SAFE Finance Blog
31 Jul 2020

Das SAFE-Regulatory Radar im Juli 2020

Im Juli traten Änderungen der Kapitaladäquanzverordnung, der so genannte CRR Quick Fix, in Kraft und die Europäische Zentralbank sowie die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde gaben neue Richtlinien heraus

Am Ende jedes Monats beleuchtet das SAFE Regulatory Radar eine Auswahl wichtiger Nachrichten und Entwicklungen zur Finanzregulierung auf nationaler und EU-Ebene.

Bankenunion: Änderungen der EU-Bankenvorschriften zur Milderung der wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus

Am 24. Juni 2020 verabschiedeten das Europäische Parlament und der Rat eine Verordnung, die gezielte Änderungen der Kapitaladäquanzverordnung (CRR2) vorsieht, die so genannte CRR Quick Fix. Die neuen Änderungen zielen darauf ab, die Kreditvergabe durch Banken in der EU zu erleichtern, um die schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie abzuschwächen.

Eine dieser Änderungen stellt die Anwendung des neuen Leverage-Ratio-Puffer für globale systemisch wichtige Institutionen (G-SII) um ein Jahr bis Januar 2023 zurück, damit die Banken den Wert neuer Kredite erhöhen können. Durch den CRR Quick Fix werden auch bestimmte Zentralbankrisikopositionen aus der Berechnung der Verschuldungsquote (Leverage Ratio) ausgeschlossen, darunter Reserven oder Einlagen bei Zentralbanken. Die Zustimmung unterliegt den national zuständigen Behörden. Darüber hinaus wurde die Übergangsregelung der internationalen Rechnungslegungsstandards 9 (International Financial Reporting Standard, IFRS 9) um zwei Jahre verlängert. Dies federt den erwarteten Anstieg der Rückstellungen für Kreditverluste ab, der sich aus der Anforderung ergibt, erwartete Kreditverluste anstelle von eingetretenen Kreditverlusten nach IFRS 9 zu verbuchen. Darüber hinaus erweitern die überarbeiteten Regeln die gewährte Vorzugsbehandlung im Rahmen der aufsichtsrechtlichen Backstop-Funktion (Ausgleichfunktion) der Kapitaladäquanzverordnung für notleidende, vom öffentlichen Sektor garantierte Forderungen (Non-Performing Exposures) und sehen eine vorübergehende Vorzugsbehandlung von Forderungen an Zentralstaaten und Zentralbanken von Mitgliedsstaaten vor, die auf die Währung eines anderen Mitgliedsstaates lauten. Dieses Verfahren gilt bis zum 31. Dezember 2024. Weitere Änderungen erweitern einen Faktor zur Unterstützung von KMU und zur Unterstützung von Infrastruktur, der ein günstigeres Verfahren von bestimmten Risikopositionen von KMU ermöglicht, schließen Überschreitungen bei der Berechnung des Rückvergleichs (Backtesting) aus und führen einen aufsichtsrechtlichen Filter für Staatsanleihen ein, der es den Instituten ermöglicht, nicht realisierte Gewinne und Verluste aus den Beständen der Banken an öffentlichen Schuldtiteln aus der Berechnung ihrer Common Equity Tier 1 (CET1)-Positionen herauszunehmen.

Ab dem 27. Juni 2020 ist die Verordnung in allen Mitgliedsstaaten direkt anwendbar, mit Ausnahme des überarbeiteten Mechanismus zum Ausgleich der Leverage Ratio, der ab dem 28. Juni 2021 gelten wird.

Finanzaufsicht: Leitlinie der EZB zur Definition des Ausfalls für weniger bedeutende Kreditinstitute

Am 8. Juli 2020 veröffentlichte die EZB eine Leitlinie zur Definition der Wesentlichkeitsschwelle für weniger bedeutende Kreditinstitute, die direkt von den nationalzuständigen Behörden (NCA) beaufsichtigt werden. Die Wesentlichkeitsschwelle bezieht sich auf den Punkt, von dem an ein Schuldner in Verzug mit seinem Kredit gilt. Gemäß der Kapitaladäquanzverordnung (Capital Requirements Regulation, CRR) sind die national zuständigen Behörden verpflichtet, diese Schwelle für weniger bedeutende Banken festzulegen. Im Einzelnen gleicht die Richtlinie die Wesentlichkeitsschwelle für weniger bedeutende Banken an die Vorschriften für Banken an, die durch den einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism, SSM) geprüft werden.

