22 Sep 2025

Europäische Anleihen und Safe Assets im Fokus der zweiten CEPR-SAFE-Konferenz

Forschende, politische Entscheidungsträger und Branchenführer diskutierten aktuelle Themen, die die europäische Finanzlandschaft prägen

Das Policy Panel zu SAFE Assets. Von links nach rechts: Giancarlo Corsetti, Richard Portes, Tammo Diemer, Loriana Pelizzon und Jan Krahnen.

Am 11. und 12. September 2025 fand im House of Finance die 2. CEPR-SAFE Frankfurt Hub Conference of Research Policy Networks (RPNs) statt. Die wachsenden Schuldenstände in der Europäischen Union und globale wirtschaftliche Turbulenzen infolge von Veränderungen in der US-Wirtschaftspolitik haben die Debatte über die Stabilität des europäischen Finanzmarktes neu entfacht. Eine Keynote und ein Policy Panel debattierten, ob Eurobonds als europäische Safe Assets eine Alternative zu US-Staatsanleihen werden können. Expert:innen aus Wissenschaft, Finanzindustrie und Politik diskutierten zudem neue politische Herausforderungen, die sich aus der zunehmenden Bedeutung von Nichtbank-Finanzintermediären, Stablecoins und weiteren forschungsrelevanten Politikthemen ergeben.

Blue Bonds: Ein Safe Asset für Europa?

Die Keynote am 11. September hielt Olivier Blanchard, ehemaliger Chefökonom des Internationalen Währungsfonds, Senior Fellow am MIT, und von Peterson Institute for International Economics und CEPR. Blanchard argumentierte, dass der Ersatz eines Teils nationaler Anleihen durch gemeinsam emittierte Eurobonds Europa ein dringend benötigtes „risikofreies“ Asset verschaffen und den derzeit fragmentierten und kleinen europäischen Anleihemarkt als legitime Option etablieren könnte.  Die sogenannten „blauen“ Eurobonds des Vorschlags sind vorrangige Forderungen gegenüber nationalen Staatsanleihen. Laut Blanchard ist die Zurückhaltung der Anleger gegenüber dem Dollar eine Chance für einen tiefen und liquiden Eurobond-Markt und für eine prominentere internationale Rolle des Euro, ohne die fiskalischen Risiken vollständig zu teilen. 

Richard Portes, London Business School und Gründer sowie Ehrenpräsident des CEPR, warnte im anschließenden Panel, dass es „so etwas wie ein Safe Asset nicht gibt.” Angesichts der Verwundbarkeiten selbst bei US-Staatsanleihen betonte er, dass Sicherheit immer relativ sei. Tammo Diemer, Deutsche Finanzagentur, zeigte sich skeptisch, dass finanztechnisch konstruierte Lösungen wie europäische Blue Bonds das Vertrauen auf den Märkten gewinnen könnten. Er warnte, dass Blue Bonds ohne direkte fiskalische Absicherung Gefahr liefen, zum Spielball politischer Auseinandersetzungen zu werden, anstatt als echte sichere Häfen zu dienen - eine Rolle, die derzeit deutsche Staatsanleihen ausfüllen. Er forderte die Debatte heraus, indem er nach Belegen für eine Nachfrage nach einem größeren Volumen eines europäischen sicheren Assets fragte. Das Panel zu europäischen sicheren Vermögenswerten wurde von Giancarlo Corsetti, European University Institute und CEPR eröffnet und moderiert.

Dringlichkeit trifft auf gestalterische Herausforderungen

Andere betonten die Dringlichkeit von Fortschritten. Wir brauchen ein Safe Asset. Was wir derzeit haben, reicht nicht aus, der Beweis dafür ist, dass wir einen Bund-Futures-Markt mit einem Volumen von etwa 150 Milliarden pro Tag und einen Bund-Kassamarkt von 30 Milliarden haben. In den USA hingegen ist das Volumen des US-Anleihe-Kassamarktes weitaus größer als das des Futures-Marktes“, argumentierte Loriana Pelizzon, stellvertretende wissenschaftliche Direktorin SAFE und CEPR RPN-Leiterin European Financial Architecture. Sie merkte an, dass frühere Schritte zu gemeinsamer Emission stets nur in Krisenzeiten erfolgt seien, wie etwa die 2020 im Zuge von COVID eingeführten NextGenerationEU-Anleihen und fragte sich, ob Europa nur unter dem Druck einer neuen Krise vorankommen werde. Jan Krahnen, SAFE und CEPR RPN-Leiter European Financial Architecture, stimmte zwar zu, dass „je früher wir ein Safe Asset erhalten, desto besser“, stand dem Vorschlag für „blaue“ Euro-Anleihen jedoch skeptisch gegenüber und betonte die Notwendigkeit einer sorgfältigen Ausgestaltung, um Anreize zur Überschuldung einzelner Länder zu begrenzen: „Verschiedene Länder müssen individuell zahlungsunfähig werden können, ohne alle anderen mitzureißen.“

Die lebhafte Diskussion hob sowohl die Chancen als auch die Schwierigkeiten bei der Schaffung eines europäischen Safe Assets hervor. Während einige den deutschen Anleihemarkt als De-facto-Benchmark sahen, wiesen andere auf seine im Vergleich zum Bedarf Europas begrenzte Marktgröße hin. Die Panelteilnehmer waren sich einig, dass ein legitimes gemeinsames Instrument die Rolle des Euro als globale Reservewährung stärken könnte, waren sich jedoch uneinig darüber, ob die aktuellen Initiativen einen realistischen Weg nach vorne bieten. 

Finanzmärkte gestalten in Zeiten des Wandels

Zwei Tage lang diskutierten Forscher, politische Entscheidungsträger und Branchenexperten die Veränderungen, welche Finanzsysteme im Zuge digitaler Innovationen und geopolitischer Unsicherheiten prägen. Ausgerichtet wurde die Konferenz von den CEPR Research Policy Networks European Economic PolicyFinTech and Digital Currencies sowie European Financial Architecture, gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE. Zum Abschluss der Konferenz dankte Mitorganisatorin Loriana Pelizzon den Teilnehmenden für das wertvolle Forum des Austauschs und der Zusammenarbeit und äußerte ihre Vorfreude auf die nächste Ausgabe im kommenden Jahr.