26 Feb 2016

Geldpolitik in der Nachbarschaft der Eurozone

Am 23. Februar hielt Thomas J. Jordan, Präsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank, eine SAFE Policy Center Lecture. Jordan erläuterte die geldpolitischen Maßnahmen der Zentralbanken verschiedener Nachbarländer der Eurozone, insbesondere der Schweiz, seit Ausbruch der globalen Finanzkrise 2008. Der Vortrag wurde von Hans-Helmut Kotz, SAFE Policy Center, moderiert.

In seinem Vortrag analysierte Jordan die Geldpolitik in vier offenen Volkswirtschaften, die über ihren Handel eng mit der Eurozone verbunden sind: der Schweiz, Schweden, der Tschechischen Republik und Dänemark. Bis auf Dänemark betreiben diese Länder eine eigenständige Geldpolitik. Da kleine offene Volkswirtschaften globalen Einflüssen ausgesetzt sind, müssten deren Zentralbanken Änderungen in der Geldpolitik der Eurozone bei ihren geldpolitischen Entscheidungen berücksichtigen.

Seit Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 habe es drei Phasen der Geldpolitik in Europa gegeben, so der Schweizer Notenbanker. Die erste Phase zwischen 2008 und 2011 sei von einem globalen Nachfrageeinbruch gekennzeichnet gewesen, der zu einer Rezession in der Eurozone führte. In diesem Zeitraum hätten die Zentralbanken in Europa vor allem konventionelle geldpolitische Instrumente eingesetzt, wie zum Beispiel Zinssenkungen oder die Bereitstellung von Liquidität.

In der zweiten Phase von 2011 bis 2014 seien Befürchtungen um den Fortbestand der Eurozone und um mögliche Auswirkungen eines Kollapses auf deren Nachbarländer entstanden. Der Aufschwung der Weltwirtschaft schwächte sich ab und die hohen Staatsschulden einiger Euro-Länder sorgten für Beunruhigung. In dieser Zeit setzten die Zentralbanken erste unkonventionelle Maßnahmen ein. Die Unsicherheiten auf den Finanzmärkten führten dazu, dass sich viele Anleger in den Schweizer Franken als „sicheren Hafen“ flüchteten und die Währung zunehmend unter Aufwertungsdruck geriet. Der Franken sei stark überbewertet gewesen, so Jordan, was dazu führte, dass sich die Konjunktur- und Inflationsaussichten in der Schweiz drastisch verschlechterten.

Die Schweizerische Nationalbank versuchte dieser Entwicklung entgegenzuwirken, indem sie zunächst mehr Liquidität zur Verfügung stellte und schließlich, als temporäre Notmaßnahme, einen Mindestkurs von 1,20 Franken pro Euro einführte. Auch die anderen Nachbarländer der Eurozone setzen in dieser Zeit unkonventionelle geldpolitische Maßnahmen ein, wie beispielsweise Negativzinsen, Devisenmarktinterventionen und quantitative Lockerungsprogramme.

In der dritten Phase, seit Mitte 2014, lockerte die EZB ihre Geldpolitik weiter. Laut Jordan sei dies für die Nachbarländer einerseits positiv gewesen, da die geldpolitischen Maßnahmen der EZB die konjunkturelle Erholung der Eurozone unterstützten, was über die realwirtschaftlichen Verflechtungen auch den Nachbarstaaten zugutekam. Andererseits erhöhte sich durch die Lockerung aber der Aufwertungsdruck auf die Währungen der Nachbarstaaten. Der Mindestkurs des Schweizer Franken geriet damit weiter unter Druck und musste schließlich Anfang 2015 aufgegeben werden. Daraufhin wertete der Franken gegenüber dem Euro noch einmal deutlich auf.

Jordan begrüßte, dass unkonventionelle geldpolitische Maßnahmen, die in Europa heute weit verbreitet seien, den geldpolitischen Spielraum der Zentralbanken vergrößert haben. Die Instrumente müssten aber stets auf ihr Kosten-Nutzen-Verhältnis geprüft werden. Wenn ein Instrument aufgrund eines veränderten Umfelds nicht mehr die angestrebte Wirkung erziele, sei die Geldpolitik entsprechend anzupassen. Dabei müssten nicht nur kurzfristig Kosten und Nutzen, sondern auch die langfristigen Konsequenzen betrachtet werden.

 

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