10 Jul 2017

Wie wird der Finanzsektor nachhaltiger?

Christian Thimann fordert einen Strategiewechsel der Finanzakteure

Um mehr Nachhaltigkeit im Finanzsystem zu erreichen, sollten die zentralen Akteure wie Versicherungsunternehmen, Vermögensverwalter, Börsen und Kreditratingagenturen ihre Strategien an einem langfristigeren Zeithorizont ausrichten, forderte Christian Thimann in einer SAFE Policy Lecture am 6. Juli. Thimann ist Vorsitzender der EU High-level Expert Group on Sustainable Finance und des Bereichs Regulation, Sustainability and Insurance Foresight der AXA-Gruppe. Die EU-High-Level Expert Group arbeitet an einem umfassenden Reformprogramm mit dem Ziel, den Finanzsektor stärker auf Nachhaltigkeit auszurichten und verantwortungsbewusstes Investieren zu fördern.

Die auf Kurzfristigkeit ausgerichteten Strategien der Finanzmärkte erschwerten Investitionen, die Umwelt- und Sozialfaktoren sowie Aspekte guter Unternehmensführung in besonderem Maße berücksichtigen. Der Perspektivwechsel sei notwendig, um wichtige Projekte in den Bereichen Arbeitsmarkt, Innovation und Infrastruktur sowie den Wechsel zu einer karbon- und ressourcenarmen Ökonomie voranzutreiben. Zudem basierten die Bewertungsmethoden der Rechnungslegung auf aktuellen Marktpreisen. Dies sorge für viel Volatilität im Markt und mache es Unternehmen schwer, nachhaltige Strategien zu implementieren. „Wir brauchen eine Dekompression des Zeithorizonts und einen weiteren Risikobegriff“, sagte Thimann und plädierte für einen EU-weiten Kriterienkatalog für nachhaltige Investitionen.

Er bezweifelt, dass Subventionen das richtige Mittel seien, um Kapital für nachhaltige Projekte zu mobilisieren. Sowohl die Subventionierung von nachhaltigen Investments als auch eine mögliche Lockerung der Regulierungsvorschriften für Banken und Versicherer könnten negative Auswirkungen auf das Finanzsystem haben. Stattdessen sollten die Bewertungsmethoden und das Management von langfristigen materiellen Risiken und immateriellen Vermögenswerten für Environmental, Social and Governance-Projekte (ESG)  verbessert werden. Gegenwärtige Bewertungsverfahren gewichteten möglicherweise das ökonomische Risiko solcher Investitionen zu hoch.