SAFE Finance Blog
28 Apr 2017

Welche Folgen hätte eine Ausweitung des EZB Anleihekaufprogramms?

Jan Krahnen warnt vor negativen Auswirkungen auf Investitionen

Nach der Zinssitzung des EZB-Rates am 27. April stellte EZB-Präsident Mario Draghi die Ausdehnung des Anleihekaufprogramms sowohl im Hinblick auf Volumen als auch auf zusätzliche Asset-Klassen in Aussicht, sollten sich die wirtschaftlichen Aussichten für die Eurozone wieder verschlechtern. Dabei hat die wirtschaftliche Lage in der Eurozone zuletzt an Fahrt gewonnen, und die Kerninflation (ohne Energie und Nahrungsmittel) ließ in den vergangenen Monaten keinen eindeutigen Trend erkennen.

Ob eine zusätzliche Ausweitung der expansiven Geldpolitik den gewünschten Effekt erzielen würde, die Wirtschaft durch niedrige Zinsen mit Liquidität und mehr Kreditvolumen zu versorgen, ist unter Ökonomen umstritten. Jan Pieter Krahnen, Direktor von SAFE, fürchtet, dass eine Ausdehnung des Anleihekaufprogramms sogar den gegenteiligen Effekt haben könnte: „Eine Zinssenkung führt zu einer niedrigeren Investitionsrate, wenn die Marktteilnehmer davon ausgehen, dass die Schuldenlast des Staates und der Finanzinstitute in Zukunft zunimmt.“ Krahnen hält es für möglich, dass Marktteilnehmer ihre Investitionen aufschieben werden, wenn sie die Zinssenkung als Reaktion auf ein sich verschlechterndes wirtschaftliches Umfeld interpretieren. „Es kann sein, dass sich die makroökonomische Investitionskurve ab einem bestimmten Punkt eher zurückbiegt als stetig monoton anzusteigen“, erklärt Krahnen. In diesem Szenario würde eine Ausweitung des Anleiheprogramms infolge einer schwächelnden Wirtschaft innerhalb der Eurozone den negativen Investitionstrend verstärken.

Welchen Effekt hätte unter diesen Umständen ein – derzeit nicht abzusehender – geldpolitischer Kurswechsel der EZB? „Sollte die EZB ankündigen, die Anleihekäufe herunterzufahren, könnte das in diesem Kontext sogar positive Auswirkungen auf die Investitionstätigkeit in der Eurozone haben“, sagt Krahnen. „Allerdings“, gibt er zu bedenken, „ist es nicht das Ziel des Anleihekaufprogramm, das Wachstum anzukurbeln. Die vorrangige Aufgabe der EZB liegt in der Gewährleistung der Preisstabilität.“

Mit der Frage, wie die Wirtschaft der Eurozone auf eine weitere Ausdehnung des EZB-Anleihekaufprogramms reagieren würde, beschäftigt sich auch die aktuelle Umfrage des European IGM Economic Experts Panels der University of Chicago Booth. Die Ergebnisse des Panels, an dem namhafte Ökonomen aus ganz Europa teilnehmen, zeigen, dass in der Wissenschaft große Unsicherheit darüber herrscht, ob eine zusätzliche Verschärfung des derzeitigen geldpolitischen Kurses der EZB Erfolg verspricht. Lediglich 16 Prozent der 50 Teilnehmer gaben an, dass eine Ausweitung des Ankaufsprogramms einen positiven Effekt auf das Wirtschaftswachstum haben könnte. 18 Prozent, darunter Jan Pieter Krahnen, erwarten das Gegenteil, 42 Prozent sind sich nicht sicher, welchen Effekt diese Maßnahme haben könnte. Das European IGM Economic Experts Panel erhebt regelmäßig Einschätzungen von namhaften europäischen Ökonomen zu aktuellen wirtschaftspolitischen Themen.