13 Oct 2021

Jan Krahnen: „Die BaFin ist gut gestartet – aber es kommt auf die letzte Meile an“

SAFE-Direktor sieht erste Erfolge aber auch offene Baustellen bei der BaFin-Reform

Nach der Verabschiedung des Gesetzes zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) im Juni 2021 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) mittlerweile nach eigenen Angaben die im FISG vorgesehenen Maßnahmen zur Reform der Behörde zu einem großen Teil entweder schon umgesetzt oder steht kurz davor. Jan Pieter Krahnen, Direktor des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE, erklärt dazu:

„Mit der neuen Gesetzeslage geht die BaFin wichtige Schritte in die richtige Richtung, aber es darf nicht vergessen werden, dass der gewünschte Zieleinlauf damit noch nicht gesichert ist. Es bedarf einer erweiterten Unabhängigkeit der Aufsicht von dem der Behörde übergeordneten Finanzministerium.

Im Einzelnen überraschte auf der heutigen Pressekonferenz positiv, dass eine umfassende Modernisierung der BaFin angestrebt wird, wobei über die in der Öffentlichkeit viel diskutierten Änderungen bei der Finanzmarktaufsicht hinausgegangen wird. So bündelt eine neu geschaffene Stabsstelle Fokusaufsicht die komplexen Überwachungsfragen von Markt-, Versicherungs- und Bankenaufsicht. Damit gelingt es jetzt erstmals an einer Stelle das gesamt konzeptionelle Wissen der Drei-Sektoren-Aufsicht zusammenzuführen – und damit auch der Aufsichtsleitung zugänglich zu machen. Auch ist eine bis zu 60 Köpfe starke Expertengruppe im Bereich Wirtschaftsprüfung geplant, mit deren Hilfe auch in fachlicher Hinsicht der Anschluss an die internationale Diskussion gelingen kann. In Zeiten global tätiger (Finanz-) Unternehmen ist ein derartiger Kompetenzaufbau überfällig. Gut, dass es nun geschehen soll.

Als großes Plus des neuen FISG muss die endgültige Schließung der Deutschen Prüfstelle für Rechnungswesen DPR gewertet werden. Damit endet ein markanter Fall von ‚industry capture‘, der zu dem fachlichen Defizit der Aufsicht in Bilanzfragen maßgeblich beigetragen hatte.

Allerdings kommt es auf die letzte Meile an – und diese sieht noch mindestens zwei weitere, grundlegende Reformmaßnahmen vor. Zum einen ein Vollzug der Unabhängigkeit der BaFin von Anweisungen aus einem politisch besetzten Ministerium, in diesem Fall dem Finanzministerium. Eine unabhängige BaFin kann selbst entscheiden, wo sie welche Kompetenzbereiche aufbaut, und wo nicht. Und sie ist nicht den Interessenkonflikten ausgesetzt, die ein aufsichtsführendes Ministerium leider kaum vermeiden kann.

Neben der Unabhängigkeit vom Finanzministerium fehlt der deutschen Aufsichtsreformdebatte noch vollständig der Bezug zu einem zukünftig europäisch gedachten Kapitalmarkt. Hier braucht es eine klare Führungsrolle einer paneuropäischen Wertpapieraufsicht, die einheitliche Standards setzt und durchsetzt – und die damit das Maß an Integrität und Glaubwürdigkeit erreicht, das Europa so dringend benötigt, um im internationalen Wettbewerb um Kapital und Börseneinführungen mithalten zu können.“

Download des SAFE White Paper No. 74 zum Fall Wirecard

Download des SAFE White Paper No. 82 zur Unabhängigkeit der BaFin


Pressekontakt

Felix Kretz

Leiter Kommunikation