Am Ende jedes Monats stellt das SAFE Regulatory Radar eine Auswahl wichtiger Nachrichten und Entwicklungen zur Finanzregulierung auf nationaler und EU-Ebene zusammen.
Kapitalmarktunion: Konjunkturpaket zur Milderung der Coronavirus-Auswirkungen
Am 24. Juli 2020 verabschiedete die Europäische Kommission ein Rettungspaket für die Kapitalmärkte, das gezielte Änderungen an der Prospektverordnung, der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II) und den Verbriefungsregeln enthält. Das Paket ist Teil des europäischen Corona-Aufbauplans und zielt darauf ab, Unternehmen dabei zu unterstützen, sich von der Krise zu erholen.
Mit Blick auf die Änderungen der Prospektregelungen führte die EU-Kommission eine neue Art Kurzprospekt ein – den „EU-Wiederaufbauprospekt“ (EU Recovery Prospectus) – für Unternehmen, die sich bislang erfolgreich am Markt behauptet haben. Ziel dieser vorläufigen Prospektart ist es, die Rekapitalisierung für Unternehmen zu erleichtern.
Die Änderungen der MiFID II-Richtlinie zielen darauf ab, unverhältnismäßige administrative Hürden für Investoren zu beseitigen. Außerdem änderte die EU-Kommission die MiFID-Regeln, die die Energiederivatemärkte betreffen, um die Entwicklung von in Euro denominierten Energiemärkten zu fördern.
Änderungen der Verbriefungs- und Eigenkapitalverordnung haben den Rahmen für einfache, transparente und standardisierte (STS) auf bilanzielle synthetische Verbriefungen ausgedehnt. Darüber hinaus beseitigte die EU-Kommission einige regulatorische Hindernisse für die Verbriefung von notleidenden Forderungen.
Die Änderungen der Prospektverordnung und des Verbriefungsrahmens sind in den Mitgliedsstaaten direkt anwendbar, während die MiFID II-Änderungen erst in nationales Recht umgesetzt werden müssen.
Kreditmarkt: Änderungen der Benchmark-Verordnung vor dem Wegfall des LIBOR
Am 24. Juli 2020 schlug die Europäische Kommission angesichts des Wegfalls der London Interbank Offered Rate (LIBOR) Ende 2021 gezielte Änderungen der EU-Benchmark-Verordnung vor. Der LIBOR spiegelt den durchschnittlichen Zinssatz wider, zu dem Großbanken für eine bestimmte Zeit ungesicherte Finanzierungen in einer bestimmten Währung auf dem Londoner Interbankenmarkt erhalten können.
Der Gesetzesvorschlag soll ein Rechtsvakuum vermeiden sowie auch negative Auswirkungen auf die Kapazitäten des Bankensektors, Finanzmittel für EU-Unternehmen nach dem Auslaufen des LIBORs bereitzustellen.
Dem Vorschlag zufolge würde die EU-Kommission eine neue Rechtsbefugnis erhalten, in allen Verträgen und Finanzinstrumenten, die nach 2021 fällig werden, eine LIBOR-Ersatzrate festzulegen. Diese Befugnis der Kommission würde nur für Verträge gelten, die von beaufsichtigten Unternehmen im Rahmen der EU-Benchmark-Regulierung abgeschlossen werden. Für Verträge, die nicht unter der Aufsicht der EU stehen, werden die Mitgliedsstaaten angehalten, nationale gesetzliche Ersatzsätze festzulegen.
In einem nächsten Schritt prüfen das Europäische Parlament und der Rat den Vorschlag der Kommission und können Änderungen vorschlagen.
Kapitalmarktunion: Technische Standards der EBA zu Offenlegung und Berichterstattung
Am 3. August 2020 veröffentlichte die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) ihren endgültigen Entwurf der technischen Durchführungsstandards (ITS) zur Offenlegung und Berichterstattung über die Anforderung an die Gesamtverlustabsorptionskapazität (TLAC) sowie die Mindestanforderungen für Eigenmittel und anrechenbare Verbindlichkeiten (MREL) global systemrelevanter Institutionen (G-SIIs). Diese Standards sollen Marktteilnehmern und Regulierungsbehörden die Nutzung von Informationen erleichtern, die zum Verständnis und zur Überwachung der TLAC und MREL der jeweiligen Einrichtung erforderlich sind. Die Richtlinien sollen darüber hinaus die Effizienz der Institutionen beim Erfüllen von Offenlegungs- und Berichtspflichten erhöhen.
Einen Monat zuvor hatte die EBA neue ITS zu öffentlichen Auskünften vorgestellt und ihren endgültigen ITS-Entwurf zur aufsichtsrechtlichen Berichterstattung überarbeitet. Die Richtlinien folgen den Änderungen in der überarbeiteten Eigenkapitalverordnung (CRR2) und der aufsichtsrechtlichen Backstop-Verordnung und fördern die Marktdisziplin.
Die Offenlegungs-ITS sollen den Basel-III-Rahmen für Kreditinstitute optimieren indem sie Vorlagen für die Offenlegung von Schlüsselkennzahlen, Risikomanagementzielen und -grundsätzen, Eigenmitteln und vorsichtige Bewertungsanpassungen (PVAs) bereitstellen. Das Berichts-Informationssystem deckte neue Berichtsanforderungen in Bezug auf das Gegenpartei-Kreditrisiko, die stabile Nettofinanzierungsquote und die Mindestdeckung für notleidende Forderungen ab.
Der erste Offenlegungs- und Berichtszeitpunkt nach den neuen Richtlinien wird der 30. Juni 2021 sein.
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Anastasia Kotovskaia ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am SAFE Policy Center und promoviert derzeit an der Goethe-Universität in Rechtswissenschaften.