SAFE Finance Blog
27 May 2021

Europäischer und einheitlicher

Thomas Huertas: Die Maßnahmen für Krisenmanagement und Einlagensicherung der Eurozone machen neue Krisen derzeit wahrscheinlicher, als dass sie sie verhindern. Deshalb ist eine Neuaufstellung nötig – und machbar

Das Rahmenwerk für Krisenmanagement und Einlagensicherung („crisis management and deposit insurance“, CMDI) im Euroraum muss überarbeitet werden. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es viel wahrscheinlicher, dass das Rahmenwerk eine Krise verursacht, als dass es die Behörden dazu befähigt, eine solche zu bewältigen. Konkret könnte das derzeitige Rahmenwerk den Teufelskreis zwischen schwachen Banken und schwachen Regierungen eher befeuern, anstatt ihn aufzulösen. Auch wird das CMDI in seiner jetzigen Version nicht unbedingt die Einlagen schützen. Es gibt keine Garantie dafür, dass ein Euro in gedeckten Einlagen ein Euro bleibt, wenn die Bank, in der die Einlage gehalten wird, Pleite wird, oder der Mitgliedsstaat, in dem die jeweilige Bank ihren Sitz hat, zahlungsunfähig wird.

Das CMDI-Rahmenwerk zielt darauf ab, die Finanzstabilität zu erhöhen, den Rückgriff auf Steuergelder zu begrenzen, den Wettbewerb zu fördern und die Einleger:innen zu schützen. Diese politischen Ziele bleiben gültig. Was sich ändern muss, ist die Methode, die die Behörden anwenden, um diese Ziele zu erreichen.

Den Ansatz ändern

Diese neue Methode muss erstens Mikro- und Makro-Aspekte des Krisenmanagements integrieren und insbesondere die voraussichtlichen Rollen des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) berücksichtigen. 
Der ESM stellt nicht nur Kredite für die Mitgliedsstaaten bereit, sondern fungiert auch als Garant für den einheitlichen Abwicklungsfonds („Single Resolution Fund“, SRF).

Zweitens muss diese neue Methode die Europäische Zentralbank (EZB) als Anbieter von Liquidität für die einzelnen Banken und den Markt einbeziehen, sowohl zum aktuellen Zeitpunkt als auch in Zukunft. Schließlich ist zu beachten, dass, bis eine Reform, die den obengenannten Kriterien entspricht, in Kraft tritt, sei die BRRD voll implementiert und das einheitliche Abwicklungsgremium („Single Resolution Board“, SRB) völlig in der Lage bedeutenden Kreditinstitute im Euroraum durch Gläubiger-beteiligung abzuwickeln. Diese Perspektive bietet dem Euroraum die Möglichkeit, jetzt die Erwartungen an Bankenabwicklung neu zu definieren.

Eine Perspektive zur Vollendung der Bankenunion

Der Euroraum sollte diese Gelegenheit nutzen, um das Krisenmanagement und den Rahmen für die Einlagensicherung europäischer und einheitlicher zu gestalten. Insbesondere sollte es einen einheitlichen präsumtiven Weg für den Umgang mit gescheiterten Banken geben: Bail-in-Verfahren tatsächlich zu nutzen, um die geordnete Abwicklung im Rahmen einer solventen Abwicklungsstrategie zu erleichtern. Dies wird die Einlagen schützen und die Voraussetzungen für die Umwandlung des einheitlichen Abwicklungsfonds in ein einheitliches Einlagensicherungssystem mit einem Backstop durch den ESM schaffen.

Darüber hinaus sollten Maßnahmen ergriffen werden, um Kreditstundungen zu vermeiden, einschließlich der Übertragung der Verantwortung für Liquiditätshilfen im Notfall von den nationalen Zentralbanken auf die EZB, um einen einzigen „lender of last resort“ zu schaffen, also einen Kreditgeber letzter Instanz. Entsprechend sollten die nationalen Einlagensicherungssysteme zu Investoren der letzten Instanz für das Gone-Concern-Kapital von einer in Schieflage geratenen Bank werden, sodass diese ohne staatliche Finanzhilfen und abgewickelt werden kann. 
Damit wird sichergestellt, dass der Ansatz der geordneten Abwicklung auf alle Banken ausgedehnt wird, auch auf solche ohne Zugang zu den Kapitalmärkten.

Zusammengenommen würden die oben genannten Maßnahmen die Bankenunion vervollständigen, die Marktdisziplin fördern, zusätzliche Belastungen für die Steuerzahler vermeiden, dazu beitragen, den Teufelskreis zwischen schwachen Banken und schwachen Regierungen zu durchbrechen, den Euro zu stärken und die Finanzstabilität zu erhöhen.


Thomas Huertas ist Senior Policy Fellow bei SAFE und Fellow des Center for Financial Studies.

Dieser Blogpost basiert auf dem SAFE White Paper No. 85 „Reset required: The euro area crisis management and deposit insurance framework“, das im Rahmen der gezielten Konsultation zum CMDI-Rahmen durch die Europäische Kommission eingereicht wurde.

Blog-Einträge stellen die persönliche Meinung der Autoren:innen dar und spiegeln nicht notwendigerweise die Ansichten des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE oder seiner Mitarbeiter:innen wider.