31 Oct 2023

Europäische Sanktionen gegen Russland verfehlen ihr Ziel

Ein SAFE Policy Letter analysiert Russlands Widerstandsfähigkeit gegen Sanktionen mithilfe von Daten aus der Zeit vor Kriegsbeginn

Seit dem Beginn der russischen Invasion der Ukraine im Februar 2022 nimmt die Europäische Union mit einer Reihe von Sanktionspaketen eine konsequente Haltung gegenüber Russland ein. Eine Analyse des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE stellt jedoch die Wirksamkeit dieser Maßnahmen in Frage. Anhand von Daten aus der Zeit vor dem Kriegsausbruch präsentiert ein SAFE Policy Letter von SAFE Research Affiliate Konstantin Egorov Anhaltspunkte dafür, dass die internationalen Sanktionen einen viel geringeren Einfluss auf die russische Wirtschaft hatten als erwartet.

Egorov nennt zwei Schlüsselfaktoren für die Widerstandsfähigkeit der russischen Wirtschaft gegen die internationalen Sanktionspakete. Erstens führte die plötzliche Schließung einer der beiden russischen Zinkproduktionsstätten im Jahr 2018 nicht zu einer Beeinträchtigung der Stahlindustrie Russlands, die in hohem Maße auf Zink als Rohstoff angewiesen ist. Als zweiten Faktor nennt Egorov einen erheblichen Anstieg der Kosten für den als Masut bekannten Brennstoff im Jahr 2020, der sich auf die Unternehmen, die diesen Brennstoff verwenden, praktisch nicht auswirkte – selbst in Regionen, in denen sich Masut nur schwer ersetzen ließ.

Die SAFE-Analyse deutet darauf hin, dass die Stabilität der gesamtwirtschaftlichen Produktion auf die große Abhängigkeit Russlands von Rohstoffen zurückgeführt werden kann. Diese sind leichter zu ersetzen als spezialisierte Produzenten. Zudem ermöglichen es die hohen Gewinnspannen vieler Rohstoffproduzenten der russischen Wirtschaft, steigenden Kosten standzuhalten.

„Es ist wichtig, zwischen den Kurz- und Langzeitfolgen der Sanktionen gegen Russland zu unterscheiden. Während die meisten Rohstoffproduzenten im Land in ihrem Tagesgeschäft keine Vorleistungsgüter benötigen, könnte es für sie auf lange Sicht schwierig werden, ihre Maschinen aufzurüsten oder zu ersetzen. Erhöhte Kosten für solche Anlagen könnten die zukünftige Geschäftstätigkeit der russischen Rohstoffhersteller stark beeinträchtigen“, erklärt Egorov.

Der SAFE Policy Letter verdeutlicht, dass im Jahr 2021 nur 6,6 Prozent der russischen Exporte und 49,3 Prozent der Importe aus hochspezialisierten Industriegütern wie Maschinen, Autos oder produktionsbezogener Ausrüstung bestanden. Der größte Teil des russischen Handels entfiel insbesondere auf Rohstoffe wie Öl und Gas, Chemikalien, Lebensmittel und Textilien. Infolgedessen konnten russische Hersteller ihre Geschäftstätigkeit leicht anpassen und die Sanktionen verfehlten ihr Ziel.

Download des SAFE Policy Letters No. 102


Wissenschaftlicher Kontakt

Konstantin Egorov, Ph.D.