SAFE Finance Blog
31 May 2023

Das SAFE Regulatory Radar im Mai

Änderungen für die Konsolidierung von Wertpapierfirmen, Einigung zu einem gemeinsamen europäischen Datenportal für die Kapitalmärkte und ein neues Maßnahmenpaket für Kleinanleger:innen

Am Ende jedes Monats stellt das SAFE Regulatory Radar eine Auswahl wichtiger Neuigkeiten und Entwicklungen im Bereich der Finanzregulierung auf nationaler und EU-Ebene zusammen.

IFR/IFD: Spezifikationen für die Konsolidierung und Liquiditätsanforderungen von Wertpapierfirmen

Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) schlägt konsistente aufsichtsrechtliche Anforderungen für die Konsolidierung einer Wertpapierfirma vor. Am 12. Mai 2023 veröffentlichte die EBA Entwürfe technischer Regulierungsstandards, die den Umfang und die Methoden der Konsolidierung einer Gruppe von Wertpapierfirmen im Rahmen der Verordnung über Wertpapierfirmen (Investment Firm Regulation, IFR) festlegen und ihren im Juni 2020 veröffentlichten Fahrplan für Wertpapierfirmen ergänzen.

Die Standards decken vier Hauptelemente der Konsolidierung ab:

  1. den Konsolidierungsbereich (Arten von Unternehmen im Konsolidierungsbereich und Arten von Beziehungen, die Unternehmen in den Konsolidierungsbereich einbeziehen),
  2. die Konsolidierungsmethoden,
  3. die Methodik der aufsichtsrechtlichen Kapitalkonsolidierung und
  4. die Regeln für Minderheitsbeteiligungen und Kapitalinstrumente des zusätzlichen Kernkapitals und des Ergänzungskapitals (Tier 1 und Tier 2), die von Tochterunternehmen im Rahmen der aufsichtsrechtlichen Konsolidierung emittiert werden.

Der Entwurf der Regulierungsstandards wird vor der offiziellen Veröffentlichung der Europäischen Kommission zur Zustimmung vorgelegt.

Darüber hinaus sieht die Europäische Kommission eine Harmonisierung und Klarstellung in Bezug auf Wertpapierfirmen vor. Am 17. Mai 2023 veröffentlichte die Europäische Kommission eine Delegierte Verordnung zur Ergänzung der Wertpapierfirmenrichtlinie im Hinblick auf technische Regulierungsstandards für spezifische Liquiditätsanforderungen an Wertpapierfirmen.

Sie sieht insbesondere einen harmonisierten Ansatz für die Bewertung des Liquiditätsrisikos einer Wertpapierfirma und der Wesentlichkeit dieses Risikos vor. In diesem Zusammenhang müssen die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten alle von einer Wertpapierfirma erbrachten Dienstleistungen, einschließlich Nebendienstleistungen, sowie alle spezifischen Aspekte der Finanzierung einer Wertpapierfirma berücksichtigen.

ESAP: Schaffung eines zentralen europäischen Zugangspunktes für Unternehmens- und Produktdaten

Die EU plant die Schaffung eines gemeinsamen Datenportals für bestimmte Informationen über Kapitalmärkte, Finanzdienstleistungen und nachhaltiges Finanzwesen. Am 23. Mai 2023 haben die Verhandlungsführendendes Rates und des Europäischen Parlaments im Rahmen des Aktionsplans zur Kapitalmarktunion (Capital Markets Union, CMU) eine vorläufige Einigung über die Schaffung eines zentralen europäischen Zugangspunktes (European Single Access Point, ESAP) erzielt.

Die Plattform soll die EU-Kapitalmärkte effizienter machen, die Sichtbarkeit kleiner und mittlerer Unternehmen erhöhen und die grüne Transformation unterstützen, indem sie Zugang zu finanziellen und nichtfinanziellen Informationen über Unternehmen bündelt und so Investitionsentscheidungen verbessert.

