04 Apr 2018

Zeit für ein neues Zentralbankenmodell?

Francesco Papadia fordert Anpassungen statt radikaler Änderungen

Muss das traditionelle Zentralbankmodell nach der jüngsten Weltwirtschaftskrise überdacht werden? Diese Frage warf Francesco Papadia, Senior Fellow bei der Denkfabrik Bruegel, in einer SAFE Policy Lecture am 27. März in Frankfurt am Main auf. Der Ökonom wandte sich dabei gegen radikale Änderungen, sprach sich aber für schrittweise Anpassungen aus.

Papadia rief dem Publikum zunächst die Struktur des traditionellen Zentralbankmodells in Erinnerung: Preisstabilität als wichtigstes Ziel und als Folge eine Ausrichtung der geldpolitischen Strategie an der indirekten Inflationssteuerung. Finanzstabilität wurde aus der Sicht von Papadia innerhalb dieses Models eher vernachlässigt. Entsprechend hätten die mit einer Zinssteuerung verbundenen systemischen Risiken eine untergeordnete Rolle gespielt.

Dies änderte sich mit der aktuellen Weltwirtschaftskrise. Um die Finanzstabilität kurzfristig zu gewährleisten, sei die Europäische Zentralbank (EZB) zu unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen gezwungen worden, etwa die Lockerung der Geldpolitik bis unterhalb der Nullzinsgrenze. Der Ökonom bezeichnete diese Maßnahmen als insgesamt erfolgreich. So sei die Kontrolle über den Zinssatz wiedererlangt worden und die Spreads hätten sich normalisiert. Das klassische Zentralbankmodell sei dadurch allerdings unter Druck geraten, schlussfolgerte Papadia: Die Verantwortung für die Finanzstabilität habe wieder an Bedeutung gewonnen, die Grenze zwischen Fiskal- und Geldpolitik sei verschwommen und neue moralische Risiken seien entstanden. Langfristig könne dies die Finanzstabilität gefährden, etwa durch die geringere Profitabilität von Banken oder das nachhaltige Aufweichen von deren Rolle als Intermediär.

Papadia wollte sich nicht festlegen, ob die Strategie der Inflationssteuerung einer grundsätzlichen Überprüfung bedarf. Der ehemalige Generaldirektor der EZB für Marktoperationen neigt aber dazu, dies zu verneinen. In seinem Vortrag sprach er sich nicht für radikale Änderungen institutioneller Aspekte des Zentralbankmodells aus, sondern plädierte für ein schrittweises Vorgehen in Zwangslagen. Papadia erwartet in absehbarer Zukunft nicht, dass eine erneute, eindeutige Trennung von Fiskal- und Geldpolitik erfolgt. Aus diesem Grund fordert er spezielle Regeln zur Entscheidungsfindung sowie neue Berichtspflichten, wenn unkonventionelle geldpolitische Instrumente, welche Einfluss auf die Zentralbankbilanz haben, eingesetzt werden. Außerdem sollten Staaten mit mangelnder Haushaltsdisziplin nur unter strengen Auflagen finanzielle Hilfe erhalten. Eine Unterstützung solcher Staaten oder auch von Finanzinstituten dürfe nur unter der Bedingung eines Selbstbehaltes gewährt werden, um Moral Hazard Einhalt zu gebieten, sagte Papadia.