straffung der Geldpolitik effektiv sein.“
Bei einem Vergleich der jüngsten politischen Reaktionen auf frühere Inflationsepisoden stellte Kroen fest, dass sich die jüngsten Maßnahmen etwa von den Reaktionen auf Rohstoffschocks in den 1970er Jahren unterscheiden, da der Kontext nach 2020 durch eine lockerere Politik gekennzeichnet sei. Er deutete an, dass die jüngste Straffung durch die Zentralbanken als Mittelweg zwischen den überwundenen und den nicht überwundenen Inflationsschüben der 1970er Jahre betrachtet werden könnte. Besonders bemerkenswert sei, dass die Übertragung der späteren Straffungsmaßnahmen auf die Verbraucherpreise während des gesamten Zeitraums stabil blieb.
Notwendigkeit koordinierter geldpolitischer Entscheidungen
Kroen betonte die Bedeutung einer länder- und sektorübergreifenden Analyse der Inflationsdynamik sowie der internationalen Zusammenarbeit und gezielter Straffungsmaßnahmen zur Inflationsbekämpfung: „Koordinierte Straffungen beschleunigen den Desinflationsprozess.“ Abschließend unterstrich Kroen die Notwendigkeit eines tieferen Verständnisses der sektoralen Dynamik, um die Fähigkeit der politischen Entscheidungsträger zu verbessern, die Inflation zu steuern und gleichzeitig Produktionsverluste zu mindern.