SAFE Finance Blog
29 Feb 2024

Das SAFE Regulatory Radar im Februar

Änderungen der ESG-Vorschriften, neue Regeln für das zentrale Clearing und ein Gesetz, das den Kapitalmarktzugang für KMU vereinfacht

Am Ende jedes Monats stellt das SAFE Regulatory Radar eine Auswahl wichtiger Neuigkeiten und Entwicklungen im Bereich der Finanzregulierung auf nationaler und EU-Ebene zusammen.

ESG: Neue Regeln für ESG-Ratingagenturen

Um die Zuverlässigkeit und Vergleichbarkeit von ESG-Ratings zu erhöhen, müssen Ratinganbieter die Daten und Methoden, die sie bei ihren ESG-Ratings anwenden, transparenter gestalten. Am 6. Februar 2024 einigten sich das Europäische Parlament und der Europäische Rat vorläufig auf einen Entwurf für eine Verordnung für Transparenz und Integrität von Umwelt-, Sozial- und Governance-Ratings (ESG).

ESG-Ratings bewerten die Widerstandsfähigkeit eines Unternehmens gegenüber ESG-Risiken sowie dessen Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt. Der Vorschlag soll diesen doppelten Wesentlichkeitsansatz durch Bestimmungen, die Anbietern von ESG-Ratings Anreize bieten sollen, die wesentlichen Auswirkungen des bewerteten Unternehmens auf ESG-Faktoren explizit aufzuzeigen - mehr als es derzeit der Fall ist, stärken.

Der Entwurf ändert zudem die Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor („Sustainable Finance Disclosure Regulation“, SFDR) und sieht vor, dass Finanzmarktteilnehmende und Beratende Informationen über die für ESG-Ratings angewandten Methoden in ihrer Marketingkommunikation angeben müssen.

Nach den neuen Vorschriften wird die ESMA in der EU niedergelassene Anbieter von ESG-Ratings zulassen und die Einhaltung der Transparenzanforderungen durch die Anbieter überwachen. Um neu gegründete Ratingagenturen zu unterstützen und damit den Wettbewerb zwischen den Ratinganbietern zu fördern, werden die als kleine Unternehmen oder kleine Gruppen eingestuften Anbieter in den ersten drei Jahren ihres Bestehens weniger Vorschriften unterliegen.

Die Parteien bevorzugen getrennte E-, S- und G-Ratings, obwohl sie eine einzige ESG-Kennzahl zulassen, solange die Gewichtung der E-, S- und G-Faktoren eindeutig ist. In einer SAFE-Publikation zeigt sich, dass die Heterogenität der Ratingkriterien und die Gewichtung der drei ESG-Säulen dazu führen kann, dass  Ratingagenturen die ESG-Leistung desselben Unternehmens sehr unterschiedlich bewerten. Folglich werden die Auswirkungen der Präferenzen von ESG-Investoren auf die Preise von Vermögenswerten gestreut.

Darüber hinaus einigten sich das Europäische Parlament und der Rat vorläufig auf einen Richtlinienentwurf zur Änderung der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen ("Corporate Sustainability Reporting Directive", CSRD) hinsichtlich der Fristen für die Annahme der Europäischen Nachhaltigkeitsberichtsstandards. Insbesondere wird den Unternehmen mehr Zeit eingeräumt, um sich auf die sektoralen Standards und auf die spezifischen Standards für Unternehmen aus Drittländern vorzubereiten. Mit der Richtlinie wird die Annahme der neuen Standards um zwei Jahre auf Juni 2026 verschoben.

Diese beiden vorläufigen Vereinbarungen müssen nun von beiden Organen gebilligt und förmlich angenommen werden.

EMIR: Änderungen für effektivere zentrale Gegenparteien in der EU

Neue Regeln sollen die Sicherheit und Effizienz der zentralen Gegenparteien (CCPs) in der EU erhöhen. Am 7. Februar 2024 einigten sich das Europäische Parlament und der Rat vorläufig auf eine Überarbeitung der Europäischen Marktinfrastrukturverordnung (EMIR) und -richtlinie, die Regeln für außerbörslich gehandelte (OTC-)Derivate, CCPs und Transaktionsregister enthalten.

Die Einigung enthält die Anforderung eines aktiven Kontos. Gegenparteien, die der Clearingpflicht unterliegen, sollten ein Konto bei einer EU-CCP haben und über dieses regelmäßig Geschäfte in den wichtigsten Unterkategorien von Derivaten mit erheblicher Systemrelevanz, die von der ESMA definiert wurden, abwickeln.

