SAFE Finance Blog
31 Oct 2023

Das SAFE Regulatory Radar im Oktober

Neu verabschiedetes EU-Gütesiegel für grüne Anleihen, Empfehlungen für die Einbeziehung von Umwelt- und Sozialrisiken in die Kapitalanforderungen an Kreditinstitute und neue Standards für Crowdfunding-Dienste

Am Ende jedes Monats stellt das SAFE Regulatory Radar eine Auswahl wichtiger Neuigkeiten und Entwicklungen im Bereich der Finanzregulierung auf nationaler und EU-Ebene zusammen.

EUGBR: einheitliche Anforderungen, um Anleihen als grün zu kennzeichnen

Eine neue Verordnung sieht einheitliche Anforderungen für Anleiheemittierende vor, die ihre Anleihen als "European Green Bond" oder "EuGB" bezeichnen wollen. Am 23. Oktober 2023 verabschiedete der Rat der Europäischen Union die Verordnung über europäische grüne Anleihen ("European Green Bond Regulation", EuGBR), die durch die Einführung von Offenlegungspflichten und eines Aufsichtsrahmens die Vereinheitlichung und Vergleichbarkeit auf dem Markt für grüne Anleihen fördern soll. EuGB ist ein freiwilliger Standard.

Um vollständige Transparenz über die Verwendung der Erlöse und die Umweltauswirkungen der Green Bonds zu gewährleisten, sind die Herausgebenden verpflichtet, einen Prospekt gemäß EU-Prospektverordnung, Informationsblätter vor der Emission und jährliche Berichte über die Verwendung der Erlöse nach der Emission zu veröffentlichen. Nach Zuweisung aller Nettoerlöse müssen Emittierende einen Bericht über die Auswirkungen gemäß EuGB-Verordnung veröffentlichen.

Die Verordnung sieht einen "Flexibilitätsrahmen" vor: Bis zu 15 Prozent des Emissionserlöses können für Aktivitäten verwendet werden, für die es noch keine technischen Prüfkriterien nach der EU-Taxonomie gibt. Diese Aktivitäten müssen jedoch die übrigen Anforderungen der EU-Taxonomie-Verordnung erfüllen, also zu einem der Ziele der Verordnung beitragen, keines der Ziele erheblich beeinträchtigen und keine negativen sozialen Auswirkungen haben.

Darüber hinaus müssen Unternehmen, die europäische Green Bonds ausgeben wollen, einen allgemeinen ökologischen Wandel vollziehen und nachweisen, wie diese Investitionen den Transformationsplan des Unternehmens voranbringen. Die EuGB-Verordnung sieht auch externe Prüfungen für die Bewertung der Offenlegung entsprechend der Anforderungen der Verordnung, vor. Prüfende werden von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde registriert und beaufsichtigt.

Eine optionale Offenlegungsregelung, die so genannte "EuGB-lite"-Regelung, bietet Emittierenden die Möglichkeit einer freiwilligen Offenlegung für grüne Anleihen, die noch nicht alle strengen EuGB-Standards erfüllen können.

Als Nächstes wird die EuGB-Verordnung unterzeichnet und im Amtsblatt der EU veröffentlicht, bevor sie 20 Tage später in Kraft tritt. Die Verordnung wird 12 Monate nach ihrem Inkrafttreten anwendbar sein.

CRR: Einführung von ESG-Faktoren bei Kapitalanforderungen

Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) empfiehlt Maßnahmen, um den Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft zu unterstützen und gleichzeitig sicherzustellen, dass der Bankensektor widerstandsfähig bleibt. Am 12. Oktober 2023 veröffentlichte die EBA einen Bericht über die Einbeziehung ökologischer und sozialer Risiken in den Aufsichtsrahmen für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen. Im Rahmen der Kapitaladäquanzverordnung ("Capital Requirements Regulation", CRR) und der Verordnung über Wertpapierfirmen ("Investment Firm Regulation", IFR) hat die EBA zu prüfen, ob eine besondere aufsichtsrechtliche Behandlung von Risikopositionen im Zusammenhang mit ökologischen und/oder sozialen Zielen und Auswirkungen gerechtfertigt wäre.

