04 Jul 2022

Die Zukunft des Geldes

In einer SAFE Fintech Policy Lecture diskutierten Expertinnen und Experten aus Praxis und Forschung über einen „digitalen Euro“ und die regulatorischen Herausforderungen

Der technologische Fortschritt hat nicht nur die Art, wie wir bezahlen, verändert. Mit Kryptowährungen haben sich auch neue Zahlungsmittel entwickelt. Zentralbanken stehen nun vor der Herausforderung, eine sichere und stabile Alternative zu privatwirtschaftlichen Initiativen für die Ausgabe von Kryptowährungen zu prüfen.

Mit diesen Entwicklungen setzten sich Expertinnen und Experten aus Praxis und Forschung in der ersten SAFE Fintech Policy Lecture am 2. Juni auseinander, die von Rechtsprofessorin Katja Langenbucher moderiert wurde. Die Veranstaltung, als Teil einer Reihe des LawLab – FinTech & AI des SAFE Policy Centers unter der Leitung Langenbuchers, zeigte die Schwierigkeiten auf, eine europäische digitale Zentralbankwährung („Central Bank Digital Currency“, CBDC) einzuführen und zu regulieren.

Nach der Finanzkrise haben sich auf den Finanzmärkten Kryptoassets als alternative Zahlungsmittel entwickelt. Kryptowährungen wie Bitcoin machten den Anfang. Daraufhin entwickelten sich die sogenannten Stablecoins, die an Währungen oder andere Vermögenswerte wie Gold gekoppelt sind und daher als stabiler gelten, beschrieb Marco Dell‘ Erba, Assistenzprofessor für Finanzmarktrecht und Gesellschaftsrecht an der Universität Zürich, den Weg der Disruption. Er betonte aber: „Die perfekte Kryptowährung gibt es noch nicht“. Eine digitale Zentralbankwährung wäre der „letzte Schritt der Disruption“. Die aufgezeigten Entwicklungen hätten Währungshüter letztlich dazu gebracht, sich mit der Schaffung einer einheitlichen, digitalen Währung auseinanderzusetzen. Diese müsse sicher, allen zugänglich und in der Lage sein, das bestehende monetäre System zu ergänzen.

Der digitale Euro soll nicht nur Zahlungsmittel sein

Alexander Merkel betonte, dass eine europäische Zentralbankwährung eine solide, demokratische Basis benötige: „Die Entscheidung einen digitalen Euro auszugeben, ist noch nicht gefallen“, sagte der Senior Payment Expert der Deutschen Bundesbank. Momentan arbeitet er am Projekt zum digitalen Euro des Eurosystems, das sich in der Untersuchungsphase befindet. Die Phase wird noch bis Ende 2023 andauern und untersucht, ob Europa für einen digitalen Euro bereit ist. Von den Ergebnissen sei abhängig, ob die voraussichtlich dreijährige Implementierungsphase begonnen wird, erklärte Merkel weiter. Erst dann würden alle technischen und regulatorischen Anforderungen einer Digitalwährung festgelegt werden können.

Ein digitaler Euro solle die gleichen Funktionen wie traditionelles Geld erfüllen: Ein Zahlungsmittel, das beim Online-Shopping genauso wie in Geschäften genutzt werden kann, die Funktion eines Wertspeichers erfüllt und für Transaktionen zwischen Privatpersonen und Regierungen dient. Merkel betonte, dass jedes Einsatzgebiet der digitalen Zentralbankwährung akribisch untersucht wird – ein digitaler Euro berühre viele Bereiche, die reguliert werden müssten.

Als Zahlungsmittel müsse auch ein digitaler Euro mit Regulierung wie dem Anti-Geldwäsche-Gesetz, im Einklang stehen, so der Bundesbanker. Eine wichtige Rolle werden auch Datenschutzaspekte spielen: Sowohl von der technischen als auch der rechtlichen Perspektive müssen Richtlinien eingehalten werden, wenn es beispielsweise um Transaktionsdaten geht.

Verdrängungseffekte durch den Veränderungsprozess

Corinne Zellweger-Gutknecht, Rechtsprofessorin an der Universität Zürich, unterstrich: „Das monetäre System unterliegt einem Veränderungsprozess“. In ihrem Vortrag ging sie auf die Unterschiede ein, den digitalen Euro als bloßes Zahlungsmittel oder aber als vollwertiges Geld zu etablieren und damit auch mit der Funktion eines Wertspeichers. Das bringe Verdrängungseffekte des herkömmlichen Euros mit sich. In einem Szenario mit einer hohen Nachfrage, wenn 50 Prozent der Bankeinlagen in den digitalen Euro getauscht werden, könnten die Banken allerdings in Schwierigkeiten geraten: „96 Prozent der Banken werden ihre Bilanzstruktur überdenken müssen“, prognostizierte sie. Da vier Prozent der Banken 60 Prozent der Überschussreserven im Eurosystem hielten, könnte eine Kreditklemme entstehen.

Wenn der digitale Euro nur als Zahlungsmittel designt wird, ergäben sich andere Probleme: „Ich denke nicht, dass die Öffentlichkeit die Hälfte ihres Papiergeldes in ein digitales Zahlungsmittel umtauschen wird“, so Zellweger-Gutknecht. Ein reines Zahlungsmittel wäre aus ihrer Sicht kein Vertrauenssignal in die Stabilität des Finanzmarktes. „Es ist keine Option, einen digitalen Euro um das bestehende System herum zu bauen.“


Kontakt zum LawLab – Fintech & AI

Prof. Dr. Katja Langenbucher

Koordinatorin LawLab – Fintech & AI