Hinsichtlich des Aufsichtsrahmens einigten sich die Parteien auf eine verbesserte Zusammenarbeit, Koordination und einen besseren Informationsaustausch zwischen den zuständigen nationalen Behörden (NCAs) und der ESMA. In Krisensituationen wird die ESMA die Koordinierung übernehmen, und in den Aufsichtskollegien wird die ESMA den Ko-Vorsitz übernehmen, während die nationalen Behörden in beiden Fällen die Entscheidungsbefugnis haben werden. Es wird eine zentrale Datenbank eingerichtet, um den reibungslosen und direkten Informationsfluss zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden und der ESMA zu verbessern.

Laut Vereinbarung müssen außerdem die Kund:innen von EU-CCPs und Nicht-EU-CCPs über die Möglichkeit des Clearings durch eine EU-CCP informiert werden, und die Kosten, die mit der erbrachten Dienstleistung verbundenen Risiken und das Volumen der geclearten Transaktionen offengelegt werden. Eine aktuelle Publikation von SAFE-Forscherin Loriana Pelizzon diskutiert, ob die Einführung des obligatorischen zentralen Clearings die Gegenparteirisiken auf den Derivatemärkten effektiv verringert hat und ob die Vorteile gleichmäßig auf die Marktteilnehmenden verteilt sind.

Rechtsakt zur Börsennotierung: Verbesserungen für kleine und mittlere Unternehmen

Ein neuer Rechtsakt soll den Zugang der Unternehmen zu den öffentlichen Kapitalmärkten der EU verbessern und ihnen eine breitere Diversifizierung und Ergänzung der verfügbaren Finanzierungsquellen ermöglichen. Am 1. Februar 2024 einigten sich der Rat und das Parlament vorläufig über ein  Gesetzespaket zur Börsenzulassung. Es besteht aus

Das Vorschlagspaket soll den Prozess der Börsennotierung an den EU-Börsen für EU-Unternehmen vereinfachen und optimieren, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) liegt. So werden beispielsweise der Prospektumfang begrenzt und strengere Verfahren für die Genehmigung der Prospekte eingeführt, während gleichzeitig ein hohes Maß an Transparenz und Anlegerschutz gewährleistet wird.

Der Rat und das Parlament haben sich darauf geeinigt, die Offenlegungspflichten zu präzisieren und zu reduzieren. Darüber hinaus sieht die Einigung Erleichterungen bei den Regeln für Finanzanalysen vor, um das Niveau der Analysen über KMU zu erhöhen, sowie Regeln für Wertpapierfirmen, um sicherzustellen, dass die von ihnen vertriebenen emittentengesponserten Analysen mit dem EU-Verhaltenskodex übereinstimmen.

Die vorläufige Einigung muss nun vom Rat und vom Europäischen Parlament genehmigt werden, bevor sie in Kraft treten kann.

Öffentliche Konsultationen

 

  • Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA): Öffentliche Konsultation zu Änderungen der Säule 3 des operationellen Risikos und der aufsichtlichen Meldepflichten zur Umsetzung der Basel-III-Reformen in der EU. Die Frist läuft bis zum 30. April 2024.
  • EBA: Öffentliche Konsultation zum neuen Rahmen für den Geschäftsindikator für das operationelle Risiko als Teil der Umsetzung des EU-Bankenpakets. Die Frist läuft bis zum 21. Mai 2024.
  • EBA: Öffentliche Konsultation zu Entwürfen technischer Standards für Restrisiko-Zusatzabsicherungen im Rahmen der grundlegenden Überprüfung des Handelsbuchs. Die Frist läuft bis zum 3. Mai 2024.
  • Europäische Kommission: Öffentliche Konsultation zur Verlängerung der vorläufigen Äquivalenzentscheidung unter Solvency II in Bezug auf die USA. Die Frist läuft bis zum 5. März 2024.
  • Internationale Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO): Öffentliche Konsultation zu Post-Trade Risk Reduction Services. Die Frist läuft bis zum 1. April 2024. 
  • European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG): Öffentliche Konsultation zu zwei Entwürfen für Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für kleine und mittlere Unternehmen. Die Frist läuft bis zum 21. Mai 2024.
  • BaFin: Öffentliche Konsultation zur Überarbeitung der Mindestanforderungen an das Risikomanagement. Die Frist läuft bis zum 14. März 2024.
 

Dr. Angelina Hackmann ist Co-Head des SAFE Policy Center.