15 May 2024

Übernahmen kriselnder Banken – So sehen die Gewinne tatsächlich aus

Ein SAFE-Forschungsteam bewertet die Übernahmegewinne nach den Bankenturbulenzen im Frühjahr 2023 neu und folgert, dass die Abwicklungsbehörden effiziente Auktionen vorbereiten müssen

Ein Team von Ökonomen und Juristen am Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE stellt in einer Analyse im Auftrag des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON) des Europäischen Parlaments die weithin gemeldeten buchhalterischen Gewinne von 44 Milliarden US-Dollar im Zusammenhang mit Bankübernahmen im Jahr 2023 in Frage: Eine marktbasierte Neubewertung ihrer Studie zeigt zwar signifikante Gewinne für die übernehmenden Banken, allerdings liegen diese Gewinne weit unter 44 Milliarden US-Dollar. Die Studie unterstreicht die Notwendigkeit transparenter Auktionen, um den wahren Wert gescheiterter Banken genau zu ermitteln. 

Für das SAFE White Paper haben die Wissenschaftler marktbasiert kumulative abnormale Renditen („Cumulative Abnormal Returns“, CAR) geschätzt, um ein besseres Verständnis der von den übernehmenden Banken erzielten Gewinne zu ermöglichen. Im Gegensatz zu den gemeldeten buchhalterischen Zahlen zeigen die marktbasierten Zahlen, wenn sie quantifiziert werden, positive abnormale Renditen, die etwa die Hälfte der gemeldeten 44 Milliarden US-Dollar ausmachen. „Unsere Analyse der abnormalen Aktienrenditen der übernehmenden Banken und der anderen Bieterbanken belegt, dass die erfolgreichen Bieter tatsächlich ein gutes Geschäft gemacht und einen Preis bezahlt haben, der unter dem Marktwert lag“, sagt SAFE-Direktor Florian Heider, einer der Autoren der Studie.

Ausschließlich buchhalterische Zahlen können irreführend sein

Konkrete Fälle von Bankübernahmen während der Krise Anfang 2023, die die Forscher untersucht haben, waren die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS, die Übernahme der Signature Bank durch die New York Community Bank, die Übernahme der Silicon Valley Bank durch First Citizens und die Übernahme von First Republic durch JPMorgan Chase. Anhand dieser Fälle werden die Herausforderungen aufgezeigt, denen sich die Aufsichtsbehörden beim Umgang mit illiquiditätsbedingten Zusammenbrüchen gegenübersahen: Der überstürzte Verkauf der genannten Banken führte zu massiven Verlusten für Bankaktionäre, Anleihegläubiger und den US-Einlagensicherungsfonds Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC). „Sich bei der Bewertung ausschließlich auf buchhalterische Zahlen zu verlassen, kann irreführend sein, da diese Zahlen allein den wirtschaftlichen Wert des Erwerbs einer gescheiterten Bank nicht exakt wiedergeben können“, sagt Heider weiter.

Die Autoren der Studie schlagen vor, dass transparente Auktionen mit einer ausreichenden Anzahl von Bietern gegenüber verhandelten Bankverkäufen bevorzugt werden sollten, um die Wahrscheinlichkeit von Mitnahmeeffekten für die übernehmenden Banken zu verringern. Die Forscher plädieren für eine bessere und frühere Vorbereitung auf Auktionen als Teil der Abwicklungsplanung. Zudem sollten sowohl bedeutende als auch weniger bedeutende Banken auf mögliche Verkäufe durch die Abwicklungsbehörden vorbereitet werden.

„Um den Herausforderungen durch Illiquidität und unerwartete Bank-Runs zu begegnen, empfehlen wir Anpassungen der Eigenkapitalanforderungen an Banken, um nicht realisierte Verluste zu berücksichtigen. Das würde zu einer genaueren Preisgestaltung und niedrigeren Abwicklungskosten beitragen“, sagt Tobias Tröger, Direktor des SAFE-Clusters Law and Finance.

Das SAFE White Paper No. 98 zum Download (in englischer Sprache)


Wissenschaftlicher Kontakt

Prof. Dr. Tobias Tröger

Direktor Forschungscluster "Law and Finance"

Prof. Dr. Florian Heider

Wissenschaftlicher Direktor