Am Ende jedes Monats beleuchtet das SAFE Regulatory Radar eine Auswahl wichtiger Nachrichten und Entwicklungen zur Finanzregulierung auf nationaler und EU-Ebene.
Marktaufsicht: Kommission verabschiedete neue Standards der Zusammenarbeit, um Marktmissbrauch zu verhindern
Nach dem Wirecard-Fall hat die Europäische Kommission die Marktmissbrauchsverordnung (MAR) überarbeitet. Am 5. Oktober 2020 verabschiedete die Kommission eine Durchführungsverordnung, die technische Durchführungsstandards in Bezug auf Verfahren und Formulare für den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden im Rahmen des MAR festlegt. Diese sollen die bestehenden Regeln stärken und Lücken im Rechtsrahmen schließen.
Im Einzelnen umfassen die Standards die Anforderungen an die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen den zuständigen nationalen Behörden, der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), der Kommission und anderen Aufsichtsbehörden. Die technischen Durchführungsstandards legen Verfahren fest, die von der ESMA und den nationalen Wettbewerbsbehörden, wie der BaFin für Deutschland, bei der Kenntnisnahme, Beantwortung und Bearbeitung ausstehender Anfragen und wie auf unaufgeforderte Zusammenarbeit oder Informationsaustausch zu reagieren ist. Dabei stellt sie entsprechende Formulare zur Verfügung, die in solchen Verfahren anzuwenden sind. Die neuen Bestimmungen präzisieren auch die Verpflichtungen in Bezug auf die vertraulichen Informationen und die Nutzungserlaubnis elektronischer Mittel zur Anforderung der Daten.
Die Verordnung trat am 27. Oktober in Kraft und ist für alle Mitgliedsstaaten verbindlich.
Kreditmarkt: Änderungsvorschläge der Benchmark-Verordnung zum Auslaufen von LIBOR
Am 6. Oktober 2020 verständigte sich der Europäische Rat zu einem gemeinsamen Standpunkt zum Gesetzesvorschlag zur Änderung der EU-Benchmarks-Verordnung (BMR) im Hinblick auf das Einstellen des Referenzzinssatzes LIBOR (London Interbank Offered Rate) im Interbankengeschäft Ende 2021. Die Einzelheiten des ursprünglichen Vorschlags wurden im SAFE Regulatory Radar im August 2020 dargelegt. Der Rat schlug vor, den Geltungsbereich von Verträgen und Finanzinstrumenten zu erweitern, wodurch die Kommission die Befugnis erhalten würde, eine gesetzliche Ersatzrate im Falle der Einstellung zu bestimmen sowie die Übergangsfrist für Benchmarks aus Drittländern bis Ende 2025 zu verlängern.
Am 7. Oktober 2020 reagierte der Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON) des Europäischen Parlaments auf den Vorschlag des Rats mit einem Entwurf eines Berichts. Insbesondere schlug der Ausschuss entgegen des Rats vor, die Eingriffsbefugnis der Europäischen Kommission in Bezug auf die Benchmarks für wichtige Zinsen und Ausweichbestimmungen zu begrenzen. Darüber hinaus enthält der Bericht eine Verpflichtung der Kommission, die Liste der vom BMR ausgenommenen Devisenrichtwerte regelmäßig zu aktualisieren. Zusätzlich schlug der Ausschuss für Wirtschaft und Währung einige Änderungen in Bezug auf den Verzicht auf Margen- und Sicherheitsanforderungen in Fällen des obligatorischen Ersatzes einer Benchmark vor.
Beide Dokumente werden als Basis für weitere Verhandlungen zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat dienen.
Auch das Financial Stability Board (FSB) trägt zu einem reibungslosen Übergang zum LIBOR bei, indem es einen globalen LIBOR-Übergangsfahrplan veröffentlicht hat, der eine Liste nicht bindender Maßnahmen für betroffene Unternehmen enthält.
Kommission veröffentlichte einen neuen Kapitalmarktunion-Aktionsplan
Am 24. September 2020 veröffentlichte die Europäische Kommission den Kapitalmarktunion-Aktionsplan, der die Priorität widerspiegelt, sich schnell von der durch die Coronapandemie verursachten Wirtschaftskrise zu erholen und auf die Auswirkungen der Digitalisierung zu reagieren. Zudem werden Fragen zur Nachhaltigkeit und dem Brexit aufgegriffen.
Der Plan schlägt 16 spezifische Maßnahmen vor, um drei Hauptziele zu erreichen: (i) Gewährleistung einer grünen, digitalen, inklusiven und widerstandsfähigen wirtschaftlichen Erholung in der EU, indem europäischen Unternehmen, insbesondere KMU, der Zugang zu Finanzierungen erleichtert wird (ii) Ausgestaltung eines EU-Finanzplatzes, an dem Privatpersonen in einem noch sichereren Umfeld als bisher langfristig sparen und investieren können (iii) Integration der nationalen Kapitalmärkte in einen echten EU-weiten Kapitalbinnenmarkt.
Zu den spezifischen Maßnahmen gehören ein „European Single Access Point“, eine Plattform , die EU-weiten Zugang zu finanziellen und nichtfinanziellen öffentlichen Bekanntmachungen von Firmen bietet, das Überprüfen von Solvency II, des Europäischen Langfristigen Investitionsfonds (ELTIF) und dem allgemeinen Rahmen für Verbriefungen, sowie die Stärkung der Anlegerschutzstandards gemäß der Richtlinie über den Versicherungsvertrieb (IDD). Eine Verringerung des Verwaltungsaufwands und eine Verbesserung der finanziellen Bildung der Verbraucher sind weiter Maßnahmen. Darüber hinaus beinhaltet der Plan eine Reform der Quellensteuer sowie eine Harmonisierung der Insolvenzregeln und eine verbesserte Konvergenz der Aufsicht.
Aktuelle öffentliche Konsultationen
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Anastasia Kotovskaia ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am SAFE Policy Center und promoviert derzeit an der Goethe-Universität in Rechtswissenschaften.