16 Dec 2021

Jan Krahnen: „Die EZB vollzieht eine Teilwende“

SAFE-Direktor sieht in der aktuellen geldpolitischen Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) den Versuch, die Erwartungshaltung an den Anleihemärkten längerfristig zu steuern

Der EZB-Rat hat bei seiner heutigen Sitzung beschlossen, die Netto-Anleihekäufe im Rahmen des Pandemie-Notfallankaufprogramms („Pandemic Emergency Purchase Programme“, PEPP) bis Ende März 2022 einzustellen. Das aktuelle niedrige Niveau der Leitzinsen bleibt indes unverändert. Jan Krahnen, Direktor des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE, nimmt zu dieser Entscheidung wie folgt Stellung:

„Mit ihrer heutigen Entscheidung versucht die EZB, die Erwartungsbildung nicht an einer kurzfristigen Einschätzung, sondern an einem längerfristigen Trend auszurichten. Mit der stufenweisen Drosselung des Tempos bei den Anleihekäufen bis hin zur Einstellung des PEPP im nächsten Jahr wird eine Politikwende eingeleitet, die die EZB zuvor kommunikativ vorbereitet hat. Gleichzeitig lässt sich die EZB nicht in ihrer Handlungsfreiheit einschränken und macht deutlich, dass sie sich alle Flexibilität bei den Anleihekäufen in den nächsten Monaten offenlässt, nicht zuletzt auch mit Blick auf griechische Staatsanleihen.

Das sukzessive Abschmelzen der Anleihebestände bei Beibehaltung voller Handlungsfreiheit in allen Wertpapieren wird vermutlich zu Zinswirkungen am langen Ende führen. Dagegen wird es am kurzen Ende voraussichtlich wenig Änderung geben, nicht zuletzt, weil es für die Bankenrefinanzierung bei dem bisherigen, niedrigen Niveau bleibt. Die Absicht der EZB dabei ist offenbar, die Erwartungen möglichst behutsam zu lenken: in Richtung Rückführung des Anleihebestandes auf der Bilanz der EZB. Bis zu Zinserhöhungen mit ihren befürchteten negativen Konjunkturwirkungen ist es dann noch ein weiterer Weg.“


Pressekontakt

Felix Kretz

Leiter Kommunikation