Der EZB-Rat ist bei seiner jüngsten Sitzung nicht von seinem bisherigen geldpolitischen Kurs abgewichen, die Leitzinsen bleiben damit unverändert. Das Anleihekaufvolumen wurde zudem an Bedingungen geknüpft. Jan Pieter Krahnen, Direktor des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE, kommentiert diese Entscheidung folgendermaßen:
„Unter dem Eindruck des Ukraine-Konflikts ist es wichtig, dass die EZB mit ihrer heutigen Entscheidung auf Konditionalität setzt, damit einen klaren Kopf behält und sich keine Fehlinterpretation der schwierigen wirtschaftlichen Lage erlaubt. Die in den vergangenen Wochen vielfach geäußerte Forderung danach, jetzt die Finanzierungskonditionen zu verändern, interpretiert den akuten Preisschock als Teil eines sich gegenseitig befeuernden Steigerungsprozesses von Löhnen und Preisen, der sogenannten Lohn-Preis-Spirale.
Dieser Interpretation lässt sich allerdings widersprechen, weil es bisher nur geringe Bewegung auf der Lohnseite gibt, wohl aber eine drastische Veränderung relativer Preise. Der Preisschock allein, vor allem bei den Energiepreisen, stellt noch kein Inflationssignal dar, denn Inflation beschreibt die ständige Veränderung des Preisniveaus und nicht einen einmaligen Preisschock. Dazu passt auch die heutige Entscheidung der EZB, sich ihren Handlungsspielraum nicht nur zu erhalten, sondern auch auszubauen und zugleich ihre unveränderte Ausrichtung am Inflationsziel zu signalisieren.“