ESAP soll ab Sommer 2027 zur Verfügung stehen und über einen Zeitraum von vier Jahren in drei Phasen eingeführt werden. In Phase 1 werden die Informationen gemäß der Leerverkaufsverordnung, der Prospektverordnung und der Transparenzrichtlinie abrufbar. In der zweiten Phase werden unter anderem Informationen gemäß der Verordnung über die Offenlegung nachhaltiger Finanzinstrumente (Sustainability Finance Disclosure Regulation, SFDR), der Verordnung über Ratingagenturen (Credit Rating Agencies, CRA) und der Benchmark-Verordnung aufgenommen. In Phase 3 werden schließlich Informationen zu 20 weiteren Rechtsakten in ESAP aufgenommen, darunter die Kapitaladäquanzverordnung (Capital Requirements Regulation, CRR), die Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente (Markets in Financial Instruments Regulation, MiFIR) und die EU-Verordnung über grüne Anleihen (EU Green Bonds Regulation, EuGBR).

Die vorläufige Einigung muss nun vom Rat und vom Europäischen Parlament bestätigt werden, bevor sie in Kraft treten kann.

Kleinanlegerstrategie: Weiterer Schritt zur Vollendung der Kapitalmarktunion

Privathaushalten soll es leichter gemacht werden, fundierte Entscheidungen über ihr Vermögen zu treffen und die Vorteile von Kapitalmarktanlagen zu nutzen. Dies ist das Ziel des Maßnahmenpakets für Kleinanleger:innen, das die Europäische Kommission am 24. Mai 2023 im Hinblick auf die Vollendung der Kapitalmarktunion vorgeschlagen hat.

Die Kommission reagiert damit auf die Tatsache, dass im Jahr 2021 nur 17 Prozent des Vermögens europäischer Privathaushalte in Wertpapieren gehalten wurden, was sie auf das geringe Vertrauen in die Kapitalmärkte und die Risikoaversion zurückführt, aber auch auf die hohen Gebühren und Provisionen, die sich negativ auf die Anlagerenditen auswirken. Das Paket schlägt Änderungen an einer Reihe von Rechtstexten vor, die die Entwicklung und den Vertrieb von Anlage- und Versicherungsprodukten regeln.

Das Maßnahmenpaket zielt unter anderem auf die Standardisierung, die Digitalisierung und die Transparenz von Anlageprodukten und -dienstleistungen ab. Es führt dabei jährliche Erklärungen zu den Kosten und der Wertentwicklung von Anlagen ein und erweitert das Hauptinformationsdokument (Key Information Document, KID) gemäß der Verordnung über verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsnehmer (PRIIP) um ein zusammenfassendes Dashboard, eine digitale Schnittstelle, interaktive Funktionen und einen Abschnitt zur Nachhaltigkeit.

Ein zweiter Aspekt konzentriert sich auf die Bewertung des Preis-Leistungs-Verhältnisses, um Produkte zu identifizieren, die Kleinanleger:innen keine Vorteile bieten. Ein Produkt wird zum Beispiel nicht zugelassen, wenn es einem von ESMA und EIOPA zu Verfügung gestellten öffentlichen Kosten- und Leistungsvergleich für Anlageprodukte nicht Stand hält und wenn die Herstellenden nicht zeigen können, dass die Kosten und Gebühren gerechtfertigt sind.

Das Paket stützt sich auf eine Konsultation der Branche und anderer Interessengruppen sowie auf eine Folgenabschätzung. Es wird nun dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat zur Konsultation vorgelegt.

 Öffentliche Konsultationen

  • Europäische Aufsichtsbehörden (EBA, EIOPA and ESMA – ESAs): Öffentliche Konsultation zum Entwurf technischer Durchführungsstandards zur Änderung der Zuordnung von Bonitätsbeurteilungen externer Ratingagenturen (External Credit Assessment Institutions, ECAIs). Die Frist endet am 26. Juni 2023.
  • Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde: Öffentliche Konsultation zu Entwürfen technischer Regulierungsstandards im Rahmen der überarbeiteten ELTIF-Verordnung (European Long-Term Investment Funds). Die Frist endet am 24. August 2023.
  • Europäische Kommission: Konsultation zu Maßnahmen für eine stärkere Kapitalmarktbeteiligung der Verbraucherinnen und Verbraucher (Strategie für Kleinanleger). Die Frist endet am 25. Juli 2023.
  • Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen BaFin: Öffentliche Konsultation zur Allgemeinverfügung zu Vergütungsanzeigen für Wertpapierinstitute. Die Frist endet am 8. Juni 2023.
 

Angelina Hackmann ist Co-Head des SAFE Policy Center.