SAFE Finance Blog
30 Nov 2021

Das SAFE Regulatory Radar im November

Empfehlungen zu nachhaltiger Finanzierung in der Vermögensverwaltung, neue Regeln für Crowdfunding-Anbieter und Bankenabwicklung sowie technische Standards für eine europäische Kapitalmarktunion

Am Ende jedes Monats stellt das SAFE Regulatory Radar eine Auswahl wichtiger Neuigkeiten und Entwicklungen im Bereich der Finanzregulierung auf nationaler und EU-Ebene zusammen.

Green Finance: IOSCO bietet Orientierung zu nachhaltigkeitsbezogenen Themen

Am 2. November 2021 hat die Internationale Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden („International Organization of Securities Commissions“, IOSCO) einen Schlussbericht veröffentlicht, der Empfehlungen zu nachhaltigkeitsbezogenen Praktiken, Strategien, Verfahrensweisen und Offenlegung in der Vermögensverwaltung enthält. Der Bericht geht auf die Herausforderungen ein, die mit der Zunahme von ökologisch, sozial und unternehmensethisch („environmental, social, and governance“, ESG) konformen Investments sowie nachhaltigkeitsbezogener Finanzprodukte einhergehen.

Erstens empfiehlt die IOSCO, dass Sicherheitsaufsichtsbehörden und politische Entscheidungsträger regulatorische Erwartungen mit Blick auf Entwicklung und Durchführung von Praktiken, Strategien und Verfahrensweisen aufstellen, die materielle nachhaltigkeitsbezogene Risiken und Chancen sowie damit verbundene Offenlegungen betreffen. Zweitens hält die IOSCO es für notwendig, bestehende regulatorische Anforderungen an Offenlegungen auf Produkt-Ebene auszuweiten. Drittens sollen Regulierungsbehörden über ausreichend Instrumente verfügen, um überwachen und bewerten zu können, ob Vermögensverwalter und nachhaltigkeitsbezogene Finanzprodukte Durchsetzungsinstrumenten regulatorischer Anforderungen entsprechen, um Verstöße gegen diese Anforderungen zu ahnden. Um Kohärenz innerhalb der globalen Vermögensverwaltungsbranche zu bewahren, besteht viertens der Bedarf nach einheitlichen Terminologien und Definitionen auf dem Gebiet der nachhaltigen Finanzierung. Fünftens und letztens bestärkt die IOSCO Regulierungsbehörden darin, nachhaltigkeitsbezogene Initiativen auszuweiten.

Der IOSCO-Bericht befasst sich auch mit den Risiken des Greenwashings, also mit dem Versuch vordergründig ein „grünes Image“ zu erlangen, ohne tatsächlich nachhaltige Maßnahmen im operativen Geschäft systematisch verankert zu haben. Um diesen Risiken vorzubeugen, empfiehlt die IOSCO, Anforderungen an die Offenlegung der materiellen Risiken von nachhaltigkeitsbezogenen Finanzprodukten aufzustellen sowie Orientierungshilfe bei der Benennung nachhaltigkeitsbezogener Finanzprodukte.

Obwohl die Empfehlungen der IOSCO nicht verbindlich sind, führen sie Regulierungsbehörden und politischen Entscheidungsträgern vor Augen, welche Aspekte bei der Erarbeitung nachhaltigkeitsbezogener Vorschriften beachtet werden sollten.

Crowdfunding: EBA erlässt Regeln zur individuellen Portfolioverwaltung von Krediten aus dem Angebot von Crowdfunding-Dienstleistern

Am 9. November 2021 hat die Europäische Bankenaufsicht (EBA) technische Regulierungsstandards („Regulatory Technical Standards“, RTS) zu Informationen veröffentlicht, die Crowdfunding-Dienstleister, die die individuelle Portfolioverwaltung von Krediten anbieten, für Investoren bereitstellen müssen, wenn es um die Methode zur Bewertung des Ausfallrisikos gemäß der Europäischen Verordnung über Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen („European Crowdfunding Service Providers Regulation“, ECSPR) geht.

Die RTS sollen Informationslücken zwischen Projekteignern und Investoren schließen und einen soliden Aufsichts- und Offenlegungsrahmen für Crowdfunding-Dienstleister gewährleisten.

Die Standards legen fest, welche Bestandteile die Beschreibung der Methodik enthalten muss, die zur Bewertung des Ausfallrisikos individueller Crowdfunding-Projekte, individueller Portfolios und Projekteigner angelegt wird. Darüber hinaus stellen die RTS eine Liste mit Informationen bereit, die Crowdfunding-Plattformen über jeden in einem spezifischen Portfolio enthaltenen Kredit offenlegen müssen. Die RTS klären ebenfalls die Verfahrensweisen mit Blick auf Sicherheitsreserven, die angelegt werden können, um Investoren im Falle des Ausfalls eines Kreditnehmers zu entschädigen.