Der Bericht enthält verschiedene Empfehlungen zu den Kapitalanforderungen (Säule 1 gemäß Basel III-Rahmen), die kurzfristig umgesetzt werden können. Insbesondere empfiehlt die EBA den Instituten, Umweltrisiken bei der aufsichtsrechtlichen Bewertung von Immobiliensicherheiten zu berücksichtigen und zu prüfen, ob ökologische und soziale Aspekte Verluste aus operationellen Risiken auslösen können. Außerdem sollten die Institute Umweltrisiken in ihre Stresstestprogramme einbeziehen, wenn sie einen auf internen Ratings basierenden Ansatz ("Internal Rating Based Approach", IRB) oder einen auf internen Modellen basierenden Ansatz ("Internal Model Based Approach", IMA) im Rahmen der grundlegenden Überprüfung des Handelsbuchs ("Fundamental Review of the Trading Book", FRTB) anwenden.

In Bezug auf Rating-Agenturen wird in dem Bericht darauf hingewiesen, dass diese bei ihren (externen) Kreditbewertungen ökologische/soziale Faktoren als Treiber des Kreditrisikos berücksichtigen sollten. Die zuständigen Behörden werden ermutigt, ökologische/soziale Aspekte in ihre Sorgfaltspflicht zu integrieren. Kurzfristig plant dieEBA die Entwicklung expositionsgestützter Kennzahlen für umweltbezogene Konzentrationsrisiken.

Mittel- bis langfristig empfiehlt der Bericht, dass die Institute ökologische und soziale Risiken bei der Schätzung der Ausfallwahrscheinlichkeit ("Probability of Default", PD) und der Verlustquote ("Loss Given Default", LGD) berücksichtigen. Die zuständigen Behörden sollen prüfen, wie ESG-bezogene Produkte im internen Risikomessmodell und in Bezug auf den Restrisikozuschlag behandelt werden.

Die EBA wird prüfen, wie Szenarioanalysen genutzt werden könnten, um die zukunftsorientierten Elemente des Aufsichtsrahmens zu verbessern, und ob die IRB-Aufsichtsformel und der entsprechende Standardansatz für das Kreditrisiko überarbeitet werden sollten, um Umweltrisiken besser zu berücksichtigen. Darüber hinaus wird die EBA die mögliche Einführung umweltbezogener Konzentrationsrisikomaße und die Einbeziehung dieser Risiken in den Rahmen der Säule 1 prüfen.

Der Bericht macht deutlich, wie wichtig Übergangspläne als weitere risikobasierte Verbesserungen des Säule-1-Rahmens sind. Insbesondere ist eine angemessene Risikodifferenzierung zwischen Unternehmen, die sich erfolgreich an die Transformation anpassen, und anderen, die aufgrund dessen höheren Risiken ausgesetzt sind, erforderlich. Wie im SAFE Policy Letter No. 100 näher erläutert, müssen die klimabezogenen Regeln im Laufe der Zeit stabil, in ihrer Umsetzung glaubwürdig und in ihrer Entwicklung vorhersehbar sein, um das Übergangsrisiko eines Unternehmens genau zu definieren und es ihm somit zu ermöglichen, dieses Risiko zu reduzieren.

ESPCR: neue Offenlegungspflichten für Crowdfunding-Dienste

Neue Vorschriften legen fest, welche Faktoren und Informationen beim Anbieten von Crowdfunding berücksichtigt und offengelegt werden müssen. Die Europäische Kommission hat am 29. September 2023 ihre Delegierte Verordnung über technische Regulierungsstandards in Bezug auf die Anforderungen an die Kreditwürdigkeitsprüfung von Crowdfunding-Projekten, die Preisgestaltung von Crowdfunding-Angeboten und die Grundsätze und Verfahren für das Risikomanagement im Rahmen der Verordnung über europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen (" European Crowdfunding Service Providers Regulation", ECSPR) angenommen.

