SAFE Finance Blog
31 May 2022

Das SAFE Regulatory Radar im Mai

Vorschläge für die Offenlegung von Anlageprodukten für Kleinanleger und Versicherungen, steuerlicher Anreiz für Eigenkapital und einheitliche Regeln für die Nicht-Banken-Kreditvergabe

Am Ende jedes Monats beleuchtet das SAFE Regulatory Radar eine Auswahl wichtiger Neuigkeiten und Entwicklungen zur Finanzregulierung auf nationaler und EU-Ebene.

Vorgeschlagene Änderungen zur Verbesserung der Offenlegung von PRIIPs und zur Stärkung des Investorenschutzes

Am 3. Mai 2022 veröffentlichten die drei europäischen Aufsichtsbehörden (ESAs), die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA), die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersvorsorge (EIOPA) und die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), ihr gemeinsames fachliches Gutachten für die Europäische Kommission zur Überprüfung der Verordnung für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte (PRIIPs-Verordnung). Das Gutachten enthält Empfehlungen, die darauf abzielen, die Transparenz und Vereinfachung der den Verbraucher:innen zur Verfügung gestellten Informationen zu verbessern und einen leichteren Vergleich zwischen verschiedenen Anlageprodukten zu ermöglichen.

Die EU-Kommission hat die ESAs damit beauftragt, zu prüfen, wie das Schlüsselinformationsdokument (KID) im Zusammenhang mit der Einführung des einheitlichen europäischen Zugangspunkts („European Single Access Point“) angepasst werden kann, einer Plattform für den Zugang zu allen Daten über Finanzdienstleistungen, die Unternehmen und zuständige Behörden veröffentlichen müssen. Die Einzelheiten des ESAP als zentralem Bestandteil der jüngsten Überprüfung der Kapitalmarktunion wurden im SAFE Regulatory Radar im Dezember 2021 dargelegt.

Die ESAs empfehlen, die Möglichkeiten der digitalen Offenlegung zu nutzen, und Informationen in einem gestaffelten Format bereitzustellen. Die Aufsichtsbehörden begrüßen vor allem im Leistungsabschnitt mehr Flexibilität bei den im KID enthaltenen Informationen. In den technischen Hinweisen werden unterschiedliche Ansätze für verschiedene Produkttypen vorgeschlagen, um sicherzustellen, dass Kleinanleger:innen sie richtig verstehen. Zu den Empfehlungen gehört auch die Einführung eines neuen Abschnitts im KID, der insbesondere die Nachhaltigkeitsziele hervorhebt.

Dementsprechend veröffentlichte die ESMA am 29. April 2022 einen Abschlussbericht mit fachlichen Empfehlungen zu bestimmten Aspekten des Kleinanlegerschutzes im Rahmen von MiFID II. In ihrem Bericht fordert die ESMA, dass die Offenlegungsdokumente maschinenlesbar sein müssen, um benutzerfreundliche, durchsuchbare Datenbanken zu schaffen. Die fachliche Empfehlung schlägt auch die Ausarbeitung eines EU-Standardformats für Informationen über Kosten und Gebühren sowie die Vereinheitlichung der Offenlegung von Informationen im Einklang mit der MiFID und dem KID des PRIIPs vor. Darüber hinaus betont die ESMA, wie wichtig der richtige Umgang mit irreführenden Marketingkampagnen in den sozialen Medien und aggressiver Marketingkommunikation ist.

Beide Dokumente mit fachlichen Ratschlägen wurden der EU-Kommission vorgelegt und sollen als Grundlage für die Entwicklung der Investitionsstrategie für Kleinanleger:innen zum Aufbau eines kohärenten Rechtsrahmens dienen.

EU-Kommission schlägt steuerliche Anreize für Eigenkapital vor

Am 11. Mai hat die Europäische Kommission einen Freibetrag als Anreiz gegen eine Bevorzugung der Fremd- gegenüber der Eigenkapitalfinanzierung (DEBRA) vorgeschlagen. Mit dem Vorschlag werden zwei Ziele verfolgt: Europäische Unternehmen sollen widerstandsfähiger und der Zugang zu Finanzmitteln, insbesondere für Start-Ups und kleine sowie mittlere Unternehmen (KMU), soll erleichtert werden. Mehr Eigenkapital würde auch Investitionen in innovative Technologien erleichtern und den ökologischen und digitalen Wandel unterstützen. DEBRA ist Teil der EU-Strategie zur Unternehmensbesteuerung, die zur Kapitalmarktunion beiträgt und die Integration der nationalen Kapitalmärkte in einen Binnenmarkt fördert.

Der Vorschlag sieht einen Freibetrag vor, mit dem Eigenkapital steuerlich genauso behandelt wird wie Fremdkapital. Der Freibetrag für Eigenkapital wird durch Multiplikation der Freibetragsbasis mit dem entsprechenden fiktiven Zinssatz berechnet. Die Bemessungsgrundlage wiederum entspricht der Differenz zwischen dem Eigenkapital am Ende des Steuerjahres und dem Eigenkapital am Ende des vorangegangenen Steuerjahres, also dem Anstieg des Eigenkapitals im Vergleich zum Vorjahr. Der relevante fiktive Zinssatz ist eine Summe aus dem währungsspezifischen risikofreien Zinssatz und einem Risikoaufschlag. Die Risikoprämie wird auf ein Prozent beziehungsweise 1,5 Prozent für KMU festgelegt.

