03 Feb 2022

Jan Krahnen: „Eine verpasste Chance für die EZB“

SAFE-Direktor sieht in der aktuellen geldpolitischen Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) eine verpasste Gelegenheit für Forward Guidance angesichts der Höhe der Inflation und der Unsicherheit über ihre Dauer

Der EZB-Rat hat bei seiner jüngsten Sitzung keine geldpolitischen Schritte unternommen und sowohl das Volumen der Anleihekäufe als auch das Leitzinsniveau unangetastet gelassen. Jan Krahnen, Direktor des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE, äußert sich dazu folgendermaßen:

„Angesichts der aktuellen Inflations- und Verbraucherpreisentwicklungen sowie der bereits erfolgten Richtungsentscheidungen in den USA und in England ist eine wegweisende Entscheidung der EZB überfällig – sie wird derzeit auch in seltener Übereinstimmung von den allermeisten Beobachtern eingefordert. Eine solche Aussage über eine Kursänderung bei dem Leitzins und/oder beim Anleiheaufkaufprogramm ist heute aber ausgeblieben. Das ist erstaunlich, denn damit hat die EZB die Chance verspielt:

Sie hätte nämlich ihre gegenwärtige Unsicherheit über die Interpretation der Inflationsentwicklung als dauerhaft oder vorübergehend durch eine Form der Selbstbindung mit ihren Politikzielen transparent verbinden können. Zudem hätte die EZB ankündigen können, dass sie im Falle einer konstant hoch bleibenden Inflationsrate in der Eurozone über einen gewissen Zeitraum einen positiven Zinsschritt verbindlich macht. Zugleich würden die Märkte befähigt, ihre Erwartungen in den kommenden Monaten dynamisch in die Zinsstruktur einzupreisen.“