SAFE Finance Blog
31 Oct 2022

Das SAFE Regulatory Radar im Oktober

Neue Regeln für Kryptowerte, Offenlegung taxonomiekonformer Gas- und Kernenergiegeschäfte und einheitliche Verarbeitung von Daten über außerbörsliche Derivate

Am Ende jedes Monats stellt das SAFE Regulatory Radar eine Auswahl wichtiger Neuigkeiten und Entwicklungen im Bereich der Finanzregulierung auf nationaler und EU-Ebene zusammen.

MiCA: Regulierung bestimmter Kryptowerte

Die Emittenten vermögenswertbezogener Utility- und E-Geld-Token sowie Anbieter von Krypto-Dienstleistungen werden einem umfassenden aufsichtsrechtlichen Regelwerk unterstellt, wenn sie diese Assets ausgeben, platzieren, bereitstellen und zurücknehmen. Am 10. Oktober 2022 hat der Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments dem Kompromiss der Verordnung zu Märkten für Kryptowerte („Regulation on Markets in Crypto-Assets”, MiCA) zugestimmt. Fünf Tage zuvor erzielte der Ausschuss der Ständigen Vertreter des Rats eine übergreifende Einigung, nachdem der vorläufige Vorschlag bereits im Juli 2022 eingebracht worden war. MiCA betrifft die Emittenten von Kryptowerten und Anbieter von Krypto-Dienstleistungen unterschiedlich, je nachdem ob sie

  • Vermögenswertbezogene Token („asset-referenced tokens”, ARTs), deren Wert durch ihre Bezugnahme auf andere Werte oder Rechte oder eine Kombination daraus, einschließlich einer oder mehrerer offizieller Währungen, stabilisiert werden soll,
  • E-Geld-Token („E-Money Token”, EMTs), deren Wert durch Bezugnahme auf eine offizielle Währung stabilisiert werden soll, oder
  • Utility-Token, die weder vermögenswertbezogene Token (ARTs) noch E-Geld-Token (EMTs) sind,

betreffen.

Ausgabe von Kryptowerten: Die Emittenten von ARTs und EMTs müssen durch die zuständigen Behörden formell zugelassen sein. Um zugelassen zu werden, müssen Emittenten von ARTs über Eigenmittel in Höhe von mindestens 350.000 Euro, einem Viertel der fixen Gemeinkosten aus dem Vorjahr, oder zwei Prozent des durchschnittlichen Betrags ihrer Rücklagen verfügen. Emittenten von EMTs hingegen müssen die Anforderungen der Eigenkapitalrichtlinie („Capital Requirements Directive”, CRD), um als Kreditinstitut zugelassen zu werden, oder der E-Geld-Richtlinie, um als E-Geldinstitut eingestuft zu werden, erfüllen. Für die Emission von Utility-Tokens ist keine vorherige Zulassung notwendig.

Platzierung von Kryptowerten: Bevor Kryptowerte angeboten oder zum Handel auf einer Plattform zugelassen werden, müssen alle Emittenten von Kryptowerten eine Informationsschrift über ihre Kryptowerte veröffentlichen. Diese Informationsschrift (Crypto-asset Whitepaper) enthält Angaben über den Emittenten, das Kryptowert-Projekt, Risiken, Rechte und Pflichten, die Ungültigkeit von Programmen zur Einlagengarantie oder Anlegerentschädigung, die zugrunde liegenden Technologien, und weitere Angaben. Darüber hinaus muss die hauptsächliche umwelt- und klimaschädliche Wirkung (principal adverse impact) des bei der Emission des Kryptowertes eingesetzten Konsensverfahrens beurteilt werden. Das Dokument muss ferner klar und eindeutig herausstellen, dass die Kryptoanlage teilweise oder vollständig an Wert verlieren, nicht immer übertragbar und nicht liquide sein kann.

Dienstleistung im Zusammenhang mit Kryptowerten: Anbieter von Dienstleistungen, die in Zusammenhang mit Kryptowerten stehen, sollen Klienten mit fairen und eindeutigen (Marketing-)Informationen versorgen, ihre Preise, Kosten und Gebühren öffentlich zugänglich machen und in der Management-Abteilung Personen mit ausreichendem Renommee, Wissen und Erfahrung einstellen. Sie sollen aufsichtsrechtliche Schutzmaßnahmen in Höhe der ständigen Mindestanforderungen oder einem Viertel der fixen Gemeinkosten des Vorjahreseinrichten, - je nachdem, was höher ist. Um das Risiko abzumildern, dass Kryptowerte als Wertspeicher verwendet werden, dürfen Dienstleistungsanbieter keine Zinsen gewähren.

Rücknahme von Kryptowerten: Emittenten von ARTs und EMTs müssen den Gesamtwert von Ansprüchen durch sichere, risikoarme Anlage der zur Verfügung gestellten Mittel mit geringen Markt-, Konzentrations- und Kreditrisiken gewährleisten. Der Betrag, der an eine offizielle Währung gebunden ist, muss zu mindestens 30 Prozent bei Kreditinstituten als Rücklage eingelegt werden. ARTs können gegen Mittel in jeder Währung außer E-Geld oder durch Lieferung des referenzierten Vermögenswertes eingelöst werden, während EMTs stets gegen in derselben Währung angegebene Mittel einlösbar sind.