Die technischen Standards verlangen, dass Crowdfunding-Dienstleistende

  • Anlegende über die Methoden zur Berechnung der Kreditwürdigkeit von Crowdfunding-Projekten und zur Erstellung von Preisangeboten für Crowdfunding-Angebote informieren,
  • eine faire und angemessene Preisgestaltung für die auf ihren Plattformen vermittelten Kredite gewährleisten, also einen Preis, der das Risikoprofil und den Nettowert des Kredits widerspiegelt,
  • eine zuverlässige Bewertung des Kreditrisikos durch ausreichende Informationen als Mindestschutz für die Anleger vornehmen,
  • Kredite zu verschiedenen Zeitpunkten im Lebenszyklus des Kredits bewerten,
  • Kreditbewertungsmethoden anwenden, die dem Umfang, der Art und der Laufzeit des Kredits sowie den Merkmalen des Projekteigentümers angemessen sind,
  • und, dass sie über eine Unternehmensführung verfügen, die die Offenlegung gegenüber den Anlegern, die Kreditrisikobewertung und die Kreditbepreisung sowie den Rahmen für das Risikomanagement unterstützt.

Diese Delegierte Verordnung der Kommission tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Öffentliche Konsultationen

 

  • Europäische Kommission: Öffentliche Konsultation zum Paket zur Vereinfachung der Berichtspflichten - Änderungen der ESA-, ESRB- und InvestEU-Verordnungen. Die Frist endet am 22. Dezember 2023.
  • Kommission: Öffentliche Konsultation über die Verschiebung der Fristen innerhalb der Rechnungslegungsrichtlinie für die Annahme bestimmter Europäischen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung . Die Frist endet am19. Dezember 2023.
  • Kommission: Öffentliche Konsultation zur Benchmark-Verordnung - Überprüfung des Anwendungsbereichs und der Regelung für Referenzwerte aus Drittstaaten. Die Frist endet am22. Dezember 2023.
  • Europäische Bankaufsichtsbehörde (EBA): Öffentliche Konsultation zum EBA-Leitlinienentwurf über den Mindestinhalt der Governance-Regelungen für Emittenten von Asset-Referenz-Token. Die Frist endet am 22. Januar 2024.
  • EBA: Öffentliche Konsultation zu den Entwürfen technischer Regulierungsstandards zum Mindestinhalt der Governance-Regelungen für die Vergütungspolitik im Rahmen der Verordnung über Märkte für Krypto-Assets (MiCAR). Die Frist endet am 22. Januar 2024.
  • EBA: Öffentliche Konsultation zu Entwürfen technischer Regulierungsstandards für den Genehmigungsprozess von Whitepapers für ARTs, die von Kreditinstituten im Rahmen der Verordnung über Märkte für Krypto-Assets (MiCAR) ausgegeben werden. Die Frist endet am 22. Januar 2024.
  • Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA): Öffentliche Konsultation zum Entwurf einer technischen Empfehlung an die Europäische Kommission zu den Gebühren, die Tier 1-CCPs aus Drittländern im Rahmen von EMIR berechnet werden. Die Frist endet am10. November 2023.
  • ESMA: Stellungnahme zur Verkürzung des Abwicklungszyklus. Die Frist endet am 15. Dezember 2023.
  • ESMA: Öffentliche Konsultation zu technischen Standards zur Spezifizierung bestimmter Anforderungen der Verordnung über Märkte für Kryptoanlagen (MiCA) - zweites Konsultationspapier. Die Frist endet am 14. Dezember 2023.
  • ESMA und EBA: Öffentliche Konsultation zu den gemeinsamen EBA- und ESMA-Leitlinien zur Eignungsbeurteilung im Rahmen von MiCA. Die Frist endet am 22. Januar 2024.
  • Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA): Öffentliche Konsultation zur Beaufsichtigung von firmeneigenen (Rück-)Versicherungsunternehmen. Die Frist endet am 5. Januar 2024.
  • Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin): öffentliche Konsultation zu Entwurf des Rundschreibens Mindestanforderungen zur Umsetzbarkeit von Übertragungen in der Abwicklung (MaStrukturelle Abwicklungsinstrumente). Die Fristendet am 1.12.2023.
  • BaFin: öffentliche Konsultation zu Entwurf des Rundschreibens Mindestanforderungen an die Abwicklungsfähigkeit im Rahmen der Abwicklungsplanung (MaAbwicklungsfähigkeit). Die Frist endet am 1.12.2023.
  • BaFin: öffentliche Konsultation zu Entwurf des Rundschreibens zu den Mindestanforderungen zur Umsetzbarkeit eines Bail-in (MaBail-in). Die Frist lendet am 1.12.2023.
 

Dr. Angelina Hackmann ist Co-Head des SAFE Policy Center.