04 Oct 2023

Bildung und Einkommen beeinflussen den Lebenszyklus in Deutschland unterschiedlich

Die Wahrscheinlichkeit, dass bestimmte Lebensereignisse wie Heirat, Nachwuchs, Scheidung oder Tod bei deutschen Bürgerinnen und Bürgern in einem bestimmten Alter eintreten, unterscheidet sich je nach Geschlecht, Bildungsgrad und Einkommen, hängt aber auch vom Wohnort ab

Wie wirken sich persönliche Eigenschaften wie Geschlecht, Bildungsgrad oder Einkommen auf die Wahrscheinlichkeit aus, ob und wann bestimmte Ereignisse im Leben eintreten? Eine Studie des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE hat diese Wahrscheinlichkeiten anhand von Daten des Sozio-Oekonomischen Panels (SOEP) genauer untersucht. Die beiden Autoren der Studie, Raimond Maurer und Sehrish Usman, zeigen darin, dass insbesondere Bildung und Einkommen die Wahrscheinlichkeiten, dass Personen heiraten, Kinder bekommen und spät sterben, erheblich beeinflussen.

So ist die Wahrscheinlichkeit, früh zu sterben, für Männer höher als für Frauen. Ein hohes Einkommen indes verringert das Sterberisiko für beide Geschlechter deutlich. Im Durchschnitt wird ein heute 65-jähriger Mann mit einem Jahresnettoeinkommen von weniger als 15.001 Euro(*) 70 Jahre alt, ein 65-Jähriger mit einem Einkommen von mehr als 42.000 Euro im Jahr dagegen 79 Jahre. Die Lebenserwartung von Männern mit niedrigem Einkommen ist also neun Jahre geringer als die von besser situierten Männern.

„Bei Frauen ist dieser Unterschied mit sechs Jahren etwas weniger stark ausgeprägt“, sagt Studienautor Prof. Dr. Raimond Maurer, Professor für Investment, Portfolio Management und Alterssicherung an der Goethe-Universität Frankfurt und SAFE Fellow. Eine heute 65-Jährige mit niedrigem Einkommen würde 79 Jahre alt werden, eine 65-Jährige mit hohem Einkommen hingegen 85 Jahre. „Interessant ist auch, dass Verheiratete das geringste Sterberisiko haben, verglichen mit Singles, Geschiedenen, Verwitweten oder getrennt Lebenden“, ergänzt Maurer.

Wahrscheinlichkeit für späte Heirat nimmt mit dem Bildungsgrad zu

Wie die SAFE-Studie weiterhin zeigt, nimmt die Wahrscheinlichkeit, spät zu heiraten, mit dem Bildungsgrad zu. So heiraten Frauen ohne abgeschlossene Berufsausbildung oder (Fach-)Hochschulreife und mit durchschnittlich 25 Jahren, Frauen mit (Fach-)Hochschulreife oder abgeschlossener Berufsausbildung mit 27 Jahren und Frauen mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium mit 31 Jahren. Der Unterschied im durchschnittlichen Heiratsalter beträgt demnach sechs Jahre. Bei Männern liegen die durchschnittlichen Heiratsalter der verschiedenen Bildungsgruppen bei 30, 29 und 32 Jahren.

Auch für die Wahrscheinlichkeit, Kinder zu haben, zeigt die SAFE-Studie Unterschiede zwischen den Bildungsgruppen auf. Je geringer der Bildungsgrad ist, desto früher bekommen Frauen und Männer Kinder. Erwartungsgemäß ist die Wahrscheinlichkeit, Kinder zu haben, bei verheirateten Personen höher als bei anderen Personen. Hier spielt auch der Wohnort eine Rolle: „Wir stellen fest, dass westdeutsche Bürger und Bürgerinnen im Vergleich zu ostdeutschen eine geringere Wahrscheinlichkeit haben, ein Kind zu bekommen.“, sagt Wissenschaftlerin Sehrish Usman, Ko-Autorin der Studie.

Für ihre Arbeit haben Maurer und Usman ausschließlich die Wahrscheinlichkeiten betrachtet, dass bestimmte Ereignisse im Laufe des Lebens verschiedener Gruppen von deutschen Bürgerinnen und Bürgern eintreten. Das Forschungspapier zeigt somit empirische Gegebenheiten, trifft aber keine Aussagen zu den Gründen für die beobachteten Unterschiede.

(*) Information zur Einkommensverteilung

Bei der Abfrage des Einkommens basieren die drei Einkommensgruppen („niedriges Einkommen“ bis zu jährlich 15.000 Euro, „mittleres Einkommen“ von 15.001 Euro bis 42.000 Euro, „hohes Einkommen“ mehr als 42.000 Euro) auf dem jährlichen Haushaltsnettoeinkommen, bereinigt um die Haushaltsgröße. Auf dieser Grundlage verteilt sich die Stichprobe wie folgt auf die drei Kategorien: niedriges Einkommen 7,85 Prozent (insgesamt 56.231 Personen), mittleres Einkommen 50,35 Prozent (360.685 Personen) und hohes Einkommen 41,80 Prozent (299.445 Personen).

Das SAFE Working Paper No. 399 zum Download


Wissenschaftlicher Kontakt

Prof. Dr. Raimond Maurer

SAFE Fellow