14 Sep 2015

ELA-Nothilfemaßnahmen der EZB für griechische Banken waren ökonomisch richtig

Griechischer Finanzsektor grundsätzlich gesund / Institutionelle Struktur der Eurozone hat EZB zu Liquiditätshilfen gezwungen / Mehr Daten und Transparenz nötig

Die Notfallkredite der Europäischen Zentralbank (EZB) für griechische Banken waren keine „Insolvenzverschleppung“. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Untersuchung, die jetzt als SAFE Policy Paper veröffentlicht wurde. Die EZB hatte griechischen Banken im Rahmen des Emergency Liquidity Assistance-Programms (ELA) in den letzten Monaten mehr als 90 Milliarden Euro an Liquiditätshilfen zur Verfügung gestellt, um Pleiten aufgrund der Krisenreaktion griechischer Bankkunden zu verhindern. Im Zuge dessen war der Vorwurf aufgekommen, die EZB betreibe „Insolvenzverschleppung“.

Griechische Banken grundsätzlich solvent

Die Ökonomen Martin Götz, Rainer Haselmann, Jan Pieter Krahnen (Forschungszentrum SAFE, Goethe-Universität Frankfurt) und Sascha Steffen (ESMT) argumentieren in dem Papier, dass die griechischen Banken nach allen vorliegenden Daten mit ausreichend Kapital ausgestattet seien und damit als solvent gelten können. Die massiven Kapitalabflüsse in den letzten Monaten durch griechische Anleger seien allein auf die politische Unsicherheit zurückzuführen und nicht auf grundsätzliche Bedenken in Bezug auf das Geschäftsmodell einzelner Institute. Die Unterstützung durch die EZB sei daher im Sinne des „Kreditgeber der letzten Instanz“-Prinzips gerechtfertigt, da es gesunde Institute vor einer Insolvenz aufgrund nicht-rationalen Anlegerverhaltens bewahrt habe.

„Dass die EZB die Obergrenzen für die ELA-Hilfen inzwischen wieder leicht zurückfahren konnte, unterstützt unsere Argumentation“, sagte Jan Pieter Krahnen. „Ob es hierbei bleiben kann, wird auch von der Wahl am kommenden Sonntag und der damit verbundenen Unsicherheit abhängen.“

Zentralbank darf politischen Entscheidungen nicht vorgreifen

Die Frage nach der Solvenz der griechischen Banken ist aufgrund der besonderen Umstände der griechischen Schuldenkrise außerordentlich komplex. Da die griechischen Banken ihrem Staat in den letzten Jahren umfangreiche Kredite gewährt hatten, hängt ihre Solvenz aktuell von der Solvenz des griechischen Staates ab. Diese wiederum lag in den letzten Monaten in den Händen supranationaler Akteure wie insbesondere den europäischen Mitgliedstaaten und dem Internationalen Währungsfonds. Eine Insolvenz der Banken hätte die Funktionsfähigkeit der griechischen Wirtschaft und den Entscheidungsspielraum für ein Rettungspaket für Griechenland stark beeinträchtigt.

„Mit einer Beendigung der Liquiditätshilfen hätte die EZB den politischen Entscheidungsprozess auf supranationaler Ebene vorweggenommen“, heißt es in dem Papier. In ihrer Funktion als Kreditgeber letzter Instanz müsse die EZB die Solvenz nationaler Banken jedoch auf Grundlage des Status Quo bewerten und nicht berücksichtigen, wie ihr Handeln den Entscheidungsprozess auf einer übergeordneten Ebene beeinflussen wird. „Deshalb gab es für den EZB-Rat keine andere Möglichkeit als die ELA-Kredite weiter zu verlängern und auszuweiten bis eine Entscheidung auf supranationaler Ebene getroffen war.“

Marktteilnehmer brauchen mehr Transparenz

Damit die Marktteilnehmer solch komplexe Situationen in Zukunft schneller angemessen beurteilen können, fordern die Autoren die EZB auf, mehr Daten über die aktuelle Lage der Banken – zum Beispiel in Form von Stresstest-Ergebnissen – und mehr Informationen über ELA-Entscheidungen offenzulegen. Dies sei insbesondere angesichts der derzeitigen institutionellen Strukturen der Eurozone von Bedeutung, wo die Zentralbank in eine Position geraten kann, in der ihr Vorgehen als eine Vorwegnahme des politischen Entscheidungsprozesses interpretiert wird.

DOWNLOAD:

English Version: Götz, M., Haselmann, R., Krahnen, J. P., Steffen, S., "Did emerency liquidity assistance (ELA) of the ECB delay the bankruptcy of Greek banks?", SAFE Policy Letter No. 46.

Deutsche Fassung: Götz, M., Haselmann, R., Krahnen, J. P., Steffen, S., "Waren die ELA-Notkredite der EZB für griechische Banken eine Konkursverschleppung?", SAFE Policy Letter No. 47.