Am Ende jedes Monats stellt das SAFE Regulatory Radar eine Auswahl wichtiger Neuigkeiten und Entwicklungen im Bereich der Finanzregulierung auf nationaler und EU-Ebene zusammen.
BRRD/ SRMR: Neue Richtlinie zu indirekten Zeichnungsketten
Am 26. März 2024 verabschiedete der Rat der EU die sogenannte „Daisy-Chains“-Richtlinie zur Änderung der Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten (Bank Recovery and Resolution Directive, BRRD) und der Verordnung über den einheitlichen Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism Regulation, SRMR). Die Kommission hat in der Vergangenheit ein Legislativpaket, die sogenannte Reform des Rahmens für Krisenmanagement und Einlagensicherung (Crisis Management and Deposit Insurance framework, CMDI), verabschiedet, das Änderungen der BRRD und der SRMR vorsieht. Als Teil des CMDI-Pakets hatte die Kommission auch eine gezielte Änderung der BRRD und der SRMR als separates Rechtsinstrument (den „Daisy Chains-Vorschlag“) angenommen, um spezifische Fragen im Zusammenhang mit der Behandlung von „internen MREL“ (Mindestanforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten) zu adressieren. Wird ein MREL-Instrument von einer Tochtergesellschaft innerhalb einer Bankengruppe emittiert und direkt oder indirekt von der Muttergesellschaft gezeichnet, spricht man von einem „internen MREL“. Im SAFE White Paper Nr. 92 werden die Inhaber von MREL, wie Privatkunden und Interbanken, analysiert.
Am 6. Dezember 2023 haben der Rat und das Parlament eine vorläufige Einigung über den Vorschlag erzielt. Der Daisy-Chains-Vorschlag wurde den gesetzgebenden Organen als eigenständiges Rechtsinstrument vorgelegt, um seine Verabschiedung vor den anderen Vorschlägen der CMDI-Überprüfung zu beschleunigen. Weitere Informationen zum Daisy-Chains-Vorschlag sind auch im SAFE Regulatory Radar vom November und April 2023 zu finden.
Die neue Richtlinie verfolgt zwei Ziele. Das erste Ziel ist die Unterstützung einer effektiven Abwicklung: Die BRRD verlangt von Banken und anderen Kreditinstituten mit Sitz in der EU die Einhaltung einer Mindestreservepflicht, um eine effektive und glaubwürdige Anwendung des Bail-in-Instruments zu gewährleisten. Die Nichteinhaltung der Mindestreservepflicht kann sich negativ auf die Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungsfähigkeit von Instituten und letztlich auf die allgemeine Abwicklungseffizienz auswirken. Im Falle einer internen MREL muss das zwischengeschaltete Tochterunternehmen seine Bestände an internen MREL von seinen Eigenmitteln abziehen, um die Integrität und Verlustabsorptionsfähigkeit der MREL-Instrumente zu gewährleisten.
Zweitens sollen die neuen Vorschriften unverhältnismäßige Auswirkungen vermeiden: Nach einer Analyse kam die Kommission zu dem Schluss, dass die Anwendung der Abzugspflicht für interne MREL unverhältnismäßig nachteilige Auswirkungen auf bestimmte Strukturen von Bankengruppen haben könnte, insbesondere auf solche, die unter einer Mutter-Holdinggesellschaft operieren, und auf bestimmte Strukturen von operativen Gesellschaften. Mit den neuen Vorschriften sollen die Abwicklungsbehörden die Befugnis erhalten, die interne MREL unter bestimmten Voraussetzungen auf konsolidierter Basis festzulegen. Erlaubt die Abwicklungsbehörde einer Bankengruppe eine solche konsolidierte Behandlung, sind die zwischengeschalteten Unternehmen nicht verpflichtet, ihre individuellen Bestände an internen MREL abzuziehen, wodurch die von der Kommission festgestellten nachteiligen Auswirkungen vermieden werden. Darüber hinaus führen die neuen Vorschriften eine besondere MREL-Behandlung für „Abwicklungsanstalten“ ein.
Dies ist der letzte Schritt im Annahmeverfahren. Die Richtlinie tritt 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft.
MiCA: Endgültige Regeln für Krypto-Asset-Dienstleister
Am 25. März 2024 veröffentlichte die Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA den ersten Abschlussbericht im Rahmen der Verordnung über Märkte für Kryptoassets (Markets in Crypto-Assets, MiCA).
Der Bericht zielt darauf ab, Klarheit und Vorhersehbarkeit, einen fairen Wettbewerb zwischen Krypto-Asset-Dienstleistern (crypto-asset service providers, CASPs) und ein sichereres Umfeld für Anleger in der gesamten Union zu fördern.
Der Bericht enthält Vorschläge zu den Informationen, die für die Zulassung von Anbietern von Kryptowerte-Dienstleistungen erforderlich sind, zu den Informationen, die erforderlich sind, wenn Finanzunternehmen ihre Absicht mitteilen, Kryptoanlagedienstleistungen zu erbringen, zu den Informationen, die erforderlich sind, um den beabsichtigten Erwerb einer qualifizierten Beteiligung an einem Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen zu bewerten, und dazu, wie Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen mit Beschwerden umgehen sollten.
ESMA hat der Kommission den Abschlussbericht vorgelegt und wird auf Anfrage der Kommission weitere Beratung und technische Leitlinien in diesem Bereich zur Verfügung stellen.
IFR: Neue finale Leitlinien zum Gruppenkapitaltest für Wertpapierfirmengruppen
Die Bankenaufsichtsbehörde EBA hat am 11. April 2024 ihre endgültigen Leitlinien zur Anwendung des Gruppenkapital-Tests für Wertpapierfirmengruppen veröffentlicht.
Mit diesen Leitlinien soll die Anwendung des Gruppenkapital-Tests in der EU gemäß Artikel 8 der Wertpapierfirmenverordnung IFR (EU) 2019/2033 harmonisiert werden. Die EBA hat die Leitlinien im Auftrag ihrer Gründungsverordnung unabhängig erstellt und richtet sich an die zuständigen Behörden bzw. Finanzinstitute, um innerhalb des Europäischen Finanzaufsichtssystems kohärente, effiziente und wirksame Aufsichtspraktiken zu etablieren und das EU-Recht einzuhalten.
Die Leitlinien umfassen sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte. In quantitativer Hinsicht legen sie unter anderem die Anzahl der Unternehmen und Ebenen innerhalb einer Gruppe fest. In qualitativer Hinsicht betonen sie die Notwendigkeit einfacher Kapitalbeziehungen und einer klaren Eigentümerstruktur. Die Leitlinien enthalten auch eine Methodik, die die zuständigen Behörden bei der Beurteilung der Angemessenheit der Eigenkapitalanforderungen von Drittlandsunternehmen in EU-Gruppen unterstützen soll.
Öffentliche Konsultationen
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Wolfram Stein ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der SAFE-Forschungsabteilung Financial Intermediation sowie im SAFE Policy Center.