25 May 2018

„Wir sind vorbereitet“

SAFE Policy Lecture: Thorsten Pötzsch von der BaFin verteidigt das neue Abwicklungsregime

Seit dem 1. Januar 2018 ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Nationale Abwicklungsbehörde (NAB) in Deutschland und damit Teil des Einheitlichen Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism, SRM). Dieser besteht aus dem Ausschuss für die einheitliche Abwicklung (Single Resolution Board, SRB) und aus den NABs der teilnehmenden Mitgliedstaaten. Geleitet wird der in der BaFin neu geschaffene Geschäftsbereich „Abwicklung“ von Thorsten Pötzsch als Exekutivdirektor, der zuvor Mitglied des Leitungsausschusses der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung war (FMSA). Die Abwicklungsfunktionen des FMSA hat die BaFin zum Jahresbeginn übernommen. Am vergangenen Dienstag sprach Pötzsch bei einer SAFE Policy Lecture über das neue Abwicklungsregime und trat verbreiteten Fehlvorstellungen entgegen.

Eine seiner zentralen Botschaften lautete, dass durch die neu geschaffenen Regeln auch Großbanken abgewickelt werden könnten, ohne dass dafür auf Steuergeld zurückgegriffen werden müsse. „Wir sind vorbereitet“, sagte Pötzsch, ohne konkrete Kreditinstitute zu nennen. Pötzsch skizzierte die verschiedenen Stadien einer Bankenkrise: Das Abwicklungsregime kommt dann zum Einsatz, wenn die Finanzaufsicht eine Bestandsgefährdung eines Kreditinstituts feststellt, etwa durch Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit. Weitere Kriterien müssen erfüllt sein, etwa eine Prüfung von Alternativen wie zum Beispiel Maßnahmen privater Institutssicherungssysteme. Kommen SRB und die NAB dann zu dem Schluss, dass ein öffentliches Interesse besteht, greift die Abwicklung mit verschiedenen Instrumenten wie zum Beispiel Bail-in, einer Unternehmensveräußerung oder einer Ausgliederung von Vermögenswerten. Im anderen Fall eines fehlenden öffentlichen Interesses ist die Insolvenz des Instituts die Konsequenz.

Auch wenn es sich um komplexe Sachverhalte handele, sei die Abwicklung sehr wohl ein geeignetes Instrument, um auf die Bestandsgefährdung einer systemrelevanten Bank zu reagieren. „Auch auf komplexe Situationen kann man sich vorbereiten“, sagte Pötzsch. Dafür entwickle die BaFin für alle deutschen Institute konkrete Abwicklungspläne und lege detaillierte Prozesse für den Ernstfall fest. Ziel der BaFin sei, bis 2020 für jede deutsche Bank in Zusammenarbeit mit den Instituten einen Abwicklungsplan fertigzustellen. Durch die Abwicklungspläne steige die Transparenz: „Wir können so sehen, wo sich Risiken kumulieren“, sagte Pötzsch.

Der Jurist trat auch der Auffassung entgegen, dass im Ernstfall die Abwicklung an fehlender Liquidität scheitern werde, etwa des Einheitlichen Abwicklungsfonds (Single Resolution Fund, SRF). Dieser soll bis Ende 2023 circa 55 Milliarden Euro erreichen. Durch eine gezielte Vorbereitung könne die BaFin rasch und konsequent handeln, um zukunftsreiches von zukunftslosem Geschäft zu trennen: „Wir können eine Bank schnell umgestalten“, sagte Pötzsch. Auch könne der Kapitalbedarf im Falle einer neuen Krise nicht einfach aus der jüngsten Finanzkrise abgeleitet werden. „Das System war damals ein völlig anderes“, sagte Pötzsch und verwies auf neue staatliche Eingriffsrechte, größere Kapitalpuffer und die neuen Regelungen der Bankenaufsicht.