16 Jun 2020

Europas Bankenunion lebt

SAFE-CEPR Policy Webinar: Regularien der Europäische Bankenunion haben sich bisher bewährt und versprechen Lösungsansätze für die Coronakrise

Mit dem 2014 begonnenen Projekt Bankenunion hat die Europäische Kommission das Ziel gesetzt, den Finanzsektor und das Wirtschaftswachstum in Europa zu stabilisieren. Seitdem hat sich die Bankenaufsicht als einer der zentralen Pfeiler der Bankenunion deutlich verbessert, was auf die Bewältigung der akuten, durch die Corona-Pandemie ausgelösten Krise hoffen lässt. Diesen Punkt machte SAFE Senior Policy Fellow Ignazio Angeloni deutlich beim zweiten gemeinsamen Policy Webinar von SAFE und dem Centre for Economic Policy Research (CEPR) mit dem Titel „Beyond the Pandemic: Reviving Europe's Banking Union“.

„Die Bankenunion hat funktioniert, sie ist erfolgreich“, stellte Angeloni zu Beginn des Webinars klar, bei dem Elga Bartsch, Leiterin der Wirtschafts- und Marktforschung am Blackrock Investment Institute, Mathias Dewatripont von der Université libre de Bruxelles und SAFE-Direktor Jan Pieter Krahnen mitdiskutierten. Obwohl die Einzelmaßnahmen im Rahmen der Bankenunion noch nicht vollständig umgesetzt seien, so Angeloni, mache sich der Erfolg des Projekts vor allem mit Blick auf die zunehmende Sicherheit und Stabilität der Banken in Europa bemerkbar – wohlgemerkt bis zum Beginn der Coronakrise. Damit einher gehe eine durch die Aufsichtsregularien höhere Transparenz sowie Rechenschaftspflicht der Geldhäuser.

Staaten und Banken hängen gegenseitig voneinander ab

Baustellen sieht Angeloni hingegen noch im Wettbewerb der Kreditinstitute untereinander sowie bei der noch wenig vorangeschrittenen, grenzüberschreitenden Integration der europäischen Bankenbranche. Auch das Verhältnis zwischen Staaten und Banken sei noch durch einen Teufelskreis geprägt: „Staaten sind von den Banken abhängig und umgekehrt“, so Angeloni. Positiv sei immerhin, dass sowohl Staaten als auch Banken inzwischen stabiler dastünden. Die Zahlungsfähigkeit habe sich auf beiden Seiten seit Bestehen der Bankenunion bis zur Coronakrise so verbessert, dass die Europäische Zentralbank nicht zu makroprudenziellen Maßnahmen greifen musste. Dennoch gibt es nach Angelonis Ansicht mehr zu tun.

„Wir sollten Überversorgung im Bankwesen gerade bei den schwächeren Akteuren abbauen und gleichzeitig die grenzüberschreitende Diversifizierung von Staatsportfolios fördern, um die stärkeren Spieler im Markt effizienter zu machen“, so der Ökonom. Sollte es jetzt bedingt durch die Coronakrise zu Kapitalengpässen kommen, setze die Bankenunion einen vernünftigen Rahmen, um den Markt nicht im Stich zu lassen. Zu den möglichen Maßnahmen würden etwa öffentliche Garantien von der nationalen bis zur europäischen Ebene sowie direkte Subventionen und Verstaatlichungen zählen.

Abwicklungsmechanismus bedingt die Glaubwürdigkeit der Bankenunion

In der Diskussion betonte Elga Bartsch, dass ein einheitliches europäisches Finanzsystem dabei helfen könne, sowohl symmetrische als auch asymmetrische Schocks abzufedern. Um ein solches System in die Praxis umzusetzen sei „die Vollendung von Banken- und Kapitalmarktunion von entscheidender Bedeutung“, so Bartsch. Als gemeinsame europäische Projekte dienten beide dazu, Risiken zwischen Ländern, ihren jeweiligen Rechtssystemen und Sektoren zu teilen.

SAFE-Direktor Jan Pieter Krahnen warf ein, dass die Abwicklung von illiquiden Banken, wie sie vertraglich vorgesehen ist, „ausschlaggebend ist für die Glaubwürdigkeit der Bankenunion insgesamt“. Bail-in-Modelle seien dabei zwar denkbar. Um die akute Krise jedoch technisch zu lösen, würden sich eher eigenkapitalähnliche als schuldenbasierte Rettungsprogramme für den Bankensektor anbieten.

Je nach Schwere der Coronakrise könnten von staatlicher Seite angeschobene Rekapitalisierungsmaßnahmen allerdings notwendig werden, erklärte Mathias Dewatripont. Die gegenwärtige Situation lasse sich in puncto Szenarien zur Krisenbewältigung am besten auf den Nenner bringen: „Bail-in-Modelle sind noch nicht attraktiv genug, Bail-out-Modelle noch nicht vom Tisch.“

Das Video zum Webinar in voller Länge