16 Sep 2013

Orphanides: Schlechtes Krisenmanagement der EU-Staaten

Athanasios Orphanides, Professor of the Practice of Global Economics and Management an der MIT Sloan School of Management, hielt im Rahmen der SAFE Policy Lectures am 13. September einen Vortrag in Frankfurt. Gastgeber des Vortrags „The Politics of the Euro Area Crisis“ war Otmar Issing, Präsident des Center for Financial Studies.

Orphanides warnte vor, dass die Volkswirtschaften in der Eurozone seit Beginn der Finanzkrise im Jahr 2007 sich zunehmend auseinanderentwickeln. Dadurch sei langfristig das ganze Projekt der Europäischen Union gefährdet. Nach Ansicht des ehemaligen Präsidenten der Zentralbank von Zypern hätten dazu auch die nationalen Regierungen beigetragen, die bisher der effektiven Bekämpfung der Krise im Wege standen.

Als ein Beispiel für die Ungleichgewichte in der Eurozone nannte Orphanides die sehr unterschiedlichen Arbeitslosenquoten in den einzelnen Mitgliedsländern. Während die Arbeitslosigkeit in Zypern, Griechenland, Irland, Portugal und Spanien seit Beginn der Krise stark angestiegen ist, sind in Deutschland weniger Menschen arbeitslos als noch vor der Krise.

Orphanides beklagte das schlechte Krisenmanagement der europäischen Regierungen. Dies sei zum Teil auf die unvollständige Konstruktion des Euros zurückzuführen, in der kein Mechanismus zum Umgang mit Krisen vorgesehen war. Man habe schlicht darauf hoffen müssen, dass die nationalen Regierungen im Fall einer Krise zusammenarbeiten würden, um das Wohlergehen aller Mitgliedsländer zu sichern. Diese Hoffnung sei allerdings problematisch, da die Regierungen in erster Linie ihre Wähler im Blick hätten und deshalb die Interessen anderer Euro-Länder weniger in ihre Entscheidungen einbezögen.

Der Eurozone fehle es an einer übergeordneten Institution, die die Autorität besitze, um im Krisenfall Entscheidungen über die nationalen Regierungen hinweg zu treffen. Die Europäische Zentralbank (EZB) könne die politischen Probleme in der Eurozone nicht beheben. Die EZB habe den Regierungen lediglich mehr Zeit zur Krisenbewältigung verschaffen können, indem sie den unmittelbaren Zusammenbruch der Eurozone durch ihre Maßnahmen verhinderte: den Ankauf griechischer Staatsanleihen beispielsweise und das Versprechen im Rahmen des Outright Monetary Transactions Programm (OMT), auch Staatsanleihen anderer Krisenländer zu kaufen. Die Regierungen hätten den Aufschub durch die EZB jedoch nicht genutzt, sondern notwendige Entscheidungen zur Bekämpfung der Krise nur noch weiter hinausgeschoben. Dadurch seien die Kosten der Krise für die gesamte Eurozone weiter gestiegen.

Orphanides forderte die Regierungen in der Eurozone auf, einen Teil ihrer Souveränität abzugeben, um die Probleme zu beheben. Ansonsten hätten vor allem die Haushalte in den Krisenländern unter den Folgen zu leiden.

Orphanides‘ Ausführungen wurden von Gastgeber Otmar Issing und Teilen des Publikums in einigen Punkten deutlich kritisiert. So wandten sich Issing und der frühere Chefvolkswirt der EZB, Jürgen Stark, insbesondere gegen die positive Bewertung der Staatsanleihenkäufe durch die EZB. Issing bestritt zudem, dass die gute Arbeitsmarktentwicklung in Deutschland auf Kosten der südeuropäischen Länder gehe.