18 Jul 2023

Policy Lunch in Brüssel: Diskussion über die Zukunft der Bankenabwicklung in der EU

Forschende und Fachleute aus der Regulierungspraxis diskutieren Reformvorschläge zum europäischen Rahmen für Krisenmanagement und Einlagensicherung

Nachdem die Europäische Kommission im April 2023 einen Vorschlag zur Reform des Rahmenwerks für Krisenmanagement und Einlagensicherung („Crisis Management and Deposit Insurance“, CMDI) vorgelegt hatte, argumentieren Rechtswissenschaftler des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE, dass der Vorschlag ein Schritt in die richtige Richtung ist, aber noch nicht ausreicht, um die bestehenden Probleme bei der Bankenabwicklung zu lösen. Um forschungsbasierte Politikberatung zu leisten, ist die Interaktion mit politischen Entscheidungsträgern und Regulierungsbehörden in Europa unerlässlich. Da der Kommissionsvorschlag einen ersten Schritt im Gesetzgebungsverfahren darstellt, lud SAFE am 3. Juli 2023 Vertreter:innen aus Industrie, Politik und Forschung, die sich mit dem Abwicklungsprozess in der Europäischen Union beschäftigen, zu einem Policy Lunch in die Hessische Landesvertretung in Brüssel ein.

SAFE-Affiliate Ioannis Asimakopolous und Tobias Tröger, Leiter des SAFE-Clusters Law & Finance, diskutierten ihre Einschätzungen des Reformvorschlags mit Samy Harraz, Leiter für Strategie, Internationale Beziehungen und Kommunikation der europäischen Abwicklungsbehörde Single Resolution Board, und Heinrich Wollny, Leiter des Referats „Abwicklung und Einlagensicherung“ der Generaldirektion Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion (FISMA) der EU-Kommission. Zahlreiche Teilnehmerinnen und Teilnehmer verfolgten Präsentation und anschließende Debatte und tauschten sich über mögliche Herausforderungen und Bedenken aus, die mit der Umsetzung des CMDI-Vorschlags nicht gelöst werden.

SAFE-Affiliate Ioannis Asimakopolous bei seiner Präsentation in Brüssel
SAFE-Affiliate Ioannis Asimakopolous bei seiner Präsentation in Brüssel zum Kommissionsvorschlag einer Reform des Rahmenwerks für Krisenmanagement und Einlagensicherung CMDI.

Die Kommission will mit ihrem Vorstoß verhindern, dass bei einer erneuten Bankenkrise Steuergelder zum Einsatz kommen. Ein einheitliches europäisches Einlagensicherungssystem („European Deposit Insurance Scheme“, EDIS), das ein weiterer Baustein zur Vollendung der Bankenunion wäre, ist politisch allerdings nur schwer durchsetzbar. Für mehr Stabilität im Falle einer Krise schlägt die Kommission daher vor, den Einsatz des europäischen Einheitlichen Abwicklungsfonds („Single Resolution Fund“, SRF) auszuweiten.

Vier Punkte stehen dabei im Fokus, die insbesondere die Abwicklungsverfahren für kleine und mittlere Banken betreffen, und deren Finanzierung flexibler gestalten sollen. Dazu gehören das frühzeitige Eingreifen und die Warnung vor ausfallenden oder ausfallgefährdeten Instituten („failing or likely to fail“, FOLTF), die Bewertung des öffentlichen Interesses („Public Interest Assessment“, PIA), die Bedingungen für den Zugang zu industriefinanzierten Sicherheitsnetzen, die Nutzung von Einlagensicherungssystemen für die Abwicklungsfinanzierung und die Harmonisierung der Einlegerpräferenzen.

Jurist Asimakopoulos ging bei der SAFE-Veranstaltung in Brüssel unter anderem auf den Vorschlag der EU-Kommission ein, die Finanzierungslücke mithilfe von Mitteln aus den Einlagensicherungssystemen zu schließen: „Um Finanzstabilität und Marktdisziplin zu erreichen, braucht es Planbarkeit,“, sagte er. Laut Asimakopoulos reicht das Auffüllen mit bis zu acht Prozent aus den Einlagesicherungssystemen möglicherweise nicht aus, der SRF sollte beispielsweise alle Finanzierungslücken decken. Zudem ging Asimakopoulos auf die Vorschläge zu den Mindestanforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten („Minimum Requirement for Own Funds and Eligible Liabilities“, MREL) ein und betonte, dass eher Vereinfachung und Standardisierung helfen würden, anstatt mehr Unsicherheit zu erzeugen.