SAFE Finance Blog
23 Dec 2021

Das SAFE Regulatory Radar im Dezember

Kapitalmarktunion: Einführung des europäischen einheitlichen Zugangspunkts und des konsolidierten Bandes, überarbeiteter Rahmen für alternative Investmentfonds und neue Regeln für langfristige Investitionen

Am Ende jedes Monats stellt das SAFE Regulatory Radar eine Auswahl wichtiger Neuigkeiten und Entwicklungen im Bereich der Finanzregulierung auf nationaler und EU-Ebene zusammen.

Einrichtung des europäischen einheitlichen Zugangspunkts zu Finanzdienstleistungen und des konsolidierten Datentickers

Am 25. November 2021 veröffentlichte die Europäische Kommission ein Paket zur Kapitalmarktunion mit Änderungsvorschlägen, die die Integration und Vertiefung der Kapitalmärkte in der EU stärken sollen. Eines der Elemente des Pakets ist der Vorschlag für die Verordnung zur Einrichtung eines europäischen einheitlichen Zugangspunkts (European Single Access Point, ESAP). Die derzeitige Zersplitterung der Informationen zwischen verschiedenen nationalen und europäischen Datenbanken macht es notwendig, einen zentralen Zugang zu den öffentlich zugänglichen Informationen zu schaffen, die für Finanzdienstleistungen relevant sind. Das Hauptziel des ESAP ist es, die Transparenz, die Verfügbarkeit und die Aktualität von Informationen, insbesondere von finanziellen und nachhaltigkeitsbezogenen Informationen, zu verbessern.

Der Vorschlag legt die Regeln und Bedingungen für das Funktionieren des ESAP fest, führt aber keine neuen Meldepflichten ein. Dem Vorschlag zufolge wird der ESAP von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) bis zum 31. Dezember 2024 eingerichtet und betrieben werden. Private Einrichtungen wie Banken, Fonds, Wertpapieremittenten, Versicherungsgesellschaften, Intermediäre und Wirtschaftsprüfer müssen die Informationen an die zuständige Sammelstelle übermitteln, bei der es sich - je nach Art der Informationen - um ein Register oder eine nationale oder europäische Aufsichtsbehörde handelt. Der Zugang zu den Informationen wird kostenlos sein.

Am selben Tag legte die Kommission Legislativvorschläge zur Änderung der Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente(MiFIR) und der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) vor, mit denen ein EU-weiter konsolidierter Datenträger (consolidated tape) eingerichtet werden soll, der Echtzeit-Handelsdaten für Aktien, Anleihen, Derivate und börsengehandelte Fonds (ETFs) liefert.

Die Legislativvorschläge wurden zur Prüfung an das Europäische Parlament und den Rat weitergeleitet.

Überarbeitung der Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds

Ein weiterer Teil des Pakets besteht aus einem Vorschlag für eine Richtlinie, die die Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMD) und die Richtlinie über Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) ändern würde.

Der Legislativvorschlag soll die Integration alternativer Investmentfonds in den europäischen Markt erleichtern sowie ein hohes Maß an Anlegerschutz und eine wirksame Koordinierung zwischen den europäischen Aufsichtsbehörden gewährleisten.

Mit dem Rechtsakt werden gezielte Änderungen vorgeschlagen und Rechtslücken geschlossen. Wichtig sind die festgelegten gemeinsamen Mindestanforderungen für die direkte Kreditvergabe von alternativen Investmentfonds an Unternehmen, um faire Wettbewerbsbedingungen für kreditfinanzierte Fonds zu schaffen und es zu ermöglichen grenzüberschreitend zu agieren. Eine weitere Änderung erweitert die Liste der Nebendienstleistungen, die Verwalter alternativer Investmentfond erbringen können, um die Verwaltung von Benchmarks oder die Kreditbetreuung.

Die Änderungen beziehen sich auch auf Instrumente des Liquiditätsmanagements, die Managern alternativer Investmentfond helfen sollen, das Liquiditätsrisiko besser zu steuern. Der Vorschlag beseitigt einige regulatorische Hindernisse im Zusammenhang mit der Datenerhebung für nationale und EU-Behörden, um die Effizienz der Berichterstattung zu erhöhen. Um den notwendigen Schutz der Anlegerinteressen zu gewährleisten, aktualisieren die Änderungen die Regeln für Delegationsvereinbarungen und beziehen Zentralverwahrer (CSDs) in die Verwahrkette ein. Weitere Verbesserungen betreffen die aufsichtliche Berichterstattung, die Transparenzanforderungen und die Erbringung von Verwahrungs- und Depotdienstleistungen durch alternative Investmentfonds.

Die Vorschläge werden auf der Ebene des EU-Parlaments und des Rates diskutiert werden.

Änderungen an der Europäischen Verordnung über langfristige Investmentfonds

Zum selben Zeitpunkt veröffentlichte die Europäische Kommission einen Legislativvorschlag zur Änderung der Verordnung über europäische langfristige Investmentfonds (European Long-Term Investment Funds, ELTIFs). Der ELTIFs-Markt ist relativ neu und deckt langfristige Investitionen wie soziale und Verkehrsinfrastrukturprojekte, Immobilien und Kleine und mittelständische Unternehmen ab. Die Kommission erachtet aber zusätzliche politische Interventionen als erforderlich, um die weitere Entwicklung der Kapitalmarktunion zu fördern. Die vorgeschlagenen Änderungen sollen die Einführung von ELTIFs in der EU fördern, indem der Rechtsrahmen für Investmentmanager und Investoren attraktiver gestaltet wird.

