SAFE Finance Blog
02 Mar 2017

BGH-Urteil zum Sonderkündigungsrecht von Bausparverträgen wirft Fragen auf

Tobias Tröger: Urteil auf Sparpläne übertragbar?

Tobias Tröger, SAFE-Professor für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, sowie Rechtstheorie an der Goethe-Universität Frankfurt, warnt vor den Folgen des aktuellen BGH-Urteils, das Bausparkassen die Kündigung von Altverträgen erlaubt. In einem Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 26. Februar kritisiert er die Einräumung eines Sonderkündigungsrechts für Altverträge als „ökonomisch kontraproduktiv“ und wirft die Frage auf, inwieweit auch andere Sparverträge von der Entscheidung des BGH betroffen sein könnten.

Das höchste deutsche Zivilgericht hatte am 21. Februar Bausparkassen das Recht zugestanden, Verträge, die mehr als zehn Jahre zuteilungsreif sind, zu kündigen. Dies wirke wie eine kostenlose Versicherung für die Kreditinstitute und erzeuge einen klassischen Fall von „moral hazard“, argumentiert der Rechtswissenschaftler. Er befürchtet, dass die Bausparkassen zukünftig keinen Anreiz mehr haben, Zinsrisiken in die Verträge einzukalkulieren, da sie in einem ungünstigen Zinsumfeld unattraktive Verträge kündigen können.

Tröger hatte bereits im vergangenen September mit seinem Kollegen Thomas Kelm in einem Beitrag für die Neue Juristische Wochenzeitschrift die massenhafte Kündigung von Bausparverträgen als „nicht rechtens“ beanstandet. Die Juristen hatten die Meinung vertreten, dass sich Kreditinstitute nicht auf das Sonderkündigungsrecht nach §489 I Nr. 2 BGB berufen können. In bestehende Vertragsbeziehungen könne nur eingegriffen werden, wenn eine ganze Branche in Schieflage gerate und die Stabilität des Finanzsystems gefährdet sei. Dafür sieht Tröger aber keine Anzeichen. Für die Beurteilung systemischer Konsequenzen sei ohnehin nicht das Zivilrecht sondern das Aufsichtsrecht, also die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), zuständig.

In Deutschland gibt es rund 30 Millionen Bausparverträge, rund 250.000 wurden bereits gekündigt.