Am Ende jedes Monats beleuchtet das SAFE Regulatory Radar eine Auswahl wichtiger Neuigkeiten und Entwicklungen zur Finanzregulierung auf nationaler und EU-Ebene.
Nachhaltige Finanzen: Kommission schlägt neue Vorschriften für die nichtfinanzielle Berichterstattung von Banken, Versicherungen und Großfirmen vor
Am 21. April hat die Europäische Kommission ein umfassendes Gesetzespaket vorgestellt, um den EU-Aktionsplan für nachhaltige Finanzen umzusetzen.
Um die Effektivität von Nachhaltigkeitsberichterstattung zu erhöhen, hat die Kommission eine Vorlage für eine Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSR-Richtlinie) veröffentlicht, die die Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung (NFR-Richtlinie) ersetzt. Der Rechtsakt soll sicherstellen, dass Investoren und Anteilseigner verlässliche Informationen hinsichtlich der ESG-Faktoren (Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung) erhalten und vergleichbare Berichtspflichten innerhalb der EU etablieren.
Die Taxonomie-Verordnung legt die Anforderungen an Offenlegungen für zwei Akteursgruppen fest, die jeweils in den Anwendungsbereich der NFR-Richtlinie und der Offenlegungsverordnung SFDR (Sustainable Finance Disclosure Regulation) fallen. Letztere bezieht sich auf alle Finanzmarktteilnehmende, einschließlich institutioneller Investoren, Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM) sowie Versicherungsunternehmen.
Gemäß den NFRD-Vorschriften unterliegen Banken und Versicherungsunternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern sowie Großunternehmen den Offenlegungspflichten hinsichtlich der ESG-Kriterien. Die Vorlage der CSR-Richtlinie streicht die Schwelle der Mitarbeiteranzahl und Kriterien für große Firmen. Daher erweitert sich der Anwendungsbereich auf alle großen Unternehmen - ob sie gelistet sind oder nicht - und auf alle Unternehmen, die auf EU-regulierten Märkten gelistet sind. Lediglich gelistete Kleinstunternehmen sind ausgenommen. Betroffene Unternehmen werden ihren Investoren die Klimaauswirkungen offenlegen müssen, und wie Nachhaltigkeitsfragen das Geschäft beeinflussen. Die Kommission wird separate Berichterstattungsstandards für große sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) entwerfen.
Derzeit müssen zahlreiche Unternehmen durch die unterschiedlichen Offenlegungsstandards und -rahmenwerke viele Anforderungen erfüllen. Die vorgeschlagene CSR-Richtlinie sieht ein “One-Stop-Shop”-System vor, das für Unternehmen eine Lösung aus einer Hand bietet und den Offenlegungsprozess für Firmen erleichtert.
Das Europäische Parlament sowie der Europäische Rat werden den Vorschlag der CSR-Richtlinie prüfen. Wenn er angenommen wird, wird die Richtlinie auf im Jahr 2024 veröffentlichte Berichterstattungen anwendbar sein, bezogen auf das Geschäftsjahr 2023.
Neue Vorschrift führt technische Screening-Kriterien ein, um nachhaltiges Wirtschaften zu bestimmen
Gegenwärtig überprüfen das Europäische Parlament und der Europäische Rat den EU Taxonomy Climate Delegated Act, der die Taxonomie-Verordnung ergänzt.
Der Rechtsakt legt technische Screening-Kriterien fest, um festzustellen, ob eine Wirtschaftstätigkeit grundlegend zu den ersten beiden Umweltzielen der Taxonomie-Verordnung beitragen könnte: Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel. Der delegierte Akt umfasst wirtschaftliche Aktivitäten in Sektoren wie der Transport- und Forstwirtschaft, produzierendem Gewerbe und der Immobilienwirtschaft. Abhängig von einer spezifischen Wirtschaftstätigkeit können die technischen Screening-Kriterien in Form eines Schwellenwerts, einer relativen Verbesserung oder einer Reihe qualitativer Anforderungen eingeführt werden.
Der Rechtsakt wird ab dem 1. Januar 2022 gelten. Als ein dynamischer Akt wird er regelmäßig aktualisiert werden, um den technologischen Fortschritt widerzuspiegeln. Als nächstes wird die Kommission einen ergänzenden delegierten Rechtsakt entwerfen, der die Landwirtschaft und den Energiesektor abdeckt, sowie einen weiteren delegierten Akt, der sich auf Aktivitäten konzentriert, die einen grundlegenden Beitrag zu den weiteren vier Umweltzielen leisten: nachhaltiger Wassergebrauch, Übergang zur Kreislaufwirtschaft, Vorbeugung von Umweltverschmutzung sowie dem Schutz von Biodiversität.
Nachhaltige Finanzen: Neue Verpflichtungen für Versicherungs- und Investmentberater
Als Teil eines Gesetzespakets für nachhaltige Finanzen hat die Kommission sechs Änderungsverordnungen bezüglich Treuhandpflichten sowie der Investment- und Versicherungsberatung veröffentlicht. Die Gesetze sehen zielgerichtete Änderungen an der Finanzmarktrichtlinie (MiFID II), der OGAW-Richtlinie (Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren), der Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Richtlinie), der Solvency II-Richtlinie sowie der Versicherungsvertriebsrichtlinie vor. Die Änderungen werden sich auf die Finanzmarktbeteiligten auswirken, zum Beispiel auf Investmentfirmen, Beratungsfirmen, Vermögensverwaltungen und Versicherungen.
Die Vorschläge führen eine Definition von “Nachhaltigkeitsvorlieben” in die jeweilige Vorschrift oder Direktive ein. Über diese entscheidet der Klient, um finanzielle Instrumente, die die ESG-Charakteristika oder nachhaltige Ziele befördern, in die Investmentstrategie zu integrieren. Die Rechtsakte legen für alle betroffenen Marktbeteiligten dar, wie Nachhaltigkeitsvorlieben in der Produktüberwachung und der Unternehmensführung berücksichtigt werden müssen. Marktteilnehmende müssen eine notwendige Bewertung durchführen und nachweisen, ob sich die Nachhaltigkeitscharakteristika eines Finanzinstruments für den Zielmarkt eignen. Darüber hinaus müssen Nachhaltigkeitsrisiken abgeschätzt werden, wenn Risikomanagementverfahren festgelegt und implementiert werden und auch die organisatorischen Anforderungen eingehalten werden.
Den Rechtsakt über die Einführung von Nachhaltigkeitsfaktoren in die Product Governance-Anforderungen nach MiFID II müssen die Mitgliedsstaaten in nationales Recht umsetzen. Alle anderen delegierten Akte werden in allen EU-Staaten zwölf Monate nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union direkt anwendbar sein.
Öffentliche Konsultationen:
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Anastasia Kotovskaia ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am SAFE Policy Center und promoviert derzeit in Rechtswissenschaften an der Goethe-Universität.