12 Sep 2014

Jan Pieter Krahnen: „EZB steht mit ABS-Programm vor einem Dilemma“

Mit einem nachhaltig strukturierten ABS-Programm werde die EZB keine Impulse bei der Kreditvergabe geben können / Ein laxes Programm berge dagegen hohe Risiken

Jan Pieter Krahnen, Finanzprofessor an der Goethe-Universität Frankfurt und Direktor der Forschungszentren SAFE und Center for Financial Studies, bezweifelt, dass die Europäische Zentralbank (EZB) mit dem angekündigten Ankauf von ABS-Papieren („Asset Backed Securities“) die Kreditvergabe der europäischen Banken wesentlich ankurbeln kann. „Insbesondere mit Blick auf kleine und mittlere Unternehmen ist es sehr zweifelhaft, dass ABS-Aufkäufe der EZB den Zugang zu Bankkrediten wesentlich verbessern werden.“ Die EZB hatte vergangene Woche angekündigt, Banken in hohem Umfang strukturierte Wertpapiere (ABS) abkaufen zu wollen, die Kreditrisiken bündeln, um die Finanzinstitute von Teilen ihrer Risiken zu entlasten und ihnen damit freie Mittel für neue Kreditvergabe zur Verfügung zu stellen. Die genaue Ausgestaltung des Programms ist derzeit noch in Arbeit.

„Dass die Erwartungen an dieses Programm sehr hoch sind, zeigt, wie dramatisch die Lage auf den Kreditmärkten insbesondere in den südeuropäischen Ländern wahrgenommen wird“, so Krahnen. Dennoch dürfe man nicht vergessen, was die Finanzkrise in Bezug auf die ABS gelehrt hat: „Bei der Verbriefung von Krediten und dem anschließenden Verkauf ist es entscheidend, dass die kreditgebende Bank weiterhin an den möglichen Verlusten aus diesen Krediten beteiligt bleibt.“ Ist das nicht so, hat die kreditgebende Bank keinerlei Anreize, die Risiken des Kreditnehmers genau zu prüfen, ihn während der Kreditlaufzeit zu überwachen und das Geld nachdrücklich einzutreiben. „Es war eine wesentliche Erfahrung der Finanzkrise, dass die in weiten Teilen der Finanzwelt verwendete Ausgestaltung des ABS-Instruments fehlerhafte Anreizwirkungen entfaltet hat“, so Jan Pieter Krahnen. „Dieser Fehler sollte nicht wiederholt werden.“

Um ein ABS-Programm nachhaltig zu gestaltet, ist es laut Krahnen entscheidend, dass ein Teil der Risiken bei der kreditgebenden Bank verbleibt. Die Wertpapiere in ABS-Paketen werden entsprechend ihrer Ausfallrisiken in drei Tranchen eingeteilt: Senior Tranche, Mezzanine Tranche und Equity- oder Erstverlust-Tranche. Für eine nachhaltige ABS Finanzierung sollte die Erstverlust-Tranche und unter Umständen auch Teile der Mezzanine Tranche bei der kreditgebenden Bank verbleiben. Sollte die EZB diese Vorsichtsmaßnahme jedoch beherzigen, kann sie die Finanzinstitute, denen sie ABS-Papiere abkauft, nicht in großem Maße von Risiken entlasten. Damit steht den Banken aber auch das für diese Risiken unterlegte Eigenkapital nicht frei für neue Kredite.

Laut Jan Pieter Krahnen steht die EZB damit vor einem Dilemma. „Entweder übernimmt sie mit den ABS unkalkulierbar hohe Risiken mit perversen Anreizwirkungen und bleibt womöglich auf hohen Verlusten sitzen; oder sie konzipiert eine nachhaltige ABS-Struktur, kann aber damit keine wesentlichen Impulse auf dem Kreditmarkt setzen.“