Am 3. Juni 2025 veranstalteten das Centre for Economic Policy Research (CEPR) und das Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE ein Web-Seminar zu einem Sonderteil des Finanzstabilitätsberichts der Europäischen Zentralbank (EZB) von Mai 2025: „Risiken für die Finanzstabilität im Euroraum durch Handelskonflikte“. Florian Heider, Wissenschaftlicher Direktor von SAFE, moderierte die Veranstaltung. Cosimo Pancaro, Teamleiter in der Abteilung Systemic Risk and Financial Institutions, sowie Stephan Fahr, Principal Financial Stability Expert – beide bei der EZB – gaben Einblicke in ihre Analysen.
Auswirkungen auf die Finanzstabilität und die Realwirtschaft
Zu Beginn beschrieb Stephan Fahr die Kanäle, über die sich Handelskonflikte auf die Finanzstabilität auswirken. Er erläuterte, wie die zunehmende handelspolitische Unsicherheit, insbesondere seit 2021, mit einem Anstieg restriktiver Handelsmaßnahmen und einer Stagnation der globalen Handelsoffenheit einhergeht. Neben direkten Auswirkungen wie Wechselkursbewegungen und Schwankungen der Vermögenspreise hob er hervor, dass die größeren Risiken von den Auswirkungen der handelspolitischen Unsicherheit ausgingen: Sie schwächten die Realwirtschaft durch sinkende Unternehmensgewinne, steigende Ausfallraten und rückläufige Wachstumserwartungen.
Darüber hinaus ging Fahr auf die makrofinanziellen Implikationen dieser Unsicherheit ein. Während sich die handelspolitische Ungewissheit in erster Linie auf die Realwirtschaft auswirkt - mit Folgen für die Produktion, die Inflation und die Zahlungsfähigkeit der Unternehmen -, gibt es auch einen Dominoeffekt auf systemische Finanzindikatoren. So verzeichnet der Systemic Risk Indicator (SRI) der EZB einen moderaten Anstieg der Verwundbarkeiten. Marktbasierte Indikatoren wie der Composite Indicator of Systemic Stress (CISS) reagieren dagegen weniger stark, was auf ihre strukturellen Begrenzungen zurückzuführen ist.
Große Bankinstitute stärker betroffen
Cosimo Pancaro widmete sich den Auswirkungen auf den Bankensektor. Er zeigte auf, wie sich erhöhte Unsicherheit negativ auf Aktienkurse von Banken, die Spreads von Kreditausfalltäuschen und Anleiherenditen auswirkt. Die Effekte sind kumulativ: Sinkende Profitabilität, höhere Risikovorsorge und geringere Kreditvergabe sind typische Begleiterscheinungen anhaltender wirtschaftlicher Unsicherheit. Besonders betroffen seien Banken mit einer hohen Abhängigkeit von handelsintensiven Sektoren, wie er betont: „Banken, die stärker vom EU-Extrahandel abhängig sind, sind tendenziell stärker von der handelspolitischen Unsicherheit betroffen“.
Pancaro merkte an, dass hohe Eigenkapitalquoten als Puffer gegen diese Risiken dienen könnten, wobei das Ausmaß der Betroffenheit je nach Institut variiere – größere Banken seien tendenziell stärker exponiert. Er betonte die Notwendigkeit proaktiver Risikomanagementstrategien, etwa durch Portfoliodiversifizierung und verstärkte Überwachung verwundbarer Sektoren.
Zum Abschluss der Veranstaltung empfahlen die Präsentierenden ein proaktiveres Risikomanagement. Sie befürworteten eine starke Diversifikation, angepasste Stresstest-Modelle und eine engmaschige Beobachtung neuer Verwundbarkeiten um die Widerstandsfähigkeit in einem stärker fragmentierten und unsicheren globalen Handelsumfeld zu gewährleisten. In einer Zeit erhöhter geopolitischer Spannungen und unsicherer Handelspolitik riefen sie sowohl Regulierungsbehörden als auch Finanzinstitute dazu auf, wachsam zu bleiben, Risiken zu diversifizieren und sich auf Schocks vorzubereiten, die die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems des Euroraums auf die Probe stellen könnten.