SAFE Finance Blog
19 Jun 2017

Investitionen in Start-ups und Sozialunternehmen ankurbeln

Günter Franke: Regulierung sollte die Ko-Finanzierung durch Banken fördern

Der Zugang zu Finanzmitteln stellt für junge Unternehmen in der Europäischen Union noch immer eine der größten Hürden dar. Im Gegensatz zu den USA gilt der europäische Venture-Capital-Markt noch als relativ unterentwickelt. Nach Angaben der Europäischen Kommission hätten zwischen 2009 und 2014 zusätzliche 90 Milliarden Euro für die Finanzierung von europäischen Unternehmen zur Verfügung gestanden, wenn die Risikokapitalmärkte genauso weit entwickelt wären wie in den USA. Um Abhilfe zu schaffen, hat der EU-Rat gemeinsam mit dem Europäischen Parlament beschlossen, die Regulierung von Venture Capital-Fonds zu lockern (Verordnung 345/2013). Ebenso wurden die Vorschriften für Fonds, die in Sozialunternehmen investieren, gelockert (Verordnung 346/2013). Ziel ist es, Venture-Capital-Aktivitäten und Investitionen in Sozialunternehmen zu fördern. 

Die Lockerung der Vorschriften erlaubt nun Fonds jeder Größe, in junge Unternehmen und Sozialunternehmen zu investieren und erweitert den Kreis der dafür in Frage kommenden Unternehmen. Zum Schutz der Investoren sind gemäß den Verordnungen ausschließlich professionelle Investoren mit einer Mindesteinlage von 100.000 Euro zugelassen. Zusätzlich werden verschiedene Regeln für Fonds-Manager, wie beispielsweise Transparenzvorschriften, eingeführt. Die Ankurbelung der Finanzierung solcher unternehmerischen Aktivitäten ohne Intermediation von Banken soll auch die Kapitalmarktunion in Europa voranbringen.

Aus meiner Sicht ist die Lockerung der Vorschriften zur Förderung von Investitionen sinnvoll. Da Investitionen in junge Unternehmen sehr riskant sind, bieten sich Intermediäre wie Venture-Capital-Fonds an, um Investoren zu schützen und um die Manager dieser jungen Firmen zu unterstützen und zu überwachen. Solche Fonds verfolgen einen Shareholder-Value-Ansatz, d.h. die Maximierung des Marktwertes der jungen Firmen steht bei ihnen im Vordergrund.

Im Gegensatz dazu verfolgen Investoren von Sozialunternehmen einen Stakeholder-Ansatz, bei dem der soziale Mehrwert im Vordergrund steht und der Shareholder Value eher im Hintergrund. Der Stakeholder-Ansatz verringert vermutlich  die risikoadjustierte Rendite dieser Unternehmen. Auch macht es dieser Ansatz für Investoren schwierig, die Qualität des Managements von Sozialunternehmen zu beurteilen und Ineffizienzen oder gar Geldverschwendung aufzudecken. So können Manager von Sozialunternehmen stets argumentieren, dass Sozialengagement mit hohen Kosten verbunden sei. Abhilfe können hier lediglich strikte Transparenzregeln schaffen. Verlässliche quantitative Maße, die den sozialen Ertrag eines Unternehmens abbilden, sind jedoch rar. Folglich verfügen Manager von Sozialunternehmen über großen Spielraum.

Ein ähnliches Problem ergibt sich bei so genannten „nachhaltigen Investitionen“, wie eine aktuelle Umfrage der Fondsgesellschaft Union Investment zeigt. Gemäß dieser Studie beklagen auch Investoren in nachhaltige Kapitalanlagen mangelnde Transparenz – interessanterweise vor allem Großunternehmen und Banken und weniger Kirchen und Stiftungen. Erklären lässt sich dies möglicherweise mit einer geringeren Managementkompetenz in Kirchen und Stiftungen sowie geringerem Profitstreben.

Das Transparenz-Problem könnte gemildert werden, wenn Banken als Ko-Investoren mitwirken. Banken verfügen über besondere Expertise bei der Analyse der Kreditwürdigkeit eines Unternehmens in Abhängigkeit von seiner Profitabilität und – aufgrund ihres Zugangs zu mehr Firmendaten – bei der Überwachung des Schuldners und der Kreditbedienung. Zudem sind sie Experten für die Restrukturierung von notleidenden Krediten. Weniger erfahrene Investoren und Kreditgeber von Sozialunternehmen könnten von den Synergieeffekten profitieren, die mit Ko-Investments von Banken verbunden wären. Deshalb sollte der Regulierer Banken zu Ko-Investments in Sozialunternehmen ermutigen, um deren effektives Management zu fördern und gleichzeitig die europäische Kapitalmarktunion zu stärken.

Günter Franke ist Professor für Internationales Finanzmanagement an der Universität Konstanz

Mehr zu diesem Thema:Günter Franke/ Jan Pieter Krahnen: SME Funding Without Banks? On the Interplay of Banks and Markets, SAFE Working Paper No. 44.