Als Nächstes wird der Legislativvorschlag vom Rat und vom Europäischen Parlament geprüft.

EBA empfiehlt Verbesserung des Regulierungssystems für Nicht-Banken-Kredite

Am 4. Mai veröffentlichte die EBA einen Bericht über die Kreditvergabe an Nicht-Banken. Die Europäische Kommission hat die EBA beauftragt, die derzeitige Regulierungslandschaft für die Kreditvergabe an Nicht-Banken als Teil der digitalen Finanzstrategie zu untersuchen.

Die Empfehlungen der EBA zielen darauf ab, Risiken, die sich aus der Kreditvergabe durch Nicht-Banken ergeben, in den Bereichen Aufsicht, Verbraucherschutz, Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (AML/CFT) sowie makro- und mikroprudenzielle Risiken anzugehen.

Die EBA betont die Notwendigkeit, die national fragmentierten Regulierungssysteme für die Kreditvergabe an Nicht-Banken zu überwinden, damit FinTechs, BigTechs und andere nicht-traditionelle Anbieter erfolgreiche Geschäftsmodelle entwickeln und den Wettbewerb auf dem Markt erhöhen können.

Erstens schlägt die EBA vor, die Offenlegungsanforderungen für die Kreditvergabe an Nichtbanken anzupassen, und sicherzustellen, dass die Anforderungen fair und wirksam sind, sowie die Verschärfung der Anforderungen an die Bonitätsprüfung. Zweitens wird in dem Bericht empfohlen, die Genehmigungs- und Zulassungsvorschriften zu überprüfen und die Aufsichtszuständigkeiten bei der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen zu klären. Drittens müssen die Überwachungs- und Berichtsrahmen auf EU-Ebene vereinheitlicht werden, um makroprudenzielle Risiken zu minimieren. Schließlich schlägt die EBA vor, einen Mechanismus auszuarbeiten, der alle Nicht-Bank-Kreditgeber in den EU-weiten AML/CTF-Rahmen einbezieht.

Die EU-Kommission wird diese Empfehlungen prüfen und die erforderlichen Legislativvorschläge ausarbeiten.

Öffentliche Konsultationen:

  • Europäische Kommission: Öffentliche Konsultation zu Kleinanleger:innen und einem neuen Maßnahmenpaket für eine stärkere Beteiligung der Verbraucher:innen an den Kapitalmärkten. Die Frist für die Beantwortung der Aufforderung zur Stellungnahme endet am Dienstag, den 31. Mai 2022.
  • Europäische Kommission: Öffentliche Konsultation zur überarbeiteten Zahlungsdienstrichtlinie (P2D2) und Open Finance. Die Frist für Kommentare zur Konsultation endet am Dienstag, den 2. August 2022.
  • Europäische Aufsichtsbehörden (ESAs): Öffentliche Konsultation zur Einreichung von Beiträgen zu Entwürfen technischer Regulierungsstandards (RTS) über den Inhalt, die Methodik und die Darstellung von Informationen in Bezug auf Nachhaltigkeitsindikatoren für einfache, transparente und standardisierte (STS) Verbriefungen. Die Frist endet am Samstag, den 2. Juli 2022.
  • Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA): Öffentliche Konsultation über die Rolle von Umweltrisiken im Aufsichtsrahmen für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen. Die Frist endet am Dienstag, den 2. August 2022.
  • EBA: Öffentliche Konsultation zu den Entwürfen technischer Durchführungsstandards (IST), in denen die Vorlagen festgelegt werden, die Kreditinstitute für die Bereitstellung von Informationen an Kreditkäufer beim Verkauf oder bei der Übertragung notleidender Kredite (NPL) für die Zwecke der finanziellen Sorgfaltspflicht und der Bewertung von NPL verwenden müssen. Die Frist endet am Mittwoch, den 31. August 2022.
  • Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA): Konsultationspapiere zu den vorgeschlagenen Leitlinien für das Abwicklungssystem für zentrale Gegenparteien (CCP) in der EU. Die Frist endet am Montag, den 1. August 2022.
  • ESMA: Öffentliche Konsultation zu den Informationen und Vorlagen, die von Firmen zur Verfügung zu stellen und zu verwenden sind, wenn sie die Regulierungsbehörden über ihre grenzüberschreitenden Vertriebs- und Verwaltungstätigkeiten gemäß der OGAW-Richtlinie und der AIFMD informieren. Die Frist endet am Freitag, den 9. September 2022.
  • Financial Stability Board (FSB): Öffentliche Konsultation zu den Empfehlungen, um die Aufsichtsbehörden bei der Entwicklung ihrer Ansätze zur Überwachung, Steuerung und Minderung sektorübergreifender und systemweiter Risiken, die sich aus dem Klimawandel ergeben, zu unterstützen und einheitliche Ansätze über Sektoren und Rechtsordnungen hinweg zu fördern. Die Frist endet am Dienstag, den 30. Juni 2022.
 

Anastasia Kotovskaia ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am SAFE Policy Center und promoviert derzeit in Rechtswissenschaften an der Goethe-Universität Frankfurt.