Am Ende jedes Monats beleuchtet das SAFE Regulatory Radar eine Auswahl wichtiger Nachrichten und Entwicklungen zur Finanzregulierung auf nationaler und EU-Ebene
Zentrale Gegenparteien: ESMA veröffentlicht technische Standards zur Erweiterung der Aktivitäten und des Validierungsprozesses für CCPs
Am 8. April 2021 hat die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) mit dem Europäischen System der Zentralbanken (ESZB) einen endgültigen Entwurf technischer Regulierungsstandards (RTS) für Änderungen an Dienstleistungen und Modellen zentraler Gegenparteien (CCPs) vorgelegt.
Die Regulierungsstandards zielen darauf ab, einheitliche Verfahren und einen konsistenten Ansatz in der EU zu etablieren, indem die Bestimmungen der europäischen Marktinfrastrukturverordnung (EMIR) präzisiert werden. Insbesondere führen die Standards die Kriterien für die Erweiterung der Autorisierung der CCPs ein, die eine neue Art von Finanzprodukten, eine Kategorie eines Instruments, eine Art von Transaktion und Zahlungen in einer neuen Währung umfassen. In einem weiteren Teil der Regulierungsstandards wird erläutert, welche Änderungen an den Modellen und Parametern der Gegenparteien eine Validierung durch die zuständige nationale Behörde und die ESMA erfordern. Unter anderem sind signifikante Anpassungen der operativen Struktur, die Entwicklung neuer Kontraktspezifikationen oder neue Risiken in Verbindung mit den unterschiedlichen Eigenschaften der Vermögenswerte Indikatoren dafür, dass eine Gegenpartei eine Validierung einholen muss. Darüber hinaus beleuchten die Standards die Konsultationsverfahren der CCP-Aufsichtskollegien. Die zuletzt festgelegten Regulierungsänderungen zu CCP-Kollegien wurden im September 2020 im Regulatory Radar skizziert.
Nach Zustimmung durch die Europäische Kommission sowie der formellen Verabschiedung durch das Europäische Parlament und den Rat werden die Standards in allen Mitgliedsstaaten verbindlich.
Kapitalmarktunion: EBA legt neue Regeln zur aufsichtsrechtlichen Konsolidierung fest
Am 15. April 2021 veröffentlichte die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) ihre finalen Entwürfe für technische Regulierungsstandards (RTS) zu den Methoden der aufsichtsrechtlichen Konsolidierung unter der Kapitaladäquanzverordnung (CRR) für Kreditinstitute, Wertpapierfirmen, Anbieter von Nebendienstleistungen und andere Finanzunternehmen. Bei der aufsichtsrechtlichen Konsolidierung müssen die betroffenen Unternehmen zusätzliche Anforderungen erfüllen, die in der Richtlinie und Verordnung über Wertpapierfirmen (IFR/IFD) festgelegt sind. Die Standards zielen darauf ab, die Bestimmungen der Kapitaladäquanzverordnung zu verdeutlichen und die betroffenen Institute und national zuständigen Behörden bei der Wahl der geeigneten Methode der aufsichtlichen Konsolidierung zu unterstützen.
Nach der allgemeinen Regel müssen Institute voll konsolidiert werden. Die Kapitaladäquanzverordnung erlaubt ihnen jedoch in einigen Fällen, andere Konsolidierungsmethoden durchzuführen. Dementsprechend enthalten die Standards einige Indikatoren und Bedingungen für die Quotenmethode im Einzelfall oder die Aggregationsmethode für Unternehmen, die auf einheitlicher Basis geführt werden. Die EBA betrachtet auch einige spezielle Fälle von Beteiligungen an Instituten und die Möglichkeiten, andere Konsolidierungsmethoden wie die Äquivalenzmethode anzuwenden.
Die national zuständigen Behörden müssen sowohl diese Bedingungen berücksichtigen, wenn sie die Anwendung einer Methode zulassen, als auch die Risiken, die sich aus den Konsolidierungen ergeben, mit einbeziehen. Erwartet wird, dass die Europäische Kommission eine delegierte Verordnung mit den Regulierungsstandards verabschiedet, die dann EU-weit verbindlich ist.
Marktaufsicht: Bundesregierung zieht Lehren aus dem Wirecard-Skandal
Am 14. April 2021 fand im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages die zweite öffentliche Anhörung zum Regierungsentwurf für ein Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG) statt. Als Reaktion auf den Wirecard-Skandal zielt das Gesetz darauf ab, das Vertrauen des Marktes in die Finanzberichterstattung von in Deutschland börsennotierten Unternehmen und in die unparteiische Durchsetzung des Kapitalmarkt- und Bilanzrechts durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wieder herzustellen.
Im Jahr 2017 hat die ESMA bereits festgestellt, dass Deutschland die Durchführungsrichtlinien für Finanzinformationen aufgrund fehlender Befugnisse der BaFin nicht einhält, was darauf hindeutet, dass die Transparenzrichtlinie nicht korrekt in deutsches Recht umgesetzt wird.
Der Gesetzesentwurf räumt der BaFin weitergehende Rechte ein, bei Verdacht auf Fehlverhalten einzugreifen und zu prüfen, ohne die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) im ersten Schritt zu konsultieren. Der Entwurf schließt jedoch nicht aus, dass Stichprobenprüfungen an eine privatwirtschaftlich organisierte Stelle wie die DPR delegiert wird. Weitere regulatorische Änderungen zielen auf die Wirtschaftsprüfungsbranche ab, beispielsweise eine Erhöhung der zivilrechtlichen Haftung des Abschlussprüfenden, häufigere Rotationen der Prüfungsgesellschaften und eine striktere Trennung von deren Beratungsgeschäft. Schließlich ist es den Mitarbeitern der BaFin nicht mehr erlaubt, privat mit bestimmten Finanzprodukten zu handeln.
Die vorgeschlagenen Änderungen betreffen insbesondere Testkäufe als Instrument zur Bewertung der Qualität von Finanzdienstleistungen. Ann-Katrin Kaufhold von der LMU München und SAFE-Direktor Jan Krahnen haben in einer Stellungnahme für den Deutschen Bundestag empfohlen, die BaFin vom Bundesministerium der Finanzen zu entkoppeln, das die Rechts- und Fachaufsicht über die BaFin hat. Die BaFin vor unzulässiger politischer Einflussnahme zu schützen, würde eine konsequente Durchsetzung im Sinne des Anlegerschutzes und der Marktintegrität glaubwürdiger werden.
Nach Zustimmung des Bundesrates soll das FISG am 1. Juli 2021 in Kraft treten.
Aktuelle öffentliche Konsultationen:
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Anastasia Kotovskaia ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am SAFE Policy Center und promoviert derzeit in Rechtswissenschaften an der Goethe-Universität.
Patrick Blank ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am SAFE Policy Center und promoviert derzeit in Wirtschaftswissenschaften an der Goethe-Universität.