Am Ende jedes Monats stellt das SAFE Regulatory Radar eine Auswahl wichtiger Neuigkeiten und Entwicklungen im Bereich der Finanzregulierung auf nationaler und EU-Ebene zusammen.
Anlageprodukte: Neue Vorschriften gemäß der PRIIPs-Verordnung
Am 7. September 2021 hat die Europäische Kommission eine Delegierte Verordnung verabschiedet, die die technischen Regulierungsstandards (“regulatory technical standards”, RTS) zum Basisinformationsblatt (KID) für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger:innen und Versicherungen (“packaged retail and insurance-based investment products”, PRIIPs) überarbeitet. Das Basisinformationsblatt für PRIIPs ist ein vorvertragliches Offenlegungsdokument, das die zentralen Bestandteile von Anlageprodukten zusammenfasst. Die Delegierte Verordnung soll die Vorschriften zu Anlageprodukten für Kleinanleger:innen vereinfachen und die Transparenz der offengelegten Informationen für Investoren erhöhen.
Im Detail legt die Verordnung neue Methoden zur Berechnung und Darstellung angemessener Leistungsszenarien fest, um unrealistische Renditeerwartungen von Kleinanleger:innen zu vermeiden. Die Verordnung enthält darüber hinaus überarbeitete zusammenfassende Kostenindikatoren und modifiziert die Berechnung von Transaktionskosten, um praktische Schwierigkeiten zu beheben, die bei der Anwendung der bestehenden Vorschriften auf bestimmte Arten von zugrundeliegenden Investments auftreten.
Gemäß der aktuellen Verordnung müssen Fondsmanager:innen zusätzlich standardisierte Produktprospekte (“key investor information documents”, KIID) für bestimmte Arten von Anlagen gemäß der Richtlinie zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), alternative Fonds für Privatanleger:innen und versicherungsbasierte Anlageprodukte vorbereiten. Beide Basisinformationsblätter – KID und KIID – enthalten eine Beschreibung wesentlicher Merkmale eines Fonds. Allerdings könnte es Anleger:innen verwirren, wenn sie für ein und dasselbe Produkt beide Informationsblätter erhalten. Um diesem Sachverhalt vorzubeugen, führt die Verordnung genauer aus, dass, sobald bereits ein KID bereitgestellt worden ist, die Anforderungen des alten KIID automatisch erfüllt sind. Darüber hinaus gestattet die Verordnung bestimmten PRIIPs-Herstellenden, das alte Format weiterhin bis zum 30. Juni 2022 zu verwenden.
Die Verordnung wurde dem Europäischen Parlament und Rat vorgelegt. Nach der formellen Verabschiedung wird sie verbindlich und in allen Mitgliedsstaaten direkt angewendet.
Stresstests: Aktualisierte Richtlinien zu Einlagensicherungssystemen
Am 15. September 2021 hat die Europäische Bankenaufsicht (EBA) überarbeitete Richtlinien zu den Stresstests der nationalen Einlagensicherungssysteme (“Deposit Guarantee Schemes”, DGSs) veröffentlicht. Die Änderungen sind ab demselben Tag gültig und zielen darauf ab, die Richtlinie über Einlagensicherungssysteme (“Deposit Guarantee Schemes Directive”, DGSD) einheitlich anzuwenden und die Vergleichbarkeit der Stresstestergebnisse sicherzustellen. Darüber hinaus verlangen die überarbeiteten Richtlinien von DGSs nicht nur, Einleger:innen zu refinanzieren, sondern auch den rechtzeitigen Zugriff der Einleger:innen auf Ex-ante- und Ex-post-Finanzierungsmittel. Der umfassendere Stresstest-Rahmen für nationale DGSs soll das Vertrauen der Einleger:innen in die Rechtslage stärken. DGSs spielen eine wichtige Rolle für den Anlegerschutz und die Verhinderung von Bank-Runs, indem eine angemessene und rechtzeitige Reaktion auf Notlagen im Finanzsystem gewährleistet wird. Die DGSs werden vollständig von Banken finanziert und decken Einlagen von bis zu 100.000 Euro pro Kreditinstitut ab.
Gemäß der DGS-Richtlinie müssen nationale DGSs ihre Systeme mindestens alle drei Jahre einem Stresstest unterziehen. Stresstests sind notwendig, um zu bewerten, ob die Betriebs- und Finanzierungskapazitäten der DGSs ausreichen, um den Einlagenschutz im Falle einer Bankenpleite zu gewährleisten.
Diese überarbeiteten, nicht-verbindlichen Richtlinien spezifizieren die methodischen Grundsätze und erweitern den Anwendungsbereich von DGS-Stresstests. Zum Beispiel sehen die Richtlinien vor, dass DGSs ihre Fähigkeit testen müssen, alle Maßnahmen aus ihrem gesetzlichen Mandat zu erfüllen sowie auf alle Finanzierungsquellen zugreifen zu können, einschließlich außerordentlicher nachträglicher Beiträge und alternativer Finanzierungsquellen. Darüber hinaus müssen die Stresstests nach den überarbeiteten Vorschriften Szenarien mit verschiedenen unvorhergesehenen Schocks für die Wirtschaft beinhalten, wie zum Beispiel eine Pandemie, Streiks oder IT-Störungen.
Großkreditobergrenze: Leitlinien, um Überschreitungen zu bewerten
Am 15. September veröffentlichte die EBA finale Leitlinien zu den Bewertungskriterien für Ausnahmefälle von Überschreitungen der Großkreditgrenzen, zur Meldung an die zuständigen Behörden und zu Maßnahmen, die Grenzwerte zeitnah wieder einzuhalten. Nach der Kapitaladäquanzverordnung muss ein Kreditinstitut, das ausnahmsweise die Obergrenzen für Großkredite überschreitet, den Wert des Kredits unverzüglich der zuständigen nationalen Behörde melden, die der Bank gestatten kann, die Obergrenze im Einzelfall für einen bestimmten Zeitraum zu überschreiten. Die Leitlinien zielen darauf ab, einen einheitlichen Ansatz für die Bewertung durch die nationalen Aufsichtsbehörden festzulegen.
Die Leitlinien enthalten zum einen Kriterien, mit denen die Ausnahmefälle bestimmt werden. Dazu gehören die Häufigkeit und Planbarkeit von Überschreitungen sowie Gründe, die sich der Kontrolle der Bank entziehen und die es ihr unmöglich gemacht haben, die Überschreitung zu verhindern. Zum anderen legt die EBA fest, welche Informationen im Falle eines Verstoßes zur Verfügung gestellt werden müssen. Neben der Höhe der Überschreitung müssen das Ausmaß des Verstoßes im Verhältnis zum Kernkapital Tier 1, die bereits durchgeführten oder geplanten Abhilfemaßnahmen sowie die Gründe für den Verstoß detailliert dargelegt werden. Schließlich benennen die Leitlinien auch Kriterien, um den angemessenen Zeitraum bis zur Wiedereinhaltung der Vorschriften zu bestimmen, zusammen mit den möglichen Grenzen und Maßnahmen.
Diese nicht verbindlichen Leitlinien gelten ab dem 1. Januar 2022. Die nationalen Aufsichtsbehörden müssen der EBA innerhalb von zwei Monaten mitteilen, ob sie die Leitlinien einhalten oder nicht.
Öffentliche Konsultationen:
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Anastasia Kotovskaia ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am SAFE Policy Center und promoviert derzeit in Rechtswissenschaften an der Goethe-Universität.