Die national zuständigen Behörden müssen der Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) bis spätestens 31. Dezember 2020 mitteilen, ob sie diese unverbindlichen Leitlinien einhalten oder einzuhalten beabsichtigen.

Kapitalmarktunion: ESMA-Leitlinien zu Offenlegungsanforderungen nach der Prospektverordnung

Am 15. Juli 2020 legte die European Securities and Markets Authority (ESMA) endgültige Leitlinien zu den Offenlegungsanforderungen gemäß der Prospektverordnung vor. Der Zweck der Prospektverordnung besteht darin, einen einfachen Offenlegungsrahmen für in Frage kommende Emittenten in einem standardisierten Format bereitzustellen. Anlegern den Zugang zu den Prospekten zu erleichtern, trägt somit zu einem stärkeren Anlegerschutz bei.

Die Richtlinien ersetzen die Empfehlungen, die 2005 angenommen wurden und sind mit der seit dem 21. Juli 2019 geltenden Regelung der Prospektverordnung abgestimmt. Die Richtlinien sollen sicherstellen, dass die Marktteilnehmer ein einheitliches Verständnis der einschlägigen Offenlegungsanforderungen haben, sowie die zuständigen nationalen Behördenbei der Beurteilung der Informationen in Prospekten zu unterstützen.

Das Dokument enthält Leitlinien für die Offenlegung finanzieller und nichtfinanzieller Informationen im Prospekt, einschließlich Pro-forma-Informationen, Angaben zum Betriebskapital, Kapitalisierung und Verschuldung, historische Finanzinformationen und andere Themen. Die ESMA verfolgte eine neue Politik, die mehrere Transaktionen zusammenfasst, und damit einen stärkeren Anlegerschutz ermöglicht. Die ESMA bietet auch mehr Orientierung darüber, wann es angemessen ist, die Erlöse aus einem Angebot in die Berechnung des Betriebskapitals eines Emittenten einzubeziehen, um jegliches Risiko einer Irreführung der Anleger auszuschließen.

Sobald die Leitlinie in alle Amtssprachen der EU übersetzt ist, wird die ESMA die konsistente Anwendung dieser unverbindlichen Leitlinien durch die national zuständigen Behörden voranbringen.

Aktuelle öffentliche Konsultationen

  • Europäische Kommission: Öffentliche Konsultation zu wesentlicher Elementen des Aufsichtsrahmens für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen im Rahmen der Solvency-II-Richtlinie. Die Frist läuft bis Mittwoch, 21. Oktober 2020.
  • EZB: Öffentliche Konsultation zu einem Leitfaden, der ihren aufsichtsrechtlichen Ansatz bei Konsolidierungsprojekten, an denen Banken der Eurozone beteiligt sind, verdeutlichen soll. Die Frist läuft bis Donnerstag, den 1. Oktober 2020.
  • ESMA: Öffentliche Konsultation zum Entwurf eines Leitfadens zur Berechnung der Positionen von Transaktionsregistern (TRs) gemäß der Verordnung über Wertpapierfinanzierungsgeschäfte (SFTR). Die Frist läuft bis Dienstag, den 15. September 2020.
  • Internationale Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO): Öffentliche Konsultation über den Einsatz von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen durch Marktvermittler und Vermögensverwalter. Die Frist läuft bis Montag, 26. Oktober 2020.
  • Rat für Finanzstabilität (FSB): Öffentliche Konsultation zur Bewertung von Too-big-to-fail-Reformen (TBTF) für systemisch wichtige Banken. Die Frist läuft bis Mittwoch, 30. September 2020.

Anastasia Kotovskaia ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am SAFE Policy Center und promoviert derzeit an der Goethe-Universität in Rechtswissenschaften.