29 Jan 2014

Douglas Elliott diskutiert aktuelle Reformen im US-Finanzsektor

Am 23. Januar 2014 präsentierte Douglas Elliott, Fellow für wirtschaftliche Studien an der Brookings Institution und früherer Investmentbanker für Finanzinstitute bei J.P. Morgan, eine US-amerikanische Sicht auf die derzeitigen Reformen zur Verbesserung der Finanzstabilität. Zu seinem Vortrag lud das SAFE Policy Center gemeinsam mit dem Institute for Law and Finance (ILF) ein.

Elliott betonte, dass die USA bereits erhebliche Fortschritte bei der Reform des Finanzsektors gemacht hätten, auch wenn der Weg dorthin komplex und oft frustrierend sei. Durch die Finanzkrise seien viele Probleme überhaupt erst zum Vorschein gekommen. Die bereits beschlossenen regulatorischen Maßnahmen, wie der Dodd-Frank Act in den USA oder globale Standards im Rahmen von Basel III, seien jedoch geeignet, die Probleme zu lösen.

Wichtige Fortschritte seien unter anderem in folgenden Bereichen erzielt worden: Kapital, Liquidität, Verbriefungen von Krediten, Kreditbewertungen, Derivate (vor allem im Hinblick auf Gegenparteirisiken) sowie bei Regeln für die Abwicklung maroder Banken und anderer wichtiger Finanzinstitute. Elliott sprach sich deshalb gegen noch radikalere Reformen aus, wie etwa die Aufspaltung der größten US-Banken, da dabei wirtschaftlicher Schaden entstehen könnte.

Er kritisierte den Vorwurf, dass die derzeitigen Reformen hauptsächlich aus technischen Details bestünden, während man „effektive und große“ Reformen bräuchte. Diese Denkweise sei vielleicht oberflächlich betrachtet verlockend, ihre Umsetzung würde allerdings erheblichen Schaden anrichten.

Zum Beispiel dränge eine Minderheit in den USA auf eine Erhöhung des Eigenkapitals weit über das gerade vorgeschlagene zusätzliche Leverage Ratio hinaus. Elliott warnte, dass dies zu höheren Kosten für die Gesellschaft führen würde, die nicht durch ein zusätzliches Maß an Sicherheit gerechtfertigt seien.

In den USA wünschen sich nicht wenige das Glass-Steagall-Gesetz zurück, welches vorschrieb, das Investmentbanking vom Einlagengeschäft der Banken zu trennen. Elliot äußerte allerdings Zweifel, dass das Problem dadurch gelöst werden könnte: Während der Finanzkrise wären meist reine Investmentbanken oder Banken, die sich auf das traditionelle Bankgeschäft konzentrieren, in Schwierigkeiten geraten. Diversifizierte Banken hingegen hätten insgesamt besser abgeschnitten. Die Volcker-Regel war zunächst ein Versuch gewesen, das Glass-Steagall-Gesetz wiederherzustellen mit dem Ziel, Eigenhandel zu verbieten. Allerdings könne laut Elliott niemand Eigenhandel wirklich definieren und vor allem nicht sagen, welche Handelsgeschäfte unter diese Definition fallen. In der Praxis führe dies zu sehr subjektiven Beurteilungen. Um die Volcker-Regel umsetzen zu können, „müsse man Banker völlig durchschauen können, um zu erkennen warum sie tun, was sie tun“, sagte Elliott. Er betonte, dass es auch viele Beispiele für Geschäftsbanken gebe, die überhöhte Risiken eingegangen seien, beispielsweise im Zusammenhang mit Subprime-Krediten. Insgesamt sei traditionelles Banking nicht sicherer als Investmentbanking, weshalb die umgesetzten Reformen ihr Ziel verfehlten.

In der Diskussion nach dem Vortrag, die von Patrick Kenadjian, Senior Counsel im Londoner Büro von Davis Polk, moderiert wurde, kamen viele Fragen auf. Ein wichtiges Thema war die Ausweitung des Schattenbankensektors, der bis heute nur unzureichend wissenschaftlich erforscht sei. Weitere Fragen zielten auf die Anreizstrukturen der in Banken üblichen Vergütungssysteme sowie auf das Risikoverhalten der Institute. Im Publikum wurde die Hypothese geäußert, dass Regulierer davor zurückschreckten, Werturteile zu fällen. Aus diesem Grund kamen die bestehenden Gesetze nicht zur Anwendung, die vielleicht die durch das Verhalten der Banken hervorgerufene Krise hätten verhindern können. Laut Patrick Kenadjian sei dies ein Hauptgrund für die heute sehr detaillierten Bankgesetze (die Volcker-Regel allein hat einen Umfang von 950 Seiten).