01 Mar 2022

Finanzsanktionen gegen Russland lassen sich weiter verschärfen

Der SWIFT-Ausschluss Russlands könnte um eine Sperrung der Korrespondenzbankbeziehungen und ein vollständiges Aus- und Einfuhrverbot ergänzt werden

Die im Zuge des Ukraine-Konflikts gegen Russland verhängten Finanzsanktionen wiegen unterschiedlich schwer, lassen sich aber noch weiter intensivieren. So ist denkbar, dass zum Ausschluss Russlands aus dem Zahlungsinformationssystem SWIFT („Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication“) eine Sperrung der Korrespondenzbankbeziehungen mit russischen Banken einschließlich der russischen Zentralbank sowie eine Sperrung der realwirtschaftlichen Importe und Exporte, die auf Finanztransaktionen fußen, hinzukommen.

Zu diesem Schluss kommt ein Team von Wissenschaftler:innen um das Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE und das Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung in einer aktuellen Einschätzung zu den Sanktionen, die kürzlich von der Europäischen Union gemeinsam mit den USA, Kanada und Großbritannien gegen Russland aufgrund der Invasion in der Ukraine verhängt wurden. In Kombination miteinander bilden diese Einzelmaßnahmen weitere Schritte hin zu einer umfassenden Sanktionsstrategie im Verhältnis des Westens zu Russland.

Nach Einschätzung des SAFE-HSFK-Teams könnten russische Banken bei einem alleinigen SWIFT-Ausschluss alternative Kommunikationswege finden, um Zahlungen von Banken im Ausland anzuweisen, zum Beispiel über Fax und E-Mail. „Das wäre zwar weniger zuverlässig und anfälliger für Betrug, dennoch würden Zahlungen weiter möglich bleiben“, sagt SAFE-Direktor Jan Pieter Krahnen. Da Russland und China bereits ein eigenes Zahlungsinformationssystems entwickelt haben, könnte ein SWIFT-Ausschluss Russlands längerfristig den Verlust der Universalität des SWIFT-Systems bedeuten.

Korrespondenzbanken und Import-Export-Ströme stellen weitere mögliche Sanktionsziele dar

Finanzielle Sanktionen gegen Russland könnten auch direkt auf das Korrespondenzbankgeschäft zielen. Dadurch würde es den Banken in Europa verboten, mit einigen oder allen Banken in Russland Geschäfte zu machen, halten die Wissenschaftler:innen fest. Flankierend wären sekundäre Sanktionen denkbar, „wenn zum Beispiel Kreditinstitute, die einer Bank im sanktionierten Land bei der Umgehung der auferlegten Beschränkungen helfen, ihre Betriebslizenz in der EU verlieren“, ergänzt Loriana Pelizzon, Leiterin der SAFE-Forschungsabteilung „Financial Markets“. Die Sperrung von Interbankengeschäften würde auch für die russische Zentralbank gelten, was Devisengeschäfte nahezu unmöglich machen würde.

Die Schließung einer Gaspipeline oder die Einstellung von Kohleimporten würde letztlich als weitere Verschärfung automatisch den Zahlungsstrom aus diesen Transaktionen zum Erliegen bringen, und zwar unabhängig von einem SWIFT-Protokoll oder einer Korrespondenzbankbeziehung. Damit würden dann die realwirtschaftlichen Import-Export-Ströme unmittelbar unterbunden. „Im Prinzip lassen sich die Daumenschrauben für die russische Volkswirtschaft also noch weiter anziehen“, fassen die Wissenschaftler:innen zusammen.

Der SAFE Policy Letter No. 95 zum Download


Wissenschaftlicher Kontakt

Prof. Loriana Pelizzon, Ph.D.

Stellvertretende Wissenschaftliche Direktorin, Direktorin Forschungsabteilung "Financial Markets"