MiCA muss noch durch das Europäische Parlament bestätigt werden und wird voraussichtlich nicht vor dem Jahr 2024 Anwendung finden.

SFDR: Taxonomiekonforme Gas- und Kernenergiegeschäfte müssen separat ausgewiesen werden

Gemäß der Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten für Finanzdienstleistungen („Sustainable Finance Disclosure Regulation“, SFDR) müssen Finanzmarktakteur:innen taxonomiekonforme Investments in fossiles Gas und Kernenergie künftig separat offenlegen. Am 30. September 2022 veröffentlichten die Europäischen Aufsichtsbehörden den endgültigen Entwurf mit technischen Regulierungsstandards, die den Anteil von Gas- und Kernenergieinvestments von Finanzprodukten betreffen, gemäß ihres Mandates. Da die delegierte Klima-Verordnung der EU-Taxonomie („Taxonomy Complementary Climate Delegated Act”, CDA) zuvor bestimmte Gas- und Kernenergieaktivitäten als ökologisch nachhaltig eingestufte, war eine Anpassung der SFDR-Transparenzanforderungen erforderlich. Die nun entworfenen Änderungen der Delegierten Verordnung (EU) 2022/1288 sollen die vollständige Transparenz über taxonomiekonforme Investments in Wirtschaftstätigkeiten mit Gas und Kernenergie gewährleisten.

Vorvertragliche und periodische Vorlagen müssen mittels Ja/Nein-Fragen eindeutig offenlegen, ob ein Finanzprodukt in taxonomiekonforme Wirtschaftstätigkeiten mit Gas oder Kernenergie investierte oder zu investieren gedenkt. Eine standardisierte Fußnote stellt überdies die Bedingungen für die Taxonomiekonformität klar. Wenn Investments in fossiles Gas oder Kernenergie

  • angedacht sind, muss ihr relativer Anteil an der Gesamtanlage ex ante in einem Tortendiagramm graphisch dargestellt und hervorgehoben werden, zusammen mit dem Gesamtanteil an taxonomiekonformen Investments;
  • gemacht worden sind, muss ihr relativer Anteil am Umsatz, dem Investitionsaufwand und den Betriebskosten des investierenden Unternehmens ex post in einem Balkendia-gramm dargestellt werden, zusammen mit dem Gesamtanteil an taxonomiekonformen Investments.

Beide Änderungen spiegeln das Feedback nicht-öffentlicher Konsultationen mit Interessensgruppen und Verbraucherverbänden wider. Da die CDA und SFDR am 1. Januar 2023 in Kraft treten, schlagen die Aufsichtsbehörden vor, dass die technischen Regulierungsstandards der SFDR einschließlich der Überarbeitungen, einen Tag – anstelle der üblichen 20 Tage – nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft treten sollen. Anfang des Monats wurde die Interpretation von taxonomiekonformen Wirtschaftsaktivitäten, der Daten und deren Verwendbarkeit sowie der Funktionsweise der Mindestgarantien durch Stellungnahmen der Europäischen Kommission und ihrer Sustainable Finance Platform erleichtert.

EMIR: Daten aus dem Handel mit außerbörslichen Derivaten müssen einheitlich verarbeitet werden

Gemäß der Marktinfrastrukturverordnung („European Market Infrastructure Regulation”, EMIR) müssen Transaktionsregister außerbörslich gehandelter Derivate (OTC-Derivate) die Details zu Derivaten einheitlich erhalten, verarbeiten, übermitteln, verifizieren und zusammenführen. Vier technische Regulierungsstandards und zwei technische Durchführungsstandards, die am 7. Oktober 2022 im Amtsblatt veröffentlicht wurden, sollen durch mehr Transparenz und Sicherheit des OTC-Derivate-Handels systemische Risiken verhindern. Die Standards spezifizieren, wie Transaktionsregister mit Daten umgehen müssen, wenn eine Derivatetransaktion abgeschlossen, überarbeitet oder beendet wird. Sie regeln

Die Verordnung tritt größtenteils ab dem 29. April 2024 in Kraft.

Öffentliche Konsultationen:

  • Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA): Aufruf zur Beweisabgabe, um Informationen von Marktakteuren einzuholen und den Stand der Dinge hinsichtlich der Umsetzung der von der überarbeiteten Richtlinie zu den Rechten der Aktionäre („revised Shareholders Rights Directive”, SRD2) gemachten Vorgaben zur Identifikation von Aktionären, der Übermittlung von Informationen und Förderung der Aktionäre bei der Ausübung ihrer Rechte sowie zur Transparenz von stellvertretenden Beratern zu erfassen. Die Frist endet am Montag, 25. November 2022.
  • Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA): Aufruf zur Interessenbekundung an der Mitgliedschaft in zwei Expertengruppen (Technical Expert Groups) zu Anbietenden von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowerten und der Bekämpfung von Geldwäsche sowie der Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung und restriktiven Maßnahmenregelungen. Die Frist endet am Freitag, den 4. November 2022.
  • EBA: Aufruf zum Hinweis auf praktische Probleme, auf die Finanzinstitute bei Befolgung der Gemeinsamen Leitlinien der ESAs zur Vermeidung des Missbrauchs von Geldtransfers für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung gestoßen sind. Die Frist endet am Dienstag, den 15. November.
 

Carl-Georg Luft ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am SAFE Policy Center.