22 May 2018

Mit „Purple Bonds“ zu einer stabileren Architektur des Euroraums

SAFE Policy Lecture: Lorenzo Bini Smaghi stellt eine Alternative zu Eurobonds vor

Lorenzo Bini Smaghi, Vorsitzender des Verwaltungsrats bei Société Générale und bei Italgas, hat bei einer SAFE Policy Lecture am vergangenen Mittwoch sein Konzept der „Purple Bonds“ vorgestellt. Die Idee ist als Reaktion auf die Europäische Finanzkrise entstanden und zielt darauf ab, Staatsanleihen vor Erschütterungen zu schützen, fiskalische Disziplin zu fördern und die Finanzierungskosten von Peripherie-Ländern zu senken. Ziel ist auch, die Bankbilanzen zu stärken, den Marktzugang für Mitgliedsländer auch während eines Programms des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zu erhalten, eventuelle Belastungen durch ESM-Beiträge zu reduzieren und potenziell die Effektivität der Europäischen Zentralbank bei der Umsetzung der Geldpolitik zu erhöhen.

Im Wesentlichen basiert die Idee der „Purple Bonds“ auf der Überlegung, dass der Fiskalpakt vorsieht, dass Mitgliedsstaaten, die eine Verschuldung von mehr als 60 Prozent ihres Bruttoinlandprodukts (BIP) aufweisen, diese jedes Jahr um 1/20 zurückführen müssen. Verschuldung über dieses Limit hinaus würde in "Red Bonds" erfolgen, die eine hohe Risikoprämie aufweisen. Umgekehrt wären die Schulden bei oder unter der jährlichen Obergrenze des Fiskalpakts "Purple" und vor jeglicher Umschuldung geschützt, die ansonsten im Rahmen eines ESM-Programms erforderlich wäre. Die Nicht-Umstrukturierungsgarantie gilt allerdings nicht, wenn ein Mitgliedstaat das Euro-Währungsgebiet verlassen würde. Ab heute würden alle bestehenden Staatsschulden als "Purple" klassifiziert und innerhalb von 20 Jahren auf 60 Prozent des BIP sinken.

Für Bini Smaghi haben "Purple Bonds" mehrere Vorteile: "Sie könnten den nationalen Regierungen einen Anreiz für mehr Haushaltsdisziplin geben“, sagte er. Außerdem würde dieses Konzept den Markt für sichere Vermögenswerte in Europa vergrößern.

Bevor er zu seinem Vorschlag kam, sprach er über die Ursachen der Krise in der Eurozone. Er wies darauf hin, dass die Krise ausgelöst wurde durch die Umstrukturierung der griechischen Staatsschulden, die in finanziellen Ansteckungseffekten resultierten. Dies führte zu einer Wirtschaftskrise, die hauptsächlich auf die schwache Verfassung der Banken in einigen Ländern zurückzuführen war, die zu einer Kreditklemme führte, so Bini Smaghi. Dies zog die nationalen Haushalte in Mitleidenschaft, durch schwaches Wachstum einerseits und mögliche Rettungspakete für Banken andererseits. Das Ergebnis sei eine unheilvolle Verbindung von Staats- und Bankenrisiko gewesen, erklärte er. Die Krise habe auch zu einer restriktiven Fiskalpolitik geführt, um die nationalen Haushalte zu sanieren. 

Bini Smaghi analysierte die Maßnahmen, die bereits ergriffen worden sind, um finanzielle Ansteckungseffekte zu verhindern: das OMT-Programm der EZB (Outright Monetary Transactions), der Start der Bankenunion, die Verabschiedung des Fiskalpakts und die Schaffung des ESM. Laut Bini Smaghi gibt es jedoch immer noch Probleme, die angegangen werden müssen. Erstens müsse die Widerstandsfähigkeit gegen Schocks verbessert werden. Zweitens müsse die finanzielle Ansteckung als solche minimiert werden und schließlich müssten systemische Schocks reduziert werden. 

In vielen Bereiche gebe es Verbesserungsbedarf, zum Beispiel in der Geldpolitik, der Kapitalmarktunion und der Bankenunion. Auf die letztere bezogen plädierte Bini Smaghi für eine Vollendung und erklärte, dass die Regelungen der Bankenaufsicht vollständig harmonisiert werden müssten und die Rolle des SSM (einheitlicher Aufsichtsmechanismus)  gestärkt werden müsste. Er sagte auch, dass ein Europäisches Einlagensicherungssystem (EDIS) innerhalb eines eindeutig festgelegten Zeithorizonts umgesetzt werden sollte. "EDIS würde finanzielle Ansteckungseffekte minimieren und Voraussetzungen für ein gesamteuropäisches Bankensystem schaffen", sagte er.

Von Juni 2005 bis Dezember 2011 war Bini Smaghi Mitglied des Direktoriums der EZB. In dieser Zeit fungierte er als G7- und G20-Abgeordneter für das Euro-Währungsgebiet. Er ist Autor zahlreicher Artikel und Bücher über internationale und europäische Währungs- und Finanzfragen.