17 Jun 2015

Vertrauen zahlt sich aus: Regierungen, die Reputation und Vertrauen genießen, können leichter sparen

„Spare in der Zeit, so hast du in der Not“ – dieser Weisheit folgt auch die Finanzwissenschaft und empfiehlt Staaten, „kontrazyklisch“ zu haushalten, nötige Sparmaßnahmen also in wirtschaftlichen Wachstumsphasen vorzunehmen, anstatt Abschwungprozesse durch fiskalische Einschnitte weiter zu verstärken. Tatsächlich folgen Staaten dieser Lehre aber nicht immer. Dirk Bursian, Alfons Weichenrieder und Jochen Zimmer untersuchen in einer aktuellen Publikation, ob dieses ineffiziente Verhalten damit zusammenhängt, dass die Staaten aufgrund schlechter Reputation nicht die Möglichkeit haben, nötige Sparmaßnahmen auf bessere Zeiten zu verschieben.*

Anhand regelmäßiger, europaweiter Umfragen der EU Kommission („Eurobarometer“) haben die Forscher das Vertrauen der europäischen Bürger in ihre jeweiligen staatlichen Institutionen im Zeitraum von 1999 bis 2011 in Messgrößen übersetzt (siehe Grafik). Im Vergleich mit den Haushaltsdaten aus dieser Zeit stellen sie fest, dass die Höhe des Vertrauens in Regierungen einen Effekt auf die Fiskalpolitik und insbesondere auf die Entwicklung des Primärdefizits hat. So scheint ein hohes Maß an Vertrauen Regierungen den Freiraum zu gewähren, während wirtschaftlich schwacher Zeiten eine eher expansive Fiskalpolitik zu betreiben und auf Sparmaßnahmen zu verzichten. Insgesamt gehen hohe Vertrauenswerte mit einer eher geringen Korrektur der Fiskalpolitik in schlechten Zeiten einher.

„Gute Regierungsführung, die zu hohen Vertrauenswerten führt, scheint ein wichtiger Einflussfaktor zu sein, damit Staaten tatsächlich eine kontrazyklische Haushaltspolitik betreiben können und in schlechten Zeiten auf spontane und wirtschaftlich nachteilige Korrekturmaßnahmen verzichten können“, fasst Alfons Weichenrieder die Ergebnisse zusammen. Fehlt den Regierungen dieses Vertrauen, ist es schwierig, in guten Zeiten Konsolidierungsmaßnahmen einzuleiten und etwa Steuern zu erhöhen. Eine Korrektur wird nur noch möglich, wenn der Handlungsdruck groß ist.


* Bursian, D., Weichenrieder, A.J., Zimmer, J. (2015)
"Trust in government and fiscal adjustments",
forthcoming in International Tax and Public Finance