Volker Wieland, Direktor des Institute for Monetary and Financial Stability (IMFS) an der Goethe-Universität Frankfurt und Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, präsentierte am 15. Dezember Ergebnisse aus dem Jahresgutachten 2016/17 des Rates und kommentierte die aktuelle Geldpolitik. Der Vortrag wurde gemeinsam vom IMFS und dem SAFE Policy Center organisiert und von Jan Pieter Krahnen, Programmdirektor des SAFE Policy Centers, moderiert.
Der Titel des Gutachtens, „Zeit für Reformen“, richtet sich zunächst an Deutschland. Wie Wieland ausführte, müsse sich die Wirtschaftspolitik hierzulande stärker darauf konzentrieren, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu stärken. Dagegen seien Ungleichheit und die Verteilung von Reichtum und Einkommen weniger drängende Themen, auch wenn sie regelmäßig Gegenstand öffentlicher Debatte seien; die Ungleichheit habe sich im letzten Jahrzehnt im Großen und Ganzen nicht verändert. Als Beispiel für eine notwendige Reform schlägt der Sachverständigenrat vor, das Rentenalter an die längere Lebenserwartung zu koppeln, um die langfristige Tragfähigkeit des umlagefinanzierten Rentensystems zu sichern.
Mit Blick auf die aktuelle Geldpolitik in der Eurozone wies Wieland darauf hin, dass die Kerninflation seit Jahren konstant sei. Die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) sei daher unangemessen und stelle eine zunehmende Gefahr für die Finanzstabilität dar. Die EZB müsse ihre Geldpolitik normalisieren und das Anleihekaufprogramm langsam zurückfahren. Geldpolitik könne die Nachfrage stimulieren, so Wieland, aber sie könne kein nachhaltiges Wachstum schaffen.
Ein weiteres Thema des Vortrags war die Notwendigkeit von Strukturreformen in der Eurozone. Ohne die Bereitschaft zu fundamentalen Reformen lasse sich die langfristige ökonomische Tragfähigkeit der EU nicht sicherstellen, so Wieland. Um Europa wieder näher an seine Bürger heranzuführen, sollten institutionelle Reformen das Prinzip der Subsidiarität neu betonen. Die Fiskal-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sollte in jedem Fall in nationaler Zuständigkeit verbleiben. Hinsichtlich der aktuellen Entwicklungen in Italien riet Wieland der italienischen Regierung, ein Hilfsprogramm beim Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zu beantragen, ggf. unter Beteiligung des Internationalen Währungsfonds. Beide Institutionen würden den nötigen Druck auf das Land aufbauen, Reformen durchzuführen.