Die RTS werden der EU-Kommission zur Zustimmung vorgelegt. Infolge der formellen Verabschiedung werden sie in allen Mitgliedsstaaten verbindlich sein.

Bankenabwicklung: Überarbeitete Richtlinien zu Sanierungsplanindikatoren

Am 9. November 2021 hat die EBA Richtlinien zu Sanierungsplanindikatoren gemäß der Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Banken („Bank Recovery and Resolution Directive“, BRRD) veröffentlicht. Im Jahr 2015 hat die EBA  Richtlinien zum Mindestkatalog quantitativer und qualitativer Indikatoren zur Sanierungsplanung herausgegeben. Allerdings haben Erfahrungen aus der Praxis gezeigt, dass bei einigen Bestandteile des Indikatoren-Rahmenwerks zur Sanierungsplanung der Bedarf nach zusätzlicher Orientierung besteht, darunter die Kalibrierung der Indikatoren, die Überwachung und die Meldung von Verstößen. Die nun überarbeiteten Richtlinien sollen in der EU eine effektive und einheitliche Herangehensweise an die Entwicklung des Rahmenwerks von Sanierungsplanindikatoren etablieren.

Im Detail ergänzen die Richtlinien den Mindestkatalog um drei zusätzliche Sanierungsindikatoren: Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten („minimum requirement for own funds and eligible liabilities“, MREL)/Gesamtverlustabsorptionskapazität („total loss-absorbing capacity“, TLAC), Vermögensbeschränkung, und Liquiditätsausstattung. Im Gegenzug wurden die Kosten der Großkundenfinanzierung von dieser Liste gestrichen, da sie auf Kreditinstitute mit diversifiziertem Finanzierungsprofil oftmals nicht anwendbar waren. Die Richtlinien erkennen ebenfalls die Bedeutung der regelmäßigen Überwachung der Sanierungsindikatoren an sowie bei Verstößen die rechtzeitige Benachrichtigung von Aufsichtspersonen, insbesondere in Krisensituationen. Zuletzt erklärt die EBA, dass die automatische Re-Kalibrierung der Sanierungsindikatoren im Falle einer Systemkrise nicht zulässig ist, außer in hinreichend begründeten Fällen nach Zustimmung durch die zuständige Behörde.

Die Richtlinien gelten ab Beginn des dritten Monats infolge ihrer Veröffentlichung. Gleichzeitig werden die Richtlinien aus dem Jahr 2015 aufgehoben.

Kapitalmarktunion: Technische Standards für adäquate Risikogewichte und der Mindestwerte für die Verlustquote

Am 5. November 2021 hat die EBA ihren endgültigen Entwurf für technische Regulierungsstandards zu den Faktoren und Bedingungen veröffentlicht, mit denen die Eignung der Risikogewichte und die Mindestwerte der Verlustquote bei Ausfall („Loss Given Default“, LGD) gemäß der Kapitaladäquanzverordnung („Capital Requirement Regulation“, CRR2) bewertet wird.

Die Standards zielen darauf ab, die national zuständigen Behörden bei ihren regelmäßigen Bewertungen zu unterstützen und einen kohärenten Ansatz in der EU zu etablieren.

Weiter legen die Standards fest, dass bei der Beurteilung der Adäquanz der Risikogewichte für Kreditinstitute, die den Standardansatz (SA) anwenden, der Schadensverlauf und die Verlusterwartung in der durch Immobilien besicherten Risikopositionen als Schlüsselelemente berücksichtigt werden müssen.

Für Institute, die den auf internen Ratings basierenden Ansatz (IRB) für durch Immobilien besicherte Retailforderungen anwenden, legen die Standards die Bedingungen fest, die die nationalen Aufsichtsbehörden bei der Beurteilung der Adäquanz von Mindestwerten für die LGD-Quote zu prüfen haben, einschließlich der Quellen systemischer Risiken jenseits von Überlegungen zum wirtschaftlichen Abschwung und idiosynkratischer Risiken.

Die technischen Vorschriften wurden der EU-Kommission zur Annahme in Form einer verbindlichen delegierten Verordnung vorgelegt.

Öffentliche Konsultationen:

 

Anastasia Kotovskaia ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am SAFE Policy Center und promoviert derzeit in Rechtswissenschaften an der Goethe-Universität Frankfurt.