Zum einen spezifizieren die Änderungen den Umfang der zulässigen Vermögenswerte und Anlagen und bauen unnötige Beschränkungen ab, um Fondsverwaltern mehr Flexibilität bei der Gestaltung von Anlagestrategien und Portfolios für ELTIFs zu bieten. Außerdem wird der Schwellenwert für die zulässigen Anlagewerte von ELTIFs von 70 auf 60 % gesenkt und die Schwelle für die Marktkapitalisierung von 500 Millionen Euro auf 1 Milliarde Euro angehoben.

Zum anderen beseitigen die Änderungen Zugangsbarrieren für Kleinanleger. Zu diesem Zweck wird im Gesetzgebungsakt vorgeschlagen, die Anforderung von 10.000 Euro für die Erstinvestition und die Höchstgrenze von 10 Prozent für Kleinanleger mit einem Finanzportfolio unter 500.000 Euro abzuschaffen. Der Vorschlag sieht auch einen zusätzlichen Liquiditätsfenster-Rücknahmemechanismus vor, der den Anlegern einen früheren Ausstieg aus ELTIFs-Investitionen ermöglicht.

Darüber hinaus werden in den Vorschlägen die Regeln für ein einfaches und transparenteres Zulassungsverfahren spezifiziert.

Nach der Fertigstellung und förmlichen Verabschiedung wird die Verordnung verbindlich sein und in allen Mitgliedstaaten unmittelbar gelten.

Öffentliche Konsultationen:

  • Europäische Kommission: Öffentliche Konsultation zur Überprüfung des regulatorischen Rahmenwerks für Investment-Firmen und Marktbeteiligte. Die Frist endet am Mittwoch, 2. Februar 2022.
  • Europäische Kommission: Öffentliche Konsultation zu den Überarbeitungen bestimmter Vorschriften zu öffentlicher finanzieller sowie nicht-finanzieller Offenlegung, um den ESA einzurichten. Die Frist endet am Mittwoch, 2. Februar 2022.
  • Europäische Kommission: Öffentliche Konsultation zur Überprüfung der EU-Vorschriften über Verwalter alternativer Investmentfonds. Die Frist endet am Mittwoch, 2. Februar 2022.
  • Europäische Kommission: Öffentliche Konsultation zur Überprüfung der EU-Vorschriften zu langfristigen Investmentfonds. Die Frist endet am Mittwoch, 2. Februar 2022.
  • Europäische Kommission: Öffentliche Konsultation zum einheitlichen EU-Zugangspunkt für Unternehmensinformationen. Die Frist endet am Mittwoch, 2. Februar 2022.
  • Europäische Kommission: Öffentliche Konsultation zur Überprüfung der EU-Vorschriften zu Hypothekarkrediten. Die Frist endet am Mittwoch, 2. Februar 2022.
  • Europäische Kommission: Öffentliche Konsultation zur Überprüfung der EU-Notierungsanforderungen, auch nach der Börsennotierung. Die Frist endet am Freitag, 11. Februar 2022.
  • Europäische Kommission: Öffentliche Konsultation zur Überprüfung makroprudenzieller Vorschriften gegen Systemrisiken. Die Frist endet am Freitag, 18. Februar 2022.
  • EBA: Öffentliche Konsultation zu einem RTS-Entwurf zu aufsichtlichen Supervisory Outlier-Tests für Zinsrisiken, die aus nicht-buchmäßigen Tätigkeiten entstehen. Die Frist endet am Montag, 4. April 2022.
  • EBA: Öffentliche Konsultation zu einem Richtlinien-Entwurf zu Zinsrisiken und Credit-Spread-Risiken, die aus nicht-buchmäßigen Tätigkeiten entstehen. Die Frist endet am Montag, 4. April 2022.
  • EBA: Öffentliche Konsultation zu einem RTS-Entwurf zu Zinsrisiken des Standardansatzes für Anlagebücher. Die Frist endet am Montag, 4. April 2022.
  • EBA: Öffentliche Konsultation zu einem RTS-Entwurf zu spezifischen Anforderungen an die Liquiditätsmessung von Investmentfirmen sowie zu einem Richtlinien-Entwurf zu Ausnahmen bei Liquiditätsanforderungen für kleine und nicht miteinander verbundene Investmentfirmen. Die Frist endet am Donnerstag, 10. März 2022.
  • EBA: Öffentliche Konsultation zu einem Richtlinien-Entwurf zum Einsatz von Lösungen zur Remote-Einführung von Kunden. Die Frist endet am Donnerstag, 10. März 2022.
  • Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA): Öffentliche Konsultation zur Durchführungsanleitung bei Beurteilungen der Tragweite des Klimawandels und der Verwendung von Klimawandelszenarien bei der Bewertung des eigenen Risikos und der Solvabilität (ORSA). Die Frist endet am Donnerstag, 10. März 2022.
 

Anastasia Kotovskaia ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am SAFE Policy Center und promoviert derzeit in Rechtswissenschaften an der Goethe-Universität